Links
>> Reader Auf dem Weg in die
Nachhaltigkeit - Zukunftsstrategie für Deutschland
- Fachtagung 04.12.2000 Berlin
Vorwort:
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
die heutige Bundesregierung ist die erste, die sich
"Nachhaltige Entwicklung" als Leitbild für ihre Politik
gesetzt hat. An diesem hohen Anspruch wird sie sich
messen lassen.
Infolgedessen formulierte sie in den vergangenen Monaten
eine ganze Reihe von Reformprojekten, die hier stellvertretend
für eine sich abzeichnende, neue Umweltpolitik stehen.
Der ökologische Trend geht hin zu strategischen Langzeitplanungen,
ohne akut notwendige Maßnahmen zu vergessen. Die Förderung
der Energiewende durch das Erneuerbare-Energie-Gesetz
(EEG) steht ebenso für die neue Nachhaltigkeit, wie
die Internalisierung externer Umweltkosten durch die
Ökologische Steuerreform. Sie geht im nächsten Jahr
als erfolgreiches sozial-ökologisches Projekt mit einer
weiteren Senkung der Lohnnebenkosten schon in ihre dritte
Stufe. Jüngstes Beispiel ist eine ambitionierte Klimaschutzstrategie,
deren Ziel die Erfüllung der Selbstverpflichtung Deutschlands
über eine drastische Reduktion der CO2-Emissionen ist.
Dies alles sind hoffnungsvolle Ansätze in wichtigen
Teilbereichen. Was jedoch noch fehlt, um den Anforderungen
des Weltgipfels von Rio und seines als AGENDA 21 bekannt
gewordenen, globalen Aktionsprogramms wirklich zu genügen,
ist die Entwicklung einer nationalen Gesamtstrategie.
Nach dem Beschluss der UN-Sondervollversammlung 1997
in New York soll auch die Bundesrepublik bis spätestens
2002 zur "Rio+10"-Folgeveranstal-tung mit einer eigenen
Nachhaltigkeitsstrategie aufwarten. Bundesregierung
und Bundestag werden alles tun, um diese Frist einzuhalten.
Neu an einer Gesamtstrategie ist die umfassende Querverknüpfung
aller politischen Ressorts, wie sie im inzwischen eingerichteten
Staatssekretärsausschuss (Green Cabinet) seinen Ausdruck
findet. Analog zur europäischen Integrationspolitik
ist auch hier eine Einbindung ökologischer Belange in
alle anderen Politikbereiche besonders wichtig.
Neu daran ist die umfassende Beteiligung aller wichtigen,
gesellschaftlichen Akteure bereits bei der Ziel- und
Willensbildung. Mit der Bewältigung dieser Aufgabe des
Zukunftsrates und mit der Transparenz der Erarbeitung
des Ziele- und Maßnahmenkataloges steht und fällt die
Aktzeptanz einer Nachhaltigkeitsstrategie in der Bevölkerung.
Die magische Formel dafür heißt Dialog. Nur,
wenn ganz ohne Scheu und Dünkel der Arbeitslose mit
dem Wissenschaftler, die Jugendliche mit dem Einwanderer,
die Managerin mit dem Ökologen usw. darüber mitdiskutieren
und sich einbringen können, wird das vom Parlament verabschiedete
Konzept auch tatsächlich von der breiten Gesellschaftsmehrheit
getragen. Ich rege ausdrücklich an, die neuen Medien
in diesen Dialog stark einzubinden. Ich kann versichern,
dass die bündnisgrüne Fraktion und auch mein Büro jede
eMail zu diesem Thema ernst nimmt und beantworten wird.
Eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie wird allein
schon deshalb auf diese breite, gesellschaftliche Akzeptanz
angewiesen sein, weil sie auch im Wettbewerb zur kurzfristigen,
medienauffälligen Umweltpolitik stehen wird. Ihre Ausrichtung
auf mittel- und langfristige Ziele und Maßnahmen darf
aber nicht hinter der Dominanz kurzfristig notwendiger
ad-hoc-Maßnahmen verschwinden. Nur eine attraktive Nachhaltigkeitspolitik
im breiten, gesellschaftlichen Konsens kann dies verhindern,
nicht jedoch ein von oben diktierter Maßnahmenkatalog
wie in einigen anderen Staaten der Welt geschehen.
Seit der hier dokumentierten Veranstaltung sind bereits
einige Monate vergangen. Trotzdem ist sein Inhalt nach
wie vor hochaktuell. Erst Ende Januar 2000 hat der Deutsche
Bundestag die Beschlussempfehlung des Umweltausschusses
zur Einrichtung eines Zukunftsrates und zur Erarbeitung
einer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet.
Erst in diesen Wochen werden entsprechende Vorlagen
dem Kabinett zur Abstimmung vorgelegt werden. Der Prozess
der Strategieerarbeitung steckt noch in den Kinderschuhen
und die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit lässt
Experimente im Vorgehen kaum zu. Um rechtzeitig zu einer
tragfähigen und realistischen Strategie zu finden, müssen
wir ohne Verzug den richtigen Weg beschreiten. Wenn
dann allerdings das Ergebnis nicht in der Lage ist,
die Menschen zu faszinieren, zu erstaunen und zu begeistern,
hätten wir den falschen Weg gewählt.
Mit diesem Reader versprechen wir uns daher einen Anstoß
in der Debatte um die Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsstrategie
in die richtige Richtung. Wir danken den Referenten
für die vielfältigen Anregungen, möglicherweise den
ersten Bausteinen einer dauerhaft nachhaltigen, strategischen
Umweltplanung. Und wir kündigen bereits jetzt an, dass
die Bundestagsfraktion im Dezember 2000 - ein Jahr nach
der Veranstaltung "... auf dem Weg in die Nachhaltigkeit
- Zukunftsrat für Deutschland" eine Folgetagung geplant
hat. Ein Jahr danach und wo stehen wir...?
Ihr/Euer
Winfried Hermann
Inhalt:
Vorwort
Winfried Hermann
Eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland
4
Gila Altmann, MdB BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium
für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit
Nachhaltigkeit als Chance für eine moderne Umweltpolitik
7
Winfried Hermann, MdB BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Soziale Anforderungen an eine nationale Nachhaltigkeits-
11
strategie aus sozialdemokratischer Sicht
Marion Caspers-Merk, MdB SPD
Umweltplan und Umweltqualitätsziele als Grundlage
einer 14
nachhaltigen Entwicklung
Dr. Hans-Jürgen Nantke, Umweltbundesamt
Entwicklungspolitische Ziele einer nationalen
Nachhaltig- 20
keitsstrategie
Jürgen Maier, Forum Umwelt & Entwicklung
Strategien für eine nachhaltige Entwicklung umsetzen
- 25 Brückenschlag zwischen Politik und Wirtschaft
Dr. Michael Braun, Arthur D. Little
Nachhaltigkeitsstrategien im europäischen Vergleich
30
Prof. Dr. Martin Jänicke, FU Berlin
Nationaler Nachhaltigkeitsrat in Deutschland
43
Cornelia Quennet-Thielen, Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit
Politikinnovation auf der globalen Ebene - Eine
Welt- 49
organisation für Umwelt und Entwicklung
Prof. Dr. Udo E. Simonis, Wissenschaftszentrum Berlin
Schwedens Weg in die Nachhaltigkeit 63
Jon Kahn, Umweltministerium Schweden, Miljömålskomittén
Neue politische Konzepte für Nachhaltige Entwicklung
68
Dr. Reinhard Loske, MdB BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Die Autoren 74
Gila Altmann:
Eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie für
Deutschland
Zunächst
möchte ich Winfried Hermann beglückwünschen und ihm
danken für seine Initiative, diese Veranstaltung durchzuführen.
Ich denke, dies ist angemessen zum Ende eines Jahrtausends
und weil diese Initiative auch innerhalb der Bundesregierung
einiges - in positiver Hinsicht - in Gang setzte.
Die Nachhaltigkeitsstrategie ist Teil des Koalitionsvertrages
und damit ein Schwerpunkt der Bundesregierung. Für uns
sind hierbei drei Punkte wichtig:
1. Was heißt nachhaltige Entwicklung?
2. Was versprechen wir uns von solch einer Strategie?
3. Wie lässt sich der gesellschaftliche Dialog, der
hier schon angesprochen worden ist, voranbringen?
Nachhaltige Entwicklung bedeutet für uns, nicht mehr
wie bisher auf Kosten der künftigen Generationen zu
leben. Nachhaltigkeit heißt in einem umfassenderen Sinne,
Vorsorge zu treffen: für die Zukunft, für unsere Kinder
und Enkel.
Dieser Gedanke lässt sich nicht reduzieren auf die
Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen, auf
Ökologie, auf die Umwelt. Dazu gehört auch eine nachhaltige
Finanzpolitik und dazu gehört auch eine Sicherung der
Sozialversicherungssysteme. Aber der Ausgangspunkt ist
die Ökologie. Das heißt, wir müssen uns, um nachhaltig
wirtschaften zu können, auf diese Grundlage, auf die
Ökologie berufen. Nur so können wir auf Dauer sichere,
umweltfreundliche, nachhaltige Arbeitsplätze schaffen
und die sozialen Systeme stabil halten.
Das gilt nicht nur national, sondern, das gilt auch
global. Denn wir wissen, wir haben eine wachsende Weltbevölkerung
und wir haben Länder - Schwellenländer, Entwicklungsländer
- die mit gutem Recht nachziehen, die versuchen, einen
ähnlichen Standard zu erreichen wie wir. Und wir werden
es in der Hand haben, diesen Prozess so zu gestalten,
dass wir unseren Globus dabei nicht überfordern.
Die Bundesregierung hat bereits im ersten Jahr damit
begonnen, die Weichen umzustellen - jenseits der allgemeinen
öffentlichen Aufregung und der Negativdarstellung in
den Medien . Es ist viel passiert, positives passiert.
Es sind Weichen gestellt worden in Richtung Energiewende
und sparsamem Umgang mit Ressourcen. Dazu gehört als
ein Kernstück die Ökologische Steuerreform, die in dieser
Hinsicht dreifach wirken soll:
1. Das Einsparen von Energie, vor allem von fossilen
Brennstoffen, soll gleichzeitig Innovationen vorantreiben.
2. Es geht darum, das Klimaschutzziel zu erreichen,
wofür dies eine Voraussetzung ist.
3. Durch die Senkung der Lohnnebenkosten kann der umweltfreundliche
Faktor Arbeit wieder konkurrenzfähig werden. Mit der
Senkung der Rentenbeiträge von 20 auf 18,8 Prozent ist
der erste Schritt getan.
Eine Nachhaltigkeitsstrategie muss aber diesen Impuls,
neue umweltverträgliche Technologien in Verbindung mit
neuen Arbeitsplätzen zu schaffen, hinaus auch etwas
weiteres schaffen. Sie muss eine Änderung des Konsumverhaltens
bewirken, einen Wertewandel hervorrufen. Und das bedeutet,
dass im Bereich Bildung und Forschung viel mehr als
bisher genau auf diesen Aspekt geachtet werden muss.
Das soll nun nicht bedeuten, dass wir einer “Verzichtskultur”
das Wort reden wollen, aber es muss klar sein, dass
diese Dinge zusammengehören.
Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, diesen Prozess,
der als gesamtgesellschaftlicher Prozess zu verstehen
ist, in einem öffentlichen und offenen Dialog mit allen
gesellschaftlichen Gruppen aus Wirtschaft, Verbänden
und Politik zu gestalten - mit Gruppen, die unterschiedliche
und zum Teil heftig konkurrierende Interessen repräsentieren.
Wir denken, dass nur dann ein Schuh daraus wird, wenn
wir wirklich die Kontroversen führen und offen legen
und uns auch darüber verständigen, dass wir die Umweltpolitik
als Querschnittspolitik begreifen und darüber zu einem
Konsens kommen. Und das Ganze soll praxisorientiert
geschehen. Wir wollen aus dem Himmel der Theorien hinabsteigen
in die Praxis. Wir sehen nur darin die Chance, diesen
Prozess auch wirklich gesellschaftlich zu verankern.
Dazu gehören fünf Elemente:
1. Analyse der Ist-Situation. Hier kommt bereits der
Nachhaltigkeitsrat oder Zukunftsrat zum Tragen, der
eine wichtige Funktion innerhalb dieses Prozesses einnehmen
soll.
2. Demonstration innovativer Modellprojekte,
3. Institutionalisierung. Neben dem Rat für Nachhaltige
Entwicklung soll es den ständigen Ausschuss der Staatssekretäre
geben zur ressortübergreifenden Abstimmung.
4. Breite Kommunikation in der Öffentlichkeit. Dazu
gehört als wesentliches Element eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit
mit allen Mitteln, die uns dafür zur Verfügung stehen.
5. Monitoring, d.h. eine ständige Bewertung des Umsetzungsschritte,
um auch wirklich zu wissen, an welchem Punkt wir stehen.
Die Anforderungen, die wir an eine solche Nachhaltigkeitsstrategie
stellen, sind vorausschauende Planung und das Miteinbeziehen
aller Akteure zu jedem Zeitpunkt. Wir erhoffen uns dadurch,
Verantwortung mobilisieren zu können, in Identifikation
mit diesem Projekt. Erreichen wollen wir das durch Veranstaltungen
wie diese, durch Workshops, durch Symposien und Exkursionen.
Ein weiterer wichtiger Punkt, ist die Orientierung
- wir brauchen sie auf allen Ebenen: lokal, regional
und global. Wir haben bereits vor dem Hintergrund des
Agenda 21-Prozesses z.B. das Klimabündnis der Städte.
Das brauchen wir genauso wie die internationale Kooperation,
was beispielsweise die Politik im Ostseeraum oder im
Alpenraum betrifft. Vor diesem Hintergrund wollen wir
auch die Alpenkonvention, die ziemlich zum Erliegen
gekommen ist, wieder voranbringen.
Auf europäischer Ebene gibt es bereits Beschlüsse,
die diesen Gedanken in sich tragen, wenn man an Cardiff
1998, Köln 1999 oder jetzt Helsinki denkt. Es wird auch
eine europäische Nachhaltigkeitsstrategie geben, die
Eingang in das Sechste EU-Umweltaktionsprogramm finden
wird. Ein weiterer Schritt wird die internationale Zusammenarbeit
sein, denn nur so kann aus der Globalisierung - die
ja in vielerlei Hinsicht als Gefahr gesehen wird - eine
große Chance werden.
Der Vorsitz des bereits erwähnte Staatssekretärsausschusses
zur ressortübergreifenden Steuerung wird, ähnlich wie
bei dem britischen Modell, beim Bundeskanzleramt angesiedelt
sein - auch, um deutlich zu machen, dass es sich um
ein Projekt der gesamten Bundesregierung handelt.
Der Staatssekretärsausschuss soll zu ausgewählten Handlungsschwerpunkten
Maßnahmen und Ziele erarbeiten und sie an Indikatoren
anbinden. Die Indikatoren dürfen zwar nicht überhandnehmen,
aber ein paar brauchen wir. Sie sollen dazu geeignet
sein, so zentrale Problembereiche wie Verkehr, Siedlungsentwicklung
und Biodiversität auf Fortschritte in Richtung Nachhaltigkeit
zu überprüfen.
Weitere Themen werden integrierte Lösungskonzepte im
Klimaschutz sein. Dazu gehört besonders die Energiepolitik,
vor allem die Effizienzdiskussion. Ferner geht es um
Ressourcenschonung und -management. Dazu gehören die
Bereiche Wasser, Boden, Kreislaufwirtschaft, Stoffstrommanagement
usw. Es geht ebenso um den Bereich Naturschutz, die
Erhaltung der biologischen Vielfalt, vor allen Dingen
auch um Schutzgebietsausweitung und die Erhaltung natürlicher
und naturnaher Flächen. Und es geht um integrierte Lösungskonzepte
im Verkehrsbereich mit den beiden Schwerpunkten Verkehrsverlagerung
und technische Optimierung.
Hinzu kommt die Veränderung des Konsumverhaltens, die
Umweltbildung und die For
schung und Entwicklung. Dabei stehen Entwicklung und
Erprobung innovativer Lösungen für integrierten Umweltschutz
und eine verstärkte Implementierung der Nachhaltigkeitsaspekte
in die Bildung im Vordergrund.
Das wollen wir erreichen, indem wir alle Akteure an
einen Tisch bringen. Die Bundesregierung setzt auf die
Kompetenz aus Wissenschaft, aus unternehmerische Initiative,
und auf das Umweltbewusstsein bei den Bürgerinnen und
Bürgern.
Wenn wir es schaffen, diese Gruppen aktiv mit einzubeziehen,
mit ihnen zu kooperieren, sie in ihrem eigenverantwortlichem
Handeln zu stärken, dann sind wir auf dem richtigen
Weg.
Dem Nachhaltigkeitsrat oder Zukunftsrat wird eine Schlüsselstellung
in diesem gesellschaftlichen Dialog zukommen, denn er
soll die Anforderungen aus Sicht der gesellschaftlichen
Kräfte formulieren, soll sich kritisch einmischen und
soll zum öffentlichen Dialog anregen. .
Es wird darauf ankommen, wie wir in Zukunft dieses
Wort, das Konstrukt “Nachhaltigkeit” mit Inhalt, mit
konkreten Vorstellungen füllen. Denn nur dann können
wir daraus die nötige Überzeugungskraft entfalten, die
wir brauchen, um den gesellschaftlichen Prozess auch
wirklich zu verankern. In diesem Sinne erhoffe ich mir
viele wertvolle Hinweise und Impulse von der heutigen
Veranstaltung und wünsche ihr einen guten Verlauf
Winfried Hermann:
Nachhaltigkeit als Chance für eine moderne Umweltpolitik
Die
Umsetzung des Bekenntnisses zur Nachhaltigen Entwicklung
in politische Prozesse lässt mitunter lange auf sich
warten, manchmal sogar sehr lange. So ist es in Deutschland.
1992 hat die Bundesregierung in Rio zahlreiche Verträge
unterschrieben - u. a. den Vertrag, in dem sie sich
zur einer Nachhaltigkeitsstrategie für die Bundesrepublik
Deutschland verpflichtete.
Seither ist nicht sehr viel geschehen. Da und dort
gab es Impulse - und unter der alten Regierung ist ein
erstes umweltpolitisches Schwerpunktprogramm entstanden,
was so etwas Ähnliches war wie eine umweltpolitisch
begründete Strategie. Sie wurde nie wirklich verabschiedet.
Es kamen die Wahlen und es begann - wie ich hoffe -
eine neue Zeit.
Im Koalitionsvertrag steht festgeschrieben, dass wir
eine Nachhaltigkeitsstrategie für Deutschland wollen.
Es dauerte ein weiteres halbes Jahr, bis Rot-Grün gemeinsam
einen Antrag vorbereitet hatte, um dieses Projekt nach
vorne zu tragen. Wir haben von Anfang an den Konsens
mit allen Fraktionen gesucht und es geschafft, dass
alle Fraktionen unter diesen Antrag gehen. Wir haben
diesen Antrag kurz vor der Sommerpause in den Umweltausschuss
eingebracht und verabschiedet.
Vorgesehen ist, dass in wenigen Wochen - in der ersten
großen Debatte des Bundestages im neuen Jahrtausend
- dieser Antrag, diskutiert und schließlich verabschiedet
wird.
Was sind die Kernelemente des Antrages?
1. Alle Fraktionen sind einig darüber, dass wir eine
nationale Nachhaltigkeitsstrategie brauchen dass die
Bundesregierung eine solche entwickeln soll.
2. Ein wichtiges Element bei Entwicklung dieser Strategie
ist die Einrichtung eines sogenannten Nachhaltigkeitsrates
oder - wie ich ihn lieber nenne - Zukunftsrates mit
Persönlichkeiten aus dem gesellschaftlichen Leben.
3. Das Kabinett muss seine Strukturen so reformieren,
dass es der Querschnittsaufgabe einer nachhaltigen Entwicklung
gerecht wird.
4. Die Bundesregierung soll sowohl lokale als auch
regionale Agendaprozesse unterstützen.
5. All dies soll geschehen in engem Verbund mit dem
Parlament. Von Anfang an soll eine Beteiligung des Parlaments
und der Gesellschaft sichergestellt werden.
Wie gesagt, in der Bundesrepublik hat sich lange nichts
getan. Aber jetzt kommen wir - leicht verspätet. Das
hat natürlich auch gewisse Vorteile, denn wir können
uns nun umschauen: Was haben die anderen Länder gemacht?
Wie haben sie gearbeitet? Vielleicht können wir von
anderen lernen - aus dem einen oder anderen Fehler,
oder auch von guten Beispielen.
Erste Umsetzungsschritte in anderen Ländern und der
Europäischen Union
Wenn
man die verschiedenen Aktivitäten der anderen Länder
betrachtet, lässt sich feststellen, dass zu Beginn überwiegend
Umweltpläne die Form der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategien
waren: stark ökologieorientiert - man könnte auch sagen
ökologielastig; zum Teil sehr detailliert - vielleicht
sogar detaillistisch. Einige Länder haben Indikatoren
entwickelt; manche haben unendlich viele Indikatoren
entwickelt - so viele, dass am Ende vor lauter Indikatoren
keine Schwerpunkte mehr erkennbar sind.
Auch in Deutschland wurden - unter der alten Regierung
- im Umweltbundesamt und im Umweltministerium vor allem
im ökologischen Bereich Vorarbeiten geleistet, die wir
heute gut gebrauchen können. Ich betone dies ausdrücklich:
Wir haben nicht vor, alles wegzuwerfen und das Rad neu
zu erfinden. Nein, wir sehen, dass gute Arbeit in den
Behörden und Institutionen geleistet wurde. Das wollen
wir aufgreifen, daran wollen wir anknüpfen.
Es gibt inzwischen auch einen Impuls aus Europa. Die
Europäische Union hat den Gedanken der Nachhaltigkeit
in den Amsterdamer Verträgen verankert und seither bei
den Treffen der Räte und der Regierungen immer wieder
versucht, dem Anspruch der nachhaltigen Entwicklung
auch auf europäischem Niveau gerecht zu werden. So sind
auch beim EU-Gipfel in Helsinki solche Überlegungen
Gegenstand der Beratung. Es gibt dazu verschiedene Arbeitsgruppen
und Kommissionen.
Wir hatten ursprünglich sogar die Hoffnung, heute konkrete
Nachhaltigkeitsindikatoren der Europäischen Union hier
einbringen zu können, die Teil der neuen EU-Strategie
sind. Soweit ist die EU jedoch noch nicht, aber es gibt
erste Skizzen eines umfassenden Indikatorensystems und
Berichte über den Stand der Integration der Umweltpolitik
in andere Politikfelder. Zudem wird derzeit ein “Weißbuch
für Wachstum, Beschäftigung und Nachhaltigkeit” erarbeitet.
Dieser Impuls ist wichtig und gut. Es ist sinnvoll,
wenn die europäischen Länder sich verständigen - nicht
nur auf eine gemeinsame Strategie, sondern auch auf
gemeinsame Eckpunkte, wie man sich entwickeln will und
wie man diese Entwicklung messen will.
Wenn wir uns in Europa umsehen, dann fällt auf, dass
sich einige Länder schon weit nach vorne gewagt haben
und gute Beispiele darstellen. Ich konnte mich vor zwei
Wochen in Großbritannien mit den Akteuren und Akteurinnen
der britischen Nachhaltigkeitsstrategie zusammensetzen
und über ihre Erfahrungen sprechen. “A Better Quality
Of Life”, so der Titel des in diesem Jahr erschienenen
kleinen Bandes zur Nachhaltigkeitsstrategie für Großbritannien.
Diese Strategie unterscheidet sich von dem ersten Entwurf,
den die Tory-Regierung noch erstellt hat, deutlich.
Sie ist zum Beispiel sehr viel stärker sozial orientiert.
Sie versucht sehr viel mehr, die Dreidimensionalität
der Nachhaltigkeit - Ökonomie, Ökologie und Soziales
- in einer Strategie zusammenzufassen und setzt eben
nicht nur einseitig auf Ökologie.
Interessant an diesem britischen Vorschlag ist auch,
dass man versucht, aus der Fülle der Möglichkeiten,
aus der Fülle der Anforderungen eine stärker strukturierte
Strategie zu formulieren - eine Strategie, die überschaubar
ist, die lesbar ist, die damit auch handhabbar ist und
somit eine größere Chance hat auf einen pragmatischen
Erfolg hat.
Interessant für uns war auch, dass es in Großbritannien
verschiedene Kommissionen zur Nachhaltigen Entwicklung
gibt und dass man gerade dabei ist, die verschiedenen
Kommissionen in eine zusammenzuführen. Dies ist vergleichbar
mit der Idee, die wir hier pflegen: die Idee eines Zukunftsrates
oder eines Nachhaltigkeitsrates. Zudem hat das britische
Parlament einen besonderen Ausschuss eingerichtet, ein
“Environmental Audit Committee”, man könnte auch sagen,
ein “Nachhaltigkeitskomitee”. Es hat die Aufgabe, die
Regierung immer wieder an ihren eigenen Nachhaltigkeitsanprüchen
zu überprüfen - ohne weitere Antragsmöglichkeiten. Es
handelt sich nicht um einen formalen Ausschuss, sondern
um ein öffentliches Kontrollorgan.
Für einen fruchtbaren Dialog zwischen Politik, Wirtschaft
und Gesellschaft
Nun,
was folgt daraus für uns, was wollen wir für Deutschland
übernehmen? Welche Umrisse zeichnen sich ab? Ich möchte
jetzt nicht die heutige Veranstaltung vorwegnehmen,
sondern nur das referieren, was in den letzten Wochen
und Monaten in den verschiedenen Ebenen, im Parlament,
in der Regierung, im Umweltministerium und im Kanzleramt
erörtert wurde.
Klar ist, wir wollen eine alle Dimensionen umfassenden
Strategie und keinen Umweltplan. Klar ist auch, wir
wollen kein hyperkomplexes, oberabstraktes Modell, sondern
eher ein umsetzungs- und handlungsorientiertes Konstrukt:
konkret, praxisorientiert, projektorientiert.
Es soll eine Strategie sein, die breite Möglichkeiten
der Beteiligung schafft. Sie soll attraktiv für die
Bevölkerung sein und attraktiv für die gesellschaftlichen
Gruppen und Akteure, die Sie teilweise hier vertreten.
Wir wollen Sie mit dieser Veranstaltung in diesen Diskurs,
in diesen Vorbereitungsprozess mit einbinden, Sie rechtzeitig
informieren. Wir haben es übrigens auch mit der heutigen
Veranstaltung geschafft, die eigene Bundesregierung
auf Trab zu bringen. Denn mit dem gesetzten Termin dieser
Veranstaltung war man auch in den verschiedenen Ministerien
und im Bundeskanzleramt gezwungen, sich nun endlich
dranzumachen., Farbe zu bekennen und sich zu einigen.
Wir versprechen uns von diesem ersten Treffen, dass
ein Funke überspringt zu Ihnen, in Ihre Organisationen,
in Ihr Umfeld. Wir hoffen, dass Sie heute unter den
vielen Menschen, die Sie hier treffen, vielleicht den
einen oder anderen Handlungspartner finden, mit dem
sie ein gemeinsames Projekt angehen. Wir wünschen uns
von Ihnen, dass Sie uns Impulse geben, und wir hoffen,
dass wir Ihnen Impulse geben können.
Ich möchte das Ganze zum Schluss meines Beitrages in
Form von Leitfragen des heutigen Tages zusammenfassen:
- Wir werden mit den verschiedenen Referaten und Ihren
Diskussionsbeiträgen versuchen, der Frage nachzugehen:
Wie kann und wie sollte eine deutsche Nachhaltigkeitsstrategie
inhaltlich aussehen? Wie sollte sie von der Form her
sein, mit welchen inhaltlichen Schwerpunkten?
- Wir sollten uns heute verständigen über die Aufgabe
und die Rolle eines nationalen Nachhaltigkeitsrates.
Wie soll er arbeiten? Was soll er leisten?
- Wir sollten uns auch gemeinsam über den Tellerrand
Deutschlands hinauswagen und einen Blick auf Europa
wagen. Was können wir aus den anderen Modellen lernen?
Und: Welche Konsequenzen wollen wir daraus ziehen?
Wir
hoffen, dass dies alles zusammen ein guter Anfang wird,
eine große Chance. Ich glaube jedenfalls, dass das gesamte
Projekt ein großes Projekt sein wird. Nicht nur ein
Projekt dieser neuen Regierung, sondern - wie wir sehr
hoffen - ein Projekt der ganzen Gesellschaft und ein
Projekt der kommenden Jahre, um nicht zu sagen, der
Jahrzehnte.
Marion Caspers-Merk:
Soziale Anforderungen an eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie
aus sozialdemokratischer Sicht
Nachhaltigkeit im Sinne einer dauerhaft zukunftsfähigen
Entwicklung ist als ein Prozess zu verstehen, der eine
ökologische, eine soziale und eine ökonomische Dimension
umfasst. Es geht also um die Frage, in welchem Zustand
wir unsere Umwelt erhalten müssen, damit künftige Generationen
Lebenschancen haben.
Dabei stehen sozialdemokratische Positionen für die
Betonung gleicher Lebenschancen nicht nur zwischen den
verschiedenen Generationen, sondern auch unter den heute
lebenden Menschen einer Generation. Solidarität und
Gerechtigkeit sind dabei zentrale Punkte.
Es gibt wohl kaum ein vergleichbares Beispielfeld,
bei dem das komplexe Beziehungsfeld zwischen ökologischen,
ökonomischen und sozialen Zielen und Aspekten so ausgeprägt
ist wie im Bereich "Bauen und Wohnen".
Zum einen geht es uns alle an - ein Dach über dem Kopf
braucht schließlich jeder. Zum anderen ist die Branche
in besonderem Maße wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen
ausgesetzt. Und nicht zuletzt zeichnet sich der Baubereich
durch eine Ressourcenverbrauch aus, der alles andere
als nachhaltig ist.
Die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem und
angemessenen Wohnraum ist ein wichtiges soziales Ziel.
Wohnungen und deren Umfeld müssen sich im Zeitablauf
an veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen anpassen,
und dem ständigen Wandel gesellschaftlicher Strukturen
Rechnung tragen. Gleichzeitig muss sich der Wohnungsbestand
veränderten individuellen Bedürfnissen und Gebrauchsangewohnheiten
anpassen.
Menschen wünschen sich Wohnungen mit hohem Gebrauchswert.
Mit zunehmender wirtschaftlicher Prosperität konnten
immer mehr Menschen in Deutschland Wohnraum bewohnen,
der von der Größe, Ausstattung und dem Wohnumfeld her
ihren persönlichen Wünschen und Sprüchen genügte. Das
führte dazu, dass in den alten Bundesländern 1965 die
Wohnfläche von im Durchschnitt 22m² pro Person auf 36,8
m² im Jahr 1995 anstieg.
Zunehmende Individualisierung mit dem Anspruch auf
Selbstverwirklichung, die Veränderung der Familienstrukturen
einschließlich der gestiegenen Scheidungsraten, der
Trend zu Zweitwohnungen aufgrund einer Verbesserung
der Einkommensverhältnisse und der Einkommensverteilung
sowie die vom Arbeitsmarkt erwartete hohe Mobilität,
sind Ursachen dieser Entwicklung.
So wünschen sich viele Familien in Einfamilienhäusern
im Grünen zu wohnen, wohingegen Singles und kinderlose
Paare eher Etagenwohnungen nahe den Zentren der Innenstädte
bevorzugen.
Dabei steht besonders bei den Familien die Bildung
von Wohneigentum im Vordergrund und wird somit im Lauf
der nächsten Jahre weiter zunehmen. Insbesondere die
Bürger in den neuen Bundesländern planen ab der Jahrtausendwende
den Erwerb von Wohneigentum. Nach dem Jahr 2000 wird
die Ansparphase abgeschlossen sein. Nach Schätzungen
wird die Eigentümerquote im Westen auf 45%, im Osten
auf 34% steigen. Der Staat steht hier vor einer großen
Herausforderung, dem Bedürfnis nach Wohnraum der unterschiedlichen
gesellschaftlichen Gruppen und Interessen nachzukommen.
Angesichts ständiger Diskussionen über den Neubau von
Wohnungen wird jedoch die Bedeutung des Wohnungsbestandes
unterschätzt. Nur knapp über 1% des vorhandenen Gebäudebestandes
entstehen jährlich neu. Von dem Baubestand der im Jahr
2020 genutzt werden wird, existieren also gegenwärtig
schon rund 75%. Jede Politik eines umfassenden Stoffstrom-
und Energiemanagements wird ihre entscheidenden Einflussgrößen
daher in einem intelligenten Management des Bestandes
suchen. Beispielsweise bieten die Renovierung und Umnutzung
bestehender Einrichtungen sowohl Möglichkeiten zur Flächenschonung
als auch wirtschaftliche Potentiale und Beschäftigungsmöglichkeiten
im Handwerk.
Wir wissen, dass Investitionen in den Bestand mehr
Arbeitsplätze binden als Investitionen in den Neubau,
da der Anteil der Lohnkosten bei einem Neubau ca. 50%
beträgt, bei der Altbausanierung jedoch 70%.
Allein vor diesem Hintergrund bieten sich nun zahlreiche
Möglichkeiten im Bereich Bauen und Wohnen Maßnahmen
zu ergreifen. Denn betrachten wir doch einmal die Situation:
Architekten arbeiten nach wie vor nicht im nötigen
Umfang mit den Bauingenieuren und dem Handwerk zusammen,
geschweige denn, dass andere Akteure bzw. Verbraucher
eingebunden wären.
Das trägt dazu bei, dass am Bedarf vorbei produziert
wird - und jeder weiß, dass dies nicht nur aus Umweltsicht,
sondern sich auch wirtschaftlich in absehbarer Zeit
rächen muss. Warum also nicht direkte Subventionen,
also vor allem die Wohnbau- und Städtebauförderung auf
den Bestand umlenken?
Man kann sich sogar die Frage stellen, warum nicht
der Wohnungstausch bzw. der Bezug einer kleineren Wohnung
- für viele ältere Menschen reizvoll - nicht aus Wohnbaumitteln
unterstützt werden kann. Erste Erfahrungen aus Kommunen,
beispielsweise aus Hagen oder Hamburg, zeigen, dass
ein solches Vorgehen mitsamt Übernahme des Umzugsmanagements
durch die Gemeinden bzw. gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen
erhebliche Mengen an Wohnraum freisetzt und unter dem
Strick deutlich billiger ist als die Neubauförderung.
Zum anderen sollten aber auch persönliche Befindlichkeiten
nicht unterschätzt werden, die hier in Berlin sehr deutlich
werden: Bislang schüttelte der Bauminister oder der
Altkanzler lieber einem schöpferischen Architekten z.B.
beim Neubau des Kanzleramtes die Hand, während dem Reparieren
und Renovieren ein Geruch von Zweitklassigkeit anhaftet.
Und wer bezieht nicht lieber sein eigen entworfenes
und durchgeplantes Neubauhäuschen auf der grünen Wiese,
statt sich den Gegebenheiten einer Bestandswohnung in
der Planung anzupassen. Auch hier muss noch viel getan
werden, um Wertvorstellungen - nicht nur bei Architekten
- sondern in der gesamten Bevölkerung zu ändern.
Denn auch für den bereich Bauen und Wohnen gilt: Um
erfolgreich zu sein, muss das Prinzip der nachhaltigen
Entwicklung in den Köpfen möglichst vieler Menschen
als Leitidee für die Zukunft Sinn machen. Dazu muss
man unter anderem Initiativen mit einem hohen Maß an
Bürgerbeteiligung auf lokaler Ebene fördern und zu deren
Verbreitung beitragen. Aus der Idee der Nachhaltigkeit
muss eine "Nachhaltigkeit zum Anfassen" werden.
Hier nehmen die Kommunen eine Schlüsselrolle ein. Viele
Kommunen in Deutschland haben sich schon auf diesen
Weg begeben - Arbeitskreise und die verschiedenen Aktivitäten
im Rahmen der Lokalen Agenda 21 zeugen davon. Die Enquete-Kommission
"Schutz des Menschen und der Umwelt" hat in der vergangenen
Legislaturperiode diese Aktivitäten nach besten Kräften
unterstützt, denn regionale Nachhaltigkeitsstrategien
bieten der Gesellschaft ausgezeichnete Chancen zur positiven
Gestaltung des wirtschaftlichen Strukturwandels, in
dem wir uns befinden.
Zusammenfassend gilt:
Die genannten strategischen Ansätze müssen in Maßnahmen
umgesetzt werden, die aufeinander abgestimmt sind -
und die in alle relevanten Politikfelder hineinwirken.
Als Schlüsselelemente gehören dazu:
- Umschichtung der Fördermittel vom Neubau auf den
Bestand
- Reduzierung indirekter zugunsten direkter Fördermittel
- Verbesserung der Architektenausbildung und der Ausbildung
im Baugewerbe
- Förderung des Umzugsmanagements
- Interessenausgleich zwischen Vermietern und Mietern
bei der Modernisierung und Energieeinsparung
Erst
die Summe derartiger Maßnahmen bildet einen neuen Rahmen,
in dem das Leitbild der Nachhaltigkeit durch eigenverantwortliches
Handeln aller Akteure verwirklicht werden kann. Es geht
also bei weitem nicht nur darum Ziele zu formulieren,
sondern es gilt alle Beteiligten dort abzuholen, wo
sie stehen.
Dr. Hans-Jürgen Nantke:
Umweltplan und Umweltqualitätsziele als Grundlage
einer nachhaltigen Entwicklung
Zwei Funktionen eines nationalen Rates für Nachhaltigkeit
stehen im Vordergrund. Da ist zum einen die Funktion
des Übersetzers und Transporteurs entscheidungsreifer
Nachhaltigkeitsstrategien und -programme in die verschiedenen
Politikbereiche. Und da ist zum anderen die Funktion
eines Vermittlers, eines Mediators, der diese Konzepte
und Programme in den verschiedenen gesellschaftlichen
Gruppen “anschlussfähig” macht. Der Rat muss die Integration
von Nachhaltigkeitsstrategien und -programmen in alle
Politikbereiche sicherstellen, z. B. durch die Förderung
integrierter, multisektoraler Politikansätze auf nationaler
Ebene unter Einbeziehung aller Akteure. Indem er realistische
Etappenziele vorgibt, vermittelt der Rat zugleich zwischen
den - wissenschaftlich zu erarbeitenden - Vorstellungen
über langfristige Handlungserfordernisse und den aktuellen
Handlungsmöglichkeiten der gesellschaftlichen Akteure.
Eben hierzu benötigt er neben wissenschaftlich ermittelten
Umweltqualitätszielen auch gesellschaftlich akzeptierte
Umwelthandlungsziele.
Nachhaltige Entwicklung ist mehr als umweltverträgliche
Entwicklung; neben dem ökologischen Bereich sind der
ökonomische und der soziale Bereich mit einzubeziehen.
Für alle drei Bereiche sind langfristig anzustrebende
Ziele auszuhandeln, die anhand weniger Indikatoren für
die politisch Verantwortlichen sowie für die Öffentlichkeit
überprüft werden können.
Probleme mit dem Nachhaltigkeitsbegriff
Im täglichen Streit mit anderen gesellschaftlichen
Interessengruppen ist es leider nicht immer hilfreich,
sich auf das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung zurückzuziehen.
Was das Anerkennen von natürlichen Grenzen für Wirtschaft
und Gesellschaft angeht, leidet dieses selbst an einem
inneren Widerspruch. Im Zieldreieck Ökologie, Ökonomie
und Soziales sollen drei Bereiche miteinander vermittelt
werden, von denen zwei - Ökonomie und soziale Wohlfahrt
- von ihrer eigenen Zweckbestimmung her keinerlei natürliche
Grenzen kennen und anerkennen können. Die Ökonomie geht
von der Unendlichkeit der menschlichen Bedürfnisnatur
aus, die immer neue Knappheiten schafft, die durch immer
neue Anstrengungen überwunden werden. Knappheit ist
für die Ökonomie dazu da, einerseits überwunden zu werden,
andererseits - als Ansporn - immer neu zu entstehen,
niemals um als solche akzeptiert zu werden. Der sozialen
Wohlfahrt schwebt im Grunde ebenfalls die Überwindung
des Mangels und der Not vor. Beide haben Zielvorstellungen,
die mit einer Begrenzung der Naturbeanspruchung völlig
unvereinbar sind; per se tendieren sie im Gegenteil
zu einer totalen Entgrenzung der Naturbeanspruchung.
Ihre Ziele stehen in klarem Widerspruch zum Ziel der
Ökologie.
Dieser Widerspruch im Leitbild der nachhaltigen Entwicklung
kann nur dann aufgelöst werden, wenn der Ökologie ein
Primat im “magischen Dreieck” zugesprochen wird. Nur
dann ist es möglich, mit den Grenzen des Naturhaushalts
zugleich die Grenzen für Wirtschaft und soziale Wohlfahrt
festzulegen.
Abstrakt-generell sind alle Eckpunkte des Nachhaltigkeitsdreiecks
- Ökologie, Ökonomie und Soziales - gleichrangig. Keiner
darf dem anderen über- oder untergeordnet werden. Je
weiter man fortschreitet in der Operationalisierung
des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung, umso deutlicher
wird jedoch, dass es limitierende Faktoren für die Ziele
der Wirtschaft und der sozialen Wohlfahrt gibt und dass
diese in der begrenzten Tragfähigkeit des Naturhaushalts
liegen. Nur insofern und insoweit ihre Verwirklichung
die Grenzen der Belastbarkeit der natürlichen Lebensgrundlagen
nicht überschreiten, sind diese Ziele sinnvoll und gesellschaftlich
legitim. Es ist daher der Naturhaushalt, der den Spielraum
vorgibt, in dem sich Wirtschaft und Gesellschaft bewegen
können. Zumindest in ihrer Funktion als lebenswichtiges
Korrektiv hat die Ökologie eine Priorität gegenüber
Ökonomie und sozialer Wohlfahrt.
Zur Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen essentiellen
und nachrangigen Zielen im Rahmen einer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie
In den politischen Diskursen zum Leitbild der nachhaltigen
Entwicklung hat sich diese Einsicht noch nicht durchgesetzt.
Zwar haben einzelne Wissenschaftler und verschiedene
politische Institutionen immer wieder betont, dass die
Forderung des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung,
eine Balance zwischen ökologischen, ökonomischen und
sozialen Zielen einzurichten, keineswegs dahingehend
missverstanden werden dürfe, dass Umweltschutz nur noch
nach Maßgabe des ökonomisch und sozial Vertretbaren
betrieben werden soll. Es ist im Gegenteil eine ökologische
Grenze für die soziale und ökonomische Entwicklung aufgezeigt
worden. So z. B. von der Enquete-Kommission des 13.
Deutschen Bundestages “Schutz des Menschen und der Umwelt”:
“Die neue Politik muss anerkennen, dass wirtschaftliche
Entwicklung und damit auch soziale Wohlfahrt nur in
dem Maße möglich sind, in dem die Natur als Lebensgrundlage
nicht gefährdet wird.”
Die Forderung, die Tragfähigkeit des Naturhaushalts
als Grenze der Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft
anzuerkennen, ist eines. Ein anderes ist es, diese Forderung
gegenüber den Akteuren in Politik und Gesellschaft zu
konkretisieren und durchzusetzen. Eine Chance hierfür
gibt es nur, wenn es uns gelingt, diese Grenze zumindest
kognitiv zu vermitteln, wenn möglich, auch emotional
erfahrbar zu machen und dabei essentielle Probleme von
nachrangigen zu unterscheiden. Angesichts der Tatsache,
dass sich die großen Umweltprobleme heute immer stärker
globalisieren und zugleich regional Schwerpunkte bilden,
müssen wir bei der Unterscheidung zwischen Prioritäten
und Posteroritäten sowohl den weltweiten als auch den
regionalen oder nationalen Kontext beachten. Für den
Planeten Erde insgesamt haben die von UNEP im Rahmen
der kürzlich vorgestellten Studie “GEO 2000” befragten
Experten die weltweiten Umweltprobleme in die folgende
Reihenfolge gebracht:
1. Wasserknappheit 57%
2. Umweltverschmutzung 57%
3. Klimawandel 56%
4. Entwaldung/Desertifikation 28%
Während die Begrenztheit der Süßwasserressourcen einen
der entscheidenden Engpassfaktoren für die Entwicklung
großer Teile Afrikas und Asiens darstellt, ist die Verfügbarkeit
von Süßwasser für die westeuropäischen Staaten, insbesondere
auch für Deutschland im Allgemeinen ein nachrangiges
Problem - jedenfalls solange wir die Verschmutzung unserer
Gewässer in Grenzen halten können. Vergleichbares gilt
für den Problemkomplex Entwaldung/Desertifikation. Demgegenüber
ist für das hochindustrialisierte Deutschland, das bei
der pro-Kopf-Emission von CO2 weltweit an vierter Stelle
steht, das Problem des Klimawandels von höchster Priorität.
Deutschland ist hier sowohl als Verursacher als auch
als eines der technologisch führenden Länder gefragt.
Essentiell für Deutschland ist außerdem ein Problembereich,
der in der Prioritätenliste der UNEP-Experten überhaupt
nicht auftaucht: der Schutz des Naturhaushalts. Während
dieser in vielen großen/weiträumigen und dünn besiedelten
Ländern und Regionen noch kein Grund zu Besorgnis darstellt,
haben die Nutzungsansprüche im dicht besiedelten, hoch
industrialisierten Deutschland solche Ausmaße angenommen,
dass sie den Naturhaushalt insgesamt zu überlasten drohen.
Damit der Umwelt ein Primat gegenüber solchen Nutzungsansprüchen
zugestanden wird, müssen die Grenzen der Tragfähigkeit
des Naturhaushalts so genau bestimmt werden, dass sie
als Leitplanken für wirtschaftliche und gesellschaftliche
Aktivitäten dienen können. Wir müssen in der Lage sein,
klare Antworten auf die Frage zu geben, welche Umwelt
wir in welcher Qualität mit Hilfe welcher Strategien
und Instrumente unter welchen Kosten erhalten oder wiederherstellen
wollen. So unverständlich das für einen Naturschützer
alter Schule sein mag: Der Schutz z. B. der Gelbbauchunke
oder des Rotschenkels ist keineswegs selbstverständlich,
sondern bedarf einer gesellschaftlichen Entscheidung
über Vorrangiges und Nachrangiges. Nicht einmal der
Schutz der Erdatmosphäre vor klimawirksamen Spurengasen
ergibt sich von selbst, sondern setzt einen umfassenden
Prozess der Prioritätenbildung und Abstimmung zwischen
allen gesellschaftlichen Interessengruppen voraus. Die
Überlebenschancen für Gelbbauchunke oder Rotschenkel
sind umso größer, je eindeutiger sie auf ein wichtiges
Schutzgut zu beziehen sind. Ein Umweltqualitätsziel
“Trendwende bei der Artenvielfalt” hilft ihnen noch
nicht weiter, aber ein dieses Umweltqualitätsziel konkretisierendes
Umwelthandlungsziel “Verbot der Umwandlung von Feuchtgebieten”
könnte für Gelbbauchunke und Rotschenkel lebensrettend
wirken.
Qualitative Umweltziele sind wichtig, um Umweltpolitik
zu legitimieren und ihre Zielerrichtung verständlich
und vorstellbar zu machen. Sie erhöhen damit die Akzeptanz
von umweltpolitischen Maßnahmen. Solange sie nicht in
quantifizierbare Vorgaben überführt werden können, bleiben
sie jedoch vage und wenig aussagekräftig. Das Umweltqualitätsziel
“Trendwende bei der Artenvielfalt” bedarf zu seiner
Konkretisierung und Umsetzung relativ genaue Angaben,
in welchem Ausmaß anthropogene Nutzungsansprüche an
die Fläche zurückgefahren und stoffliche Einträge reduziert
werden müssen. Das Klimaschutzziel bedarf zum einen
einer möglichst genauen Bestimmung, welcher Temperaturanstieg
von den Großökosystemen der Erde noch verkraftet werden
kann und zum anderen einer ebenso genauen Festlegung
der Grenzen für die Emission klimawirksamer Gase. Im
Allgemeinen wird der Umweltschutz nur dort Erfolg haben,
wo er den Umweltbeanspruchern mit quantitativen Angaben
zur Tragfähigkeit des Naturhaushalts gegenübertreten
kann. Den Spielraum, innerhalb dessen sich Wirtschaft
und soziale Wohlfahrt zu bewegen haben, müssen klare
und auch im gesellschaftlichen Konsens entwickelte Umweltqualitätsziele
vorgeben.
Umweltqualitätsziele und Umwelthandlungsziele als Teil
einer Nachhaltigkeitsstrategie
Umweltqualitätsziele charakterisieren einen angestrebten
Zustand der Umwelt. Sie verbinden wissenschaftliche
Kenntnisse über Ursache-Wirkungszusammenhänge mit Wertungen
über Schutzgüter und Schutzniveaus und sind an der Regenerationsrate
wichtiger Ressourcen oder an der ökologischen Tragfähigkeit
oder auch am Schutz der menschlichen Gesundheit und
an den Bedürfnissen heutiger und zukünftiger Generationen
orientiert. Ein typisches Beispiel für ein wirkungsbezogenes
und vorsorgeorientiertes Umweltqualitätsziel ist die
Begrenzung der Erwärmung der Erdatmosphäre auf 0,1 Grad
Celsius pro Dekade.
Damit der mit den Umweltqualitätszielen angestrebte
Zustand der Umwelt tatsächlich erreicht wird, müssen
diese mit Umwelthandlungszielen - politisch auszuhandelnde
Teil - oder Etappenziele - unterlegt werden. Umwelthandlungsziele
geben die Schritte an, die notwendig sind, um die in
Umweltqualitätszielen beschriebenen Zustände der Umwelt
zu erreichen. Sie formulieren möglichst quantifizierte
und überprüfbare Ziele, die sich an verschiedenen Belastungsfaktoren
orientieren und Vorgaben für die notwendigen Umweltentlastungen
enthalten. So ist das Umweltqualitätsziel der Klimastabilisierung
für Deutschland durch das politische Umwelthandlungsziel
konkretisiert, die CO2-Emissionen bis 2005 um 25% gegenüber
1990 zu senken.
Wenn eine Nachhaltigkeitsstrategie in Politik und Gesellschaft
überzeugend sein soll, muss sie zwischen essentiellen,
in jedem Fall zu erfüllenden Anforderungen und solchen
Forderungen unterscheiden können, die zwar wünschenswert
sind, die aber - insbesondere auch im Blick auf die
gesamtwirtschaftlichen Kosten - auch zurückgestellt
oder zeitlich gestreckt werden können. Oft genug werden
ökonomische und soziale Belange den Umweltanforderungen
als gemeinsame Front gegenüberstehen und vehement fordern,
dass eine nachhaltige Politik zunächst einmal ihren
Zielen und Interessen zu entsprechen habe. Gegen die
so verbündeten wirtschaftlichen und sozialen Belange
können sich die ökologischen nur behaupten, wenn sie
klare und gesellschaftlich akzeptierte Umweltqualitätsziele
und Umwelthandlungsziele ins Feld führen können.
Zumindest in Teilbereichen liegen solche essentiellen
Ziele für eine nachhaltige Entwicklung inzwischen vor.
So verfügen wir beim Klima über das - international
unbestrittene Umweltqualitätsziel “Begrenzung der Erwärmung
der Erdatmosphäre auf 0,1 Grad Celsius pro Dekade”.
Die Enquete-Kommission des 12. Deutschen Bundestages
“Schutz der Erdatmosphäre” hat diesem Umweltqualitätsziel
die folgenden Umwelthandlungsziele zugeordnet:
- Reduzierung der CO2-Emissionen um 25% bis 2005
- Reduzierung der C02-Emissionen um bis zu 80% bis
2050.
Beim
Naturhaushalt haben wir ein nationales Umweltqualitätsziel:
“Sicherung der Funktion von Flächen und Landschaften
als Grundlage und Lebensraum für Pflanzen, Tiere und
Menschen.” Die korrespondierenden Umwelthandlungsziele
sind:
- Sicherung von 10 - 15 % der nicht besiedelten Fläche
des Jahres 1998 als ökologische Vorrangflächen zum
Aufbau eines Biotopverbundsystems bis 2020
- Reduzierung der Flächeninanspruchnahme auf 30 ha
pro Tag bis 2020.
Das
übergreifende Umweltqualitätsziel bei der Ressourcenschonung
heißt: “Substantielle Verminderung des Ressourcenverbrauchs
bei Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Wohlfahrtsniveaus
und der Lebensqualität”. Dieses Umweltqualitätsziel
ist für Energie und Rohstoffe mit je einem Umwelthandlungsziel
unterlegt worden, nämlich
- Verdoppelung der Energieproduktivität bis 2020
- Erhöhung der Rohstoffproduktivität auf das 2,5-fache
bis 2020.
Umweltqualitätsziele in der bisherigen Umweltpolitik
Seit Beginn der Umweltpolitik in Deutschland, spätestens
seit dem ersten Umweltprogramm der Bundesregierung von
1971, hat die deutsche Umweltpolitik Zielvorstellungen
zur Erhaltung und Verbesserung der Umwelt formuliert
und eine Umweltplanung auf lange Sicht angestrebt. In
den folgenden Jahren konnten zwar viele Zielvorstellungen
konkretisiert und wichtige Umweltstandards festgesetzt
werden; ein schlüssiges umweltpolitisches Konzept, das
sich an konkreten Qualitätszielen für Schutzgüter (menschliche
Gesundheit, ökologisches Gleichgewicht) und Umweltmedien
(Luft, Wasser, Boden) orientiert, gibt es bis heute
jedoch nicht. Auch international, etwa im Rahmen der
EU oder in internationalen Abkommen, hat sich Deutschland
nur wenig für eine stärker an Umweltqualitätszielen
orientierte Politik eingesetzt. Es hat sich hierzulande
eine im Wesentlichen an emissionsbezogenen Anforderungen
ausgerichtete Umweltpolitik behauptet, die sich weitgehend
an der technisch möglichen Vermeidung von Umweltbelastungen
und nicht an Umweltqualitätszielen orientiert. Ein wichtiger
Grund hierfür ist, dass es methodisch und naturwissenschaftlich
außerordentlich schwierig ist, die Grenzen der Tragfähigkeit
des Naturhaushalts zu bestimmen. Erst im Rahmen der
Debatten über das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung
sind Umweltqualitätsziele wieder in den Vordergrund
gerückt.
Instrumente einer Nachhaltigkeitsstrategie
Wenn wir die wirtschaftliche und soziale Entwicklung
in einem reichen Land des Nordens an die Grenzen der
Tragfähigkeit des Naturhaushalts binden wollen, benötigen
wir einen tiefgreifenden Struktur- und Bewusstseinswandel.
Wirtschaft und Gesellschaft müssen ökologisch umgebaut
werden, was insbesondere die Neugestaltung des Ordnungsrahmens
voraussetzt. Dabei geht es zum einen um das Ordnungsrecht
- Ge- und Verbote, Auflagen - zum anderen um die ökonomischen
Instrumente - Lenkungsabgaben, Anreize, Selbstverpflichtungen,
Öko-Audits - und schließlich um das informelle, vor
allem Information, Aufklärung und die Einladung zur
Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern.
Die Marktwirtschaft kann zurecht als effektives Allokationsmedium
bezeichnet werden, wenn der Markt von adäquaten umweltpolitischen
Regeln gesteuert wird. Dass diese Steuerung möglich
ist, zeigten z. B. das seit 1991 gültige Haftungsrecht.
Typische Beispiele für eine umweltpolitische Veränderung
der Spielregeln sind z. B. die Gefährdungshaftung für
Produktionstätigkeiten oder das Verbot, Waren in den
Verkehr zu bringen, ohne die Verantwortung für deren
spätere umweltgerechte Entsorgung zu übernehmen. Die
Vorschläge in den Entwürfen zu einem Umweltgesetzbuch
für eine einheitliche Vorhabengenehmigung für umweltrelevante
Projekte wie z. B. Industrieanlagen, Straßen und Flughäfen,
bieten eine weitere ordnungspolitische Gestaltungsmöglichkeit.
Weil Änderungen der rechtlichen Bestimmungen regelmäßig
relativ starke politische Widerstände auslösen und häufig
auch nicht punktgenau auf Umweltziele wirken, können
wir nicht auf Instrumente verzichten, die Umwelthandlungsziele
in einem vorgegebenen Zeitraum relativ treffsicher machen
und damit die Umweltqualitätsziele verwirklichen helfen.
Das Umwelthandlungsziel für die energetische Ressourcenschonung
- die Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2020 - setzt
die konsequente Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform
voraus, während das Umwelthandlungsziel für den Schutz
des Naturhaushalts - Sicherung von 10 bis 15 % der nicht
besiedelten Fläche des Jahres 1998 als ökologische Vorrangfläche
zum Aufbau eines Biotopverbundssystems bis 2020 - nur
durch eine erhebliche Verschärfung und Effektivierung
des Planungsrechts zu erreichen ist.
Schon diese wenigen Beispiele zeigen, dass sich der
für eine nachhaltige Entwicklung unabdingbare ökologische
Ordnungsrahmen nicht auf eine einzige Instrumentenart
oder ein einziges Instrumentenbündel abstützen kann.
Von Medium zu Medium, von Branche zu Branche, von Ressort
zu Ressort variieren die Problemlagen, und diese Unterschiede
machen verschiedenartige Instrumente zu ihrer Lösung
erforderlich. Eine am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung
orientierte Politik muss das gesamte verfügbare Instrumentarium
einsetzen und ihr Erfolg oder Misserfolg wird nicht
zuletzt davon abhängen, ob es ihr gelingt, den jeweils
problemadäquaten Instrumentenmix zu finden.
Jürgen Maier:
Entwicklungspolitische Ziele einer nationalen
Nachhaltigkeitsstrategie
Ich denke, die Veranstaltung heute ist längst überfällig.
Vor zweieinhalb Jahren, bei der Sondergeneralversammlung
der Vereinten Nationen - fünf Jahre nach Rio - zogen
die versammelten Staats- und Regierungschefs eine ernüchternde
Bilanz über fünf Jahre Rio-Prozess. Sie stellten sich
selbst das Zeugnis aus, ihre Hausaufgaben nicht gemacht
zu haben und wurden natürlich nicht müde, zu versichern,
zehn Jahre nach Rio werde die Bilanz besser ausfallen.
Zweieinhalb Jahre - die Hälfte der Zeit - sind seitdem
vergangen, doch die globalen Trends sind alles andere
als besser geworden. Wir werden also aufs Gaspedal drücken
müssen, damit dieser Prozess nicht in einem ähnlichen
Schneckentempo verläuft, wie es bisher der Fall war.
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisationen in Deutschland
haben im Gegensatz dazu recht bald nach Rio angefangen,
ihre Hausaufgaben zu machen. Sie erinnern sich wahrscheinlich
an die Studie, die 1995 von einer Umweltorganisation,
dem BUND, und einer Entwicklungsorganisation, MISEREOR,
herausgegeben wurde: “Zukunftsfähiges Deutschland -
ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung”
war sie überschrieben. Wenn die Bundesregierung nun
heute anfängt, über eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie
nachzudenken, dann fängt sie nicht bei Null an. Es gibt
durchaus eine ganze Reihe von Vorarbeiten, auch solche,
die die globale Dimension, die Nord-Süd-Dimension des
ganzen Prozesses betonen.
Eine Nachhaltigkeitsstrategie ist kein Umweltplan
Was
ist der Unterschied zwischen einem Umweltplan und einer
Nachhaltigkeitsstrategie? Es handelt sich dabei nicht
nur um verschiedene Begriffe für dasselbe Produkt. Beide
Begriffe werden ziemlich häufig vermengt. Es ist daher
notwendig, die grundlegend unterschiedlichen Ansätze
der beiden Projekte etwas deutlicher zu machen. Es ist
nämlich ohne weiteres denkbar, dass ein Land innerhalb
seiner Grenzen eine ökologisch vertretbare, ökologisch
nachhaltige Politik und Wirtschaftsweise verfolgt, aber
dabei in hohem Ausmaß Ressourcen anderer Länder in Anspruch
nimmt. Hierdurch wird es diesen Ländern jedoch unmöglich
gemacht, dasselbe zu tun, nämlich: sich zu entwickeln.
Der Erdgipfel in Rio 1992 war keine Umweltkonferenz,
wie das gerne verkürzt wiedergegeben wird. Es war eine
Konferenz für Umwelt und Entwicklung, und der Großteil
der Entwicklungsländer hätte wahrscheinlich diese Konferenz
boykottiert, wenn sie nur eine Umweltkonferenz gewesen
wäre. Sie haben vor einigen Tagen das Scheitern der
WTO-Konferenz in Seattle mitbekommen. Dort wurde noch
einmal deutlich, dass die Entwicklungsländer nicht bereit
sind, sich ihre Chancen auf Entwicklung, ihren Nachholbedarf
an Entwicklung, durch ernste oder auch vermeintliche
Umweltargumente der Industrieländer streitig machen
zu lassen.
Die Hauptverantwortung tragen die Länder des Nordens
Solange
20 Prozent der Erdbevölkerung, die im Norden lebt, 80
Prozent der Rohstoffe verbraucht und dabei natürlich
auch 80 Prozent der Treibhausgasemissionen verursacht,
solange hat der Süden einen objektiven Nachholbedarf.
Anhand einiger Zahlen wird deutlich, dass wir in den
Industrieländern unsere Beanspruchung von Ressourcen,
unsere Beanspruchung von Umweltraum einfach reduzieren
müssen.
Mineralische Rohstoffe
Hier
ist der Umgang mit fossilen Brennstoffen das schlagendste
Beispiel. Wenn wir uns vor Augen halten, dass der Planet
Erde heute etwa 6 Milliarden Menschen Bevölkerung und
eine Automobilpopulation von 600 Millionen hat, dann
wird deutlich: 10 Menschen, ein Auto. Das ist so etwa
die maximale Obergrenze dessen, was an Autoverkehr global
verkraftbar ist. Nun hat aber Deutschland 80 Millionen
Einwohner und etwas über 40 Millionen Kraftfahrzeuge
- also zwei Menschen, ein Auto. Würden wir jetzt dieses
Verhältnis hochrechnen auf die ganze Welt, dann ist
vollkommen klar: damit haben wir sofort den Klimakollaps.
Konkret bedeutet dies, dass wir in Deutschland unseren
Automobilbestand reduzieren müssen, damit der Süden
automobilmäßig aufholen kann.
Wenn wir umgekehrt die Relation 10 zu 1 in Deutschland
einführen würden, blieben hier acht Millionen Autos
übrig. Der ADAC hat allein schon 13 Millionen Mitglieder.
Hier wird deutlich, was für eine Aufgabe das ist. Man
kann aber auch andere Beispiele nehmen, die weniger
spektakulär sind.
Wenn etwa Deutschland seinen Aluminiumverbrauch auf
ein global nachhaltiges Maß reduzieren würde, dann müssten
wir 90 Prozent unseres Aluminiumverbrauchs abbauen.
Wir können das auf andere Rohstoffe - Eisenerz, Kupfer
usw. - übertragen. Die Zahlen sind anders, aber letztlich
ist klar, dass der Verbrauch bei uns viel zu hoch ist.
Landwirtschaft und nachwachsende Rohstoffe
Hier
sieht das Bild ganz ähnlich aus. Nehmen wir etwa Papier.
Wir alle verbrauchen Unmengen an Papier - und wer politisch
tätig ist, verbraucht wahrscheinlich besonders viel
Papier. Deutschland ist mit einem Pro-Kopf-Verbrauch
von 200 Kilogramm Papier - da sind Säuglinge und Greise
mit eingerechnet - Nummer 3 im weltweiten Verbrauch.
Wir können unseren Papierverbrauch nur durchhalten,
wenn wir Unmengen Papier importieren, aus Skandinavien,
aus Kanada, zum Teil auch aus südlichen Ländern. Das
bedeutet natürlich, dieser hohe Verbrauch wäre global
nicht möglich.
Nehmen wir die Landwirtschaft. Die Europäische Union
belegt etwa 45 Millionen Hektar landwirtschaftliche
Fläche außerhalb ihrer eigenen Territorien, um ihren
Verbrauch an landwirtschaftlichen Produkten decken zu
können. 45 Millionen Hektar - umgerechnet auf Deutschland,
bedeuten: Deutschland belegt etwa ein Drittel landwirtschaftliche
Fläche zusätzlich in Ländern des Südens, um den hohen
Fleischverbrauch, der nur durch Futtermittelimporte
durchhaltbar ist, befriedigen zu können. Und das in
einer Situation, wo sich die durchschnittlich jedem
Erdenbürger zur Verfügung stehende landwirtschaftliche
Fläche seit 1965 von 0,34 auf 0,2 Hektar reduziert hat.
Verantwortlich für diesen Prozess ist zum einen der
Bevölkerungszuwachs, zum anderen aber auch die Tatsache,
dass immer mehr Böden im Süden erodieren. Wegen Übernutzung
findet Landdegradation statt - und der Bestand an landwirtschaftlich
nutzbarer Fläche kann nur erhalten werden, wenn woanders
Wald abgeholzt wird.
Es gibt eine ganze Reihe weiterer Beispiele - Ihnen
wird das alles im Großen und Ganzen sicher auch bekannt
sein. Diese Beispiele zeigen, dass unsere Lebens- und
Wirtschaftsweise schlichtweg nicht globalisierbar ist:
Ein erfolgreicher Aufstieg etwa Chinas zum Konsumniveau
von Hongkong und Taiwan würde nichts anderes als eine
Ökokatastrophe bedeuten.
Es kann also uns nicht darum gehen, dass wir unser
im Norden existierendes Konsumniveau als gottgegebenes
Resultat der bisherigen Weltentwicklung hinstellen und
dem Süden aufgrund der begrenzten Belastbarkeit des
Planeten Erde jegliche Entwicklungsmöglichkeiten verweigern.
Das ist natürlich keine politische Strategie, die vertretbar
oder durchhaltbar wäre. Es kann nur darum gehen, dass
wir die Volkswirtschaften des Nordens so nachhaltig
machen, dass die Länder des Südens sich entwickeln können
und das müssen wir als Chance betrachten und nicht als
Bedrohung.
Globale Aspekte einer Nachhaltigkeitsstrategie
Und
das bedeutet - ich will jetzt ein Beispiel nennen, das
den Unterschied zwischen einem Umweltplan und einer
Nachhaltigkeitsstrategie besonders gut verdeutlichen
kann: die Massentierhaltung. Sie ist dafür verantwortlich,
dass in vielen Ländern des Südens Futtermittel für die
Tiere im Norden angebaut werden müssen - cash-crops,
damit Devisen erwirtschaftet werden können. So müssen
auch Länder wie Äthiopien, wo die Menschen hungern,
Futtermittel für den Norden produzieren..
Das bedeutet, daß wir die Umweltprobleme der Massentierhaltung
etwa in Norddeutschland nicht damit lösen, daß wir irgendwelche
scharfe Emissionsstandards für Gülle verhängen. Das
ist zwar notwendig und mit einigem technischen Aufwand
auch machbar, das Problem ist allerdings damit noch
nicht gelöst.
Wenn tatsächlich die Tierhaltung in Norddeutschland
nachhaltig werden soll, müssen wir sehr viel weiter
gehen. Wir müssen beim Futtermittelimport ansetzen.
Dieser muß begrenzt, reduziert, erschwert werden. Man
müßte dazu übergehen, die Tierhaltung wieder an Flächen
zu binden, d.h. verstärkt extensive Landwirtschaft zu
betreiben. Damit würde natürlich auch das Gülleproblem
reduziert. Gleichzeitig könnten die EU-Agrarüberschüsse
reduziert werden, die heute kostspielig - mittels Subventionen
- auf den Weltmärkten entsorgt werden und in den Entwicklungsländern
die Märkte kaputtmachen. Auch der Energieverbrauch würde
reduziert, denn die Massentierhaltung in fabrikartigen
Anlagen verbraucht Unmengen an Energie. Und wir hätten
natürlich eine Situation, dass die Lebensmittel bei
uns gesünder würden. Sie würden allerdings - zumindest
die Fleischprodukte - auch teurer werden. Damit aber
hätte der Süden mehr Flächen zur Verfügung, die dringend
zur Ernährung der Menschen dort benötigt werden.
Das klingt zunächst sehr einfach. Es würde jedoch auf
der anderen Seite im Süden auch Probleme mit sich bringen.
Es gibt eine ganze Reihe von Staaten, die kurzfristige
Devisenprobleme bekämen, wenn hier Exportmöglichkeiten
wegfielen.
Wir kommen gar nicht darum herum, diese globalen Dimensionen
von Nachhaltigkeit in unsere Überlegungen mit einzubeziehen.
Es ist auch klar, dass eine solche Nachhaltigkeitsstrategie
einen erheblich höheren politischen Aufwand verursacht
als eine reine Strategie zur Begrenzung von Umweltproblemen
im Inland. Es ist aber ebenso klar, dass nur so die
Probleme wirklich konsequent angegangen werden können
- nur dann sind wir in der Lage, als Bundesrepublik
Deutschland einen Beitrag zu einer globalen nachhaltigen
Entwicklung zu leisten.
Der Export von Umweltproblemen muss gestoppt werden
Man
hat bisher auch sehr häufig Umweltprobleme exportiert,
in dem man etwa hergegangen ist, und im Inland bestimmte
Verbrauchs- und Konsummuster per Auflage - per Gesetz
etc. - nachhaltig gemacht hat ohne gleichzeitig die
dahinter liegenden Wirtschafts- und Produktionsweisen
zu verändern. So beispielsweise Japan, ein Land mit
einem hohen Holzverbrauch pro Kopf, das aber seine eigenen
Wälder unter strengsten Schutz gestellt hat. Heute ist
festzustellen, dass ein großer Teil der Abholzungen
in Südamerika oder Südostasien auf das Konto Japans
geht, weil seither der Holzbedarf durch Importe gedeckt
wird.
Wir müssen bei einer Nachhaltigkeitsstrategie darauf
achten, dass wir Umweltprobleme nicht exportieren. Eine
reine Begrenzung auf Umweltstandards scheint naheliegend,
doch Deutschland muss seinen ökologischen Rucksack weltweit
gesehen reduzieren. Wir müssen das, was in der bereits
zitierten Studie von BUND und MISEREOR mit dem schönen
Slogan “Gut leben statt viel haben” beschrieben wurde,
ein Stück weit in praktische Politik umsetzen, wenn
wir auf eine Reduzierung unseres Rohstoffverbrauchs
hinarbeiten.
Entwicklungspolitik muss stärker in die Nachhaltigkeitsdiskussion
einbezogen werden
Entwicklungspolitik,
wie sie auch die Bundesrepublik leistet, ist zum Teil
in ihrer Umgestaltung hin zur Nachhaltigkeit schon deutlich
weiter gekommen ist, als das was wir im Inland machen.
Gleichzeitig stellen wir aber fest, dass sich viele
Länder im Süden immer noch die nördlichen Industrieländer
als die einzige Form von Entwicklung zum Vorbild nehmen.
Die deutsche Entwicklungspolitik fördert etwa erneuerbare
Energien im Ausland sehr viel stärker, als das im Inland
der Fall ist. So kommt es, dass in Afrika und in asiatischen
Ländern die Leute sagen “Was sollen wir mit euren Windrädern
und Solaröfen? Ihr macht doch zu Hause auch andere Dinge.
Warum wollt ihr uns diesen Ramsch geben? Wir wollen
das gleiche haben wie ihr. Wir wollen uns entwickeln,
wir wollen Autobahnen, wir wollen Großkraftwerke usw.”
Auch unter diesem Gesichtspunkt ist eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie
von erheblicher Bedeutung. Eine Technologie, die im
Inland nicht zum Einsatz kommt, hat auf dem Weltmarkt
keine Chance, weil das Vorbild fehlt. Ein Problem ist
hierbei sicherlich, dass die entwicklungspolitische
Seite sich in diese ganzen Diskussion bisher sehr wenig
eingebracht hat.
Das Forum Umwelt und Entwicklung hat im Februar eine
Tagung zu diesem Thema veranstaltet, zu der das BMU
und das BMZ eingeladen waren. Der Vertreter des BMZ
begann seinen Vortrag damit, er wisse eigentlich gar
nicht, warum er hier eingeladen wurde. Das illustriert
die Tatsache, dass man im Grunde die globale Dimension
der Nachhaltigkeit inzwischen ein Stück weit wieder
vergessen hat.
Die Studie “Zukunftsfähiges Deutschland” betont diese
globalen Aspekte sehr viel stärker, als dies heute in
der zum Teil verkürzten Nachhaltigkeitsdiskussion der
Fall ist. Ich kann daher nur an die Bundesregierung
und an die gesellschaftlichen Kräfte, die sich in diesen
Prozess einbringen appellieren, die globale Dimension
in einer solchen Nachhaltigkeitsstrategie nicht zu vergessen.
Eine Nachhaltigkeitsstrategie muss alte Politikmuster
verändern
Wir haben nicht mehr viel Zeit. In zweieinhalb Jahren
ist nicht nur “10 Jahre nach Rio”, wo wieder Bilanz
gezogen wird und wo die Staatschefs der Welt etwas mehr
vorweisen wollen als 5 Jahre nach Rio. Sie haben bis
dahin in Deutschland auch wieder eine Bundestagswahl,
und ich denke, ein Nachhaltigkeitsprozess, der bis dahin
keine Ergebnisse vorweisen kann, wird relativ wenig
Chancen haben, in der praktischen Politik auch Durchsetzungskraft
zu entwickeln.
Durchsetzungskraft ist aber notwendig. Warum ist bis
5 Jahre nach Rio und bis jetzt ,7,5 Jahre nach Rio,
so wenig passiert? Weil Nachhaltigkeit am laufenden
Band in Konflikt gerät mit Politikmustern, die sich
über Jahrzehnte eingeschliffen haben und die auch einen
Regierungswechsel sehr glatt und sehr reibungslos überstehen.
Eine Nachhaltigkeitsstrategie wird an diesen Politikmustern
sehr, sehr viel ändern müssen. Es geht um die Bereiche
Verkehrspolitik, Energiepolitik, Landwirtschaftspolitik,
alle diese Dinge. Auch der europäische Kontext muss
berücksichtigt werden, beispielsweise in der Landwirtschaftspolitik.
Hier ist langer Atem notwendig, aber langer Atem lebt
auch davon, dass Erfolge vorzuweisen sind. In diesem
Sinne steht die Bundesregierung unter dem Zwang, rasch
konkrete Ergebnisse vorweisen zu können. Insofern ist
es sehr zu begrüßen, dass die Gesellschaft hier stark
involviert werden soll, denn der gesellschaftliche Druck
in Richtung Nachhaltigkeit ist mitunter stärker als
der des politischen Establishments.
Dr. Michael Braun:
Strategien für eine nachhaltige Entwicklung umsetzen
- Brückenschlag zwischen Politik und Wirtschaft
Wenn ich mit meinen beiden Zukunftsexperten - meinen
beiden Kindern, 14 und 17 Jahre alt - über das Thema
Zukunft und Nachhaltigkeit debattiere, dann vermitteln
sie mir einen ambivalenten Eindruck, der einerseits
eine gewisse Zukunftsangst beinhaltet: die Angst davor,
dass sich einmal in Gang gebrachte Entwicklungen verselbständigen
und letztlich zur Bedrohung für uns werden. Auf der
anderen Seite beinhaltet dieser Eindruck auch eine Art
Zukunftsgläubigkeit, einen gewissen Optimismus und damit
verbunden durchaus auch den Glauben daran, dass Technik,
Technologie, Innovation im Grunde genommen nichts Schlechtes
per se ist, sondern dass es darauf ankommt, was wir
daraus machen.
Die Science-Fiction-Serie Star Trek transportiert
beispielsweise die Vision, dass Menschen Gutes wollen,
Gutes tun, und dass letztlich alle Probleme irgendwie
mittels Technik lösbar sind. Von diesen technischen
Visionen scheint heute in der Tat fast alles machbar
zu sein - und es scheint auch für viele der Dinge dieser
Visionen auch wirklich einen konkreten Bedarf, einen
konkreten Wunsch danach zu geben. Nehmen Sie zum Beispiel
die Star-Trek-Vision des “Essens-Generators”. Die Vision
eines solchen Gerätes entspricht dem simplen Bedürfnis,
jederzeit sofort eine warme Mahlzeit haben zu können
- und das ist ein wichtiges Thema heutzutage. Die gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen haben sich verändert und dieses Bedürfnis
entstehen lassen. Wer am Abend nach Hause kommt und
dort nicht die Füße unter den Tisch legen und sich bedienen
lassen kann, der ist froh, dass es diese Technik gibt,
mit der man innerhalb einer Viertelstunde ein wohlschmeckendes
Essen zustande bringen kann: die Mikrowelle.
Ich glaube, bei einigen von Ihnen etwas anderes zu
hören. Ich glaube, auch eine gewisse Angst zu hören,
Angst vor der Zukunft - und genau die höre ich bei meinen
Kindern auch. Das sind die Themen, wenn ich mit meinen
Kindern über Zukunft debattiere: Die Angst vor Katastrophen,
die Angst vor unbeherrschbarer Technik, die Angst vor
dem Verbrauch von Ressourcen, vor der unwiederbringlichen
Schaffung von Tatsachen, die uns heute vielleicht noch
gar nicht bewusst sind, die aber letztendlich zu unumkehrbaren
Entwicklungen führen.
Wir müssen heute in der Politik und in der Wirtschaft
ständig Entscheidungen treffen über die Gestaltung unserer
Zukunft, deren Folgen wir heute noch gar nicht absehen
können. Wir können die langfristigen Konsequenzen beim
besten Willen nicht absehen. Was haben die Entscheidungen,
die die Bundesregierung in den nächsten drei, vier Jahren
unter dem Stichwort Nachhaltigkeit treffen wird, tatsächlich
in fünf, zehn oder zwanzig Jahren für Auswirkungen?
Woran liegt es, dass seit Rio so wenig passiert ist?
Liegt es wirklich daran, dass wir weiterhin einfach
blind technikgläubig sind? Oder liegt es daran, dass
wir Gutes predigen, Gutes vielleicht auch glauben, dass
aber letztendlich Entscheidungen immer in eine falsche
Richtung fallen? Was treibt Entscheidungen heute in
unserer Welt an? Was bringt uns voran und in welche
Richtung bringt uns das eigentlich voran?
Sie werden keine Probleme lösen, wenn sie nicht alle
Beteiligten an einen Tisch bekommen. Über eines müssen
Sie sich klar sein: Es wird keine deutsche Umweltpolitik,
es wird keine deutsche Nachhaltigkeitsstrategie für
sich alleine geben können. Wir leben in einer Welt der
Globalisierung. Wir leben in einer Welt, in der Unternehmen
jederzeit ausweichen können. Das bedeutet, dass nationale
umweltpolitische Entscheidungen jederzeit Entwicklungen
in Gang setzen können, die zwar bei uns in die richtige
Richtung weisen mögen, irgendwo anders auf der Welt
aber Fehlentwicklungen herbeiführen.
Wir müssen tatsächlich die drei Ziele - Wirtschaftswachstum,
Umweltschutz und sozialer Wohlstand - unter einen Hut
bringen, und zwar nicht nur hier in Deutschland, sondern
wir müssen dabei über den deutschen Tellerrand hinaus
denken. Wir müssen einerseits versuchen, Umweltschutz
voranzutreiben. Wir müssen aber gleichzeitig auch dafür
sorgen, dass wir weiterhin in Zukunft wirtschaftliche
Prosperität bei uns haben werden, um Arbeitsplätze,
um sozialen Wohlstand sichern zu können. Sie müssen
sich hierbei vor Augen halten, dass zwei der drei Ziele
von unserer Fähigkeit abhängen, Arbeitsplätze in diesem
Land zu schaffen und zu erhalten.
Die Chemieindustrie war traditionell lange einer der
Hauptarbeitgeber in Deutschland. In den vergangenen
Jahren wurden hier jedoch ständig Arbeitsplätze abgebaut.
(Folie 1) Das ist ein Zug der Entwicklung, der
ganz normal ist - dasselbe wird auch in anderen Branchen
passieren. Die Verteilung von Direktinvestitionen im
In- und Ausland macht jedoch deutlich, dass Investitionen
aus Deutschland abwandern in andere Länder. Betrachtet
man die Arbeitsplatzentwicklung in der Chemieindustrie
weltweit, sieht das Bild etwas anders aus, denn nicht
ein einziger Arbeitsplatz wird endgültig abgebaut. Die
Arbeitsplätze werden einfach nur verlagert - in Länder,
wo vielleicht niedrigere Umweltstandards die Produktion
erleichtern - die Produktion, die man vielleicht hier
bei uns nicht haben möchte. So verschieben wir das Problem,
anstatt es zu lösen. Die Arbeitsplätze gehen hier verloren.
Nun könnte man einwenden: Wir sind doch auf dem Weg
in die Dienstleistungsgesellschaft, in die Informationsgesellschaft.
Da entstehen neue Arbeitsplätze. Doch auch das wird
genau dem gleichen Trend folgen: Es wird auch in solchen
neuen Branchen dieselben Entwicklungen geben. Jede Branche,
jedes Produkt hat einen Lebenszyklus - und irgendwann
wird auch das zu Ende sein. Unsere Fähigkeit, hier sozialen
Wohlstand auf Dauer zu erhalten, hängt entscheidend
davon ab, dass wir es schaffen, das Ziel Umweltschutz
mit dem Ziel “Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen”
unter einen Hut zu bringen. Was wir brauchen, ist die
Fähigkeit, uns diesem dramatischen technologischen Wandel,
in dem wir leben, anpassen zu können. Das bedeutet,
auch wenn dies inzwischen abgedroschen klingen mag:
Wir müssen wirklich innovativ bleiben. (Folie 2)
Innovativ nicht im Sinne von technischer Erfindung,
sondern innovativ darin, unseren Platz als Deutschland
in der Weltwirtschaft zu finden - unseren Platz darin
zu finden, in diesem Wettlauf ständig mithalten zu können.
Wenn uns das nicht gelingt, wird das auf Kosten unserer
Kinder - auch auf Kosten meiner beiden Kinder - gehen.
Wir werden diesem Land keinen Gefallen tun, wenn wir
das Ziel “Erhaltung sozialen Wohlstandes” aus den Augen
verlieren.
Nachhaltigkeit ist mehr als nur Umweltschutz. Ein nachhaltiger
Innovationsprozess muss alle Bereiche einer modernen
Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft einbeziehen.
(Folie 3) Das heißt, wir müssen eine ganze Reihe
von Schlüsselerfolgsfaktoren erfüllen, zu denen auch
der Umweltfaktor gehört. Wir müssen Wege für ein konstruktives
Zusammenspiel aller Kräfte suchen. Politik und öffentliche
Verwaltung haben bestimmte Ziele, die sie aber nur verwirklichen
können, wenn die Wirtschaft mitspielt bei der Umsetzung
dieser Ziele. Wir brauchen eigentlich einen Entwicklungsprozess,
in dem zwei Dinge zusammenspielen, in dem auf der einen
Seite von oben nach unten Politik definiert wird, politische
Ziele festgelegt werden - Umweltziele, Nachhaltigkeitsziele,
Wachstumsziele. In diesem Prozess müssen aber auf der
anderen Seite auch Anreize geschaffen werden, Rahmenbedingungen
geschaffen werden, damit die Wirtschaft von sich aus
zur Umsetzung dieser Ziele beiträgt. Und genau an dieser
Stelle klemmt es meiner Meinung nach. Das Ineinandergreifen
dieser beiden Dinge funktioniert bei uns - meines Erachtens
- nicht.
Alte Vorurteile behindern die Zukunftsgestaltung
Wenn
wir ein nachhaltiges Wachstum wollen, müssen wir alle
Interessengruppen an einen Tisch bringen - und nicht
nur das. Wir müssen sie dazu bringen, alle am gleichen
Strick zu ziehen, und zwar in die gleiche Richtung,
am gleichen Ende des Stricks.
Wir haben hier drei wesentliche Gruppierungen.
- Politik und öffentliche Verwaltung,
- Bürger,
- Industrie und Wirtschaft.
Damit das besser funktioniert, müssen wir uns von alten,
traditionellen Feindbildern lösen.
Wir müssen aufhören, den wirtschaftlich Verantwortlichen
als den zu sehen, der lediglich an seinen Profit orientiert
ist und dafür alles andere gewissens- und bedenkenlos
opfert. Sie können mir glauben, ich bin nicht der einzige,
der in der Wirtschaft tätig, Kinder hat und sich sehr
viele Gedanken über deren Zukunft macht. Auf der anderen
Seite müssen wir uns, was Technik und Wissenschaft betrifft,
auch von unserer Fortschrittsgläubigkeit lösen. Da gibt
es nicht nur historische, spektakuläre Beispiele wie
die Kernenergie. Wir müssen an dieser Stelle Verantwortungsbewusstsein
entwickeln. Technik, Wissenschaft ist zunächst einmal
in ihren Ergebnissen wertneutral, aber sie wird wertig
durch das, was wir daraus machen. Aber wir müssen uns
auch lösen von dem Vorurteil auf der anderen Seite des
Zauns, dass Umweltschutz inkompatibel mit Wirtschaftswachstum
sei. Mit anderen Worten: Wir müssen lernen, uns innerhalb
dieser drei Interessengruppen besser zu verstehen. Wir
müssen lernen, miteinander zu sprechen, das heißt, wir
müssen lernen, eine gemeinsame Sprache zu sprechen.
(Folie 4) Das ist heute nicht der Fall, glauben
Sie mir das.
Viele der Vokabeln, die hier in diesem Kreis benutzt
werden, werden von dem einen oder anderen meiner industriellen
Kunden entweder nicht verstanden oder von vornherein
mit starkem Misstrauen belegt. An dieser Stelle müssen
wir arbeiten - wir müssen wirklich lernen, alle miteinander
zu reden.
Es müssen wirtschaftliche Anreize geschaffen werden
Nun lassen Sie mich auf den Unternehmer noch einmal
eingehen. (Folie 5) Was passiert denn im Kopf
des Unternehmers? Der Unternehmer muss wirtschaftliche
Tragfähigkeit im Auge haben. Er muss wirtschaftliche
Ziele erfüllen - das ist seine Aufgabe und das sollten
wir auch so akzeptieren. Wenn wir nun ökologische “Nebenwirkungen”
im Verhalten des Unternehmers erzielen wollen, dann
müssen wir entsprechende Anreize für ihn schaffen. Und
diese Anreize sind durchaus da. Wenn Sie sich ansehen,
wie heute in der produzierenden Industrie ein klassischer
Herstellungsprozess funktioniert, dann gibt es eine
ganze Reihe von möglichen Ansatzpunkten:
Was geschieht in einer Fabrik? Ein Teil der Inputs,
der gewünschte Teil, geht in Produkte und Dienstleistungen,
die ein Unternehmen generiert. Es entstehen zunächst
Herstellungskosten, während der Zeit der Produktnutzung
entstehen Servicekosten, und schließlich am Ende Kosten
für die Entsorgung des Produkts. Dazu kommen externe
Kosten, die der Unternehmer - zu recht oder zu unrecht
- nicht trägt, Umweltbelastungen usw.
Auf der anderen Seite haben wir den Teil, der in Abfall,
Abwasser, Abluft, Abwärme, eingeht, d.h. den “unerwünschten”
Teil. Und hier wird unter Umständen sehr viel vergeudet.
Es gibt also eine ganze Reihe von Ansatzpunkten, wie
man einen Unternehmer - ohne ihm die Daumenschrauben
von gesetzlichen Verordnungen anlegen zu müssen - über
rein wirtschaftliche Argumentation dazu bringen kann,
sich Gedanken darüber zu machen, wie er solche Prozesse
optimieren kann. Und Sie sehen, mit welcher Selbstverständlichkeit
heute die Entsorgung in vielen Branchen bereits in den
Produktions- und Produkt-Lebenszyklus-Gestaltungsprozess
einfließt.
Wir müssen systematisch einen konstruktiven Dialog
aufbauen
Wir
müssen die Beteiligten an einen Tisch kriegen - wir
müssen Betroffene zu Beteiligten machen. Dazu müssen
wir folgendermaßen vorgehen:
- Es geht erstens darum, die Zukunft zu erforschen,
Entwicklungstrends und ihre Auswirkungen zu erkennen.
Wo geht die soziale Entwicklung auf unseren Planeten
hin? Wo geht die technische Entwicklung hin? Wir müssen
uns aber auch damit beschäftigen, wohin die wirtschaftliche
Entwicklung geht. Wie entwickelt sich die Weltwirtschaft?
Seattle hat gezeigt, dass es hier - unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten
betrachtet - auch bedenkliche Entwicklungen gibt.
Aber es hat keinen Sinn, die Augen davor zu verschließen.
Es hat auch keinen Sinn, solche Entwicklungen einfach
zu verteufeln. Man muss sich stattdessen konstruktiv
mit ihnen auseinandersetzen, um sie verändern zu können.
- Zweitens muss man folgendes tun: Man muss seine
angestrebte Position festlegen. Was können wir als
Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Gesetzmäßigkeiten
der Weltwirtschaft - die heute teilweise durchaus
darwinistisch sind - tun, um einen Beitrag zu leisten?
Wir sind keine Insel.
- Das Dritte: Dann können wir einen organisatorischen
Rahmen schaffen. Ein nationaler Zukunftsrat ist der
richtige Weg, denke ich.
- Dann müssen wir entschlossen und konsequent handeln
und Verantwortungen festlegen.
Dazu
müssen wir einen systematischen Dialog aufbauen. (Folie
6) Dieser Dialog muss am Anfang sehr stark darin
bestehen, zunächst einmal Verständnis zu schaffen für
die Ziele, für die Strategien, für die Möglichkeiten,
aber auch für Grenzen der einzelnen Interessengruppen
in unserem Land. Dabei müssen wir uns darüber klar sein,
dass ein Unternehmer in Zeiten des “Shareholder Value”
unter sehr starkem Druck steht, dass er wirtschaftliche
Ziele hat, die immer enger werden. Es ist wichtig zu
verstehen, dass es zunächst andere Faktoren sind, die
sein Verhalten beeinflussen als die Faktoren, die vielleicht
die Politik beeinflussen, die die Politik umweltpolitisch
engagierter Menschen beeinflussen. Wir müssen lernen,
diese unterschiedlichen Ziele, diese unterschiedlichen
Verhaltensweisen zu verstehen und wir müssen dann versuchen,
Zielkongruenz herbeizuführen. Das heißt, wir müssen
versuchen, Wege zu finden, wie wir die Beteiligten dazu
bringen, an einem Strick zu ziehen, das Machbare herauszufiltern
und auch tatsächlich zu machen.
Das bedeutet für uns, das wir ein übergeordnetes Ziel
“Nachhaltiges Wachstum” zunächst einmal herunterbrechen
müssen in bearbeitbare Einzelziele - ob es die Sicherung
von Qualität und Quantität unserer Arbeitsplätze ist,
ob es die Erhaltung des Wirtschaftsstandortes Deutschland
ist, die effiziente Ressourcennutzung, der Umweltschutz
usw. (Folie 7) Diese Ziele können dann anschließend
bearbeitet werden. Dafür kann man Instrumente finden,
um voranzukommen. Aber zunächst einmal müssen wir Diskussionsplattformen
schaffen, auf denen die beteiligten Gruppen sich tatsächlich
austauschen, miteinander sprechen können. (Folie
8) Wenn dies nicht gelingt, wird auch in den nächsten
2,5 Jahren nichts passieren - und 10 Jahre nach Rio
werden wir immer noch dastehen und feststellen, dass
nicht weiter sind als damals vor 10 Jahren.
In diesem ganzen Prozess genügt es keinesfalls, endlos
rationale Argumente auszutauschen. Wir müssen uns auch
darüber im Klaren sein, dass es hier bei allen Beteiligten
Ängste gibt. Es gibt Berührungsängste gegenüber manchen
modernen Technologien, es gibt Berührungsängste auf
wirtschaftlicher Seite - häufig gegenüber dem Thema
Umweltschutz und ähnliche Dinge. Wir können eigentlich
nur eines tun: einen konstruktiven Dialog aufzubauen
und versuchen, Vertrauen zu schaffen. Wenn wir die ökologischen
Probleme dadurch lösen, dass wir den Wirtschaftsstandort
Deutschland mit seinen sozialen Komponenten vernichten,
dann werden wir das Ziel “Nachhaltiges Wachstum” nicht
erreichen.
Prof. Dr. Martin Jänicke:
Nachhaltigkeitsstrategien im europäischen Vergleich
Zusammenfassung: Nachhaltige Entwicklung betrifft
nicht nur das Ziel, diese Erde für künftige Generationen
bewohnbar zu erhalten. Es geht auch um einen neuen,
strategischen Ansatz langfristiger Umweltpolitik. Dieser
Ansatz ist letztlich eine neue Form von Umweltplanung.
Der neue strategische Politikansatz ist besonders beachtenswert
in Ländern, die ihn einerseits mit einer ökologischen
Steuerreform, einem ökologischen Technologieprogramm
und entsprechenden Investitionsanreizen flankieren und
ihn andererseits mit einer Reform des öffentlichen Sektors
verbinden. Dabei geht es dann generell um eine zielorientierte
Strategie des Public Management. Vorreiter dieses Ansatzes
waren bisher die Niederlande. Nunmehr kommt den skandinavischen
Ländern in dieser Hinsicht eine besondere Bedeutung
zu. Dabei erhält - verstärkt durch entsprechende Bemühungen
der EU und speziell der derzeitigen finnischen Ratspräsidentschaft
- das Ziel der ”Politikintegration” zunehmend Bedeutung.
Im Kern geht es dabei um eigenständige Nachhaltigkeitsstrategien
der ”Verursacherbereiche”, deren Kriterien und Qualitätsziele
extern durch Parlament oder Kabinett vorgegeben sind
und deren Umsetzung durch detaillierten Berichtspflichten
transparent gemacht werden soll.
1) Einleitung
Nachhaltige Entwicklung betrifft nicht nur das Ziel,
diese Erde für künftige Generationen bewohnbar zu erhalten.
Es geht auch um einen neuen, strategischen Ansatz langfristiger
Umweltpolitik. Dieser Ansatz ist in seinem Kern eine
neue Form von Umweltplanung. Sie wurde auf der Rio-Konferenz
1992 für alle Länder empfohlen und soll spätestens im
Jahre 2002 überall vorliegen.
Idealtypisch lässt sich diese in der Agenda 21 beschriebene
Planungsform - bei unterschiedlichen Bezeichnungen und
Varianten - durch folgende Merkmale kennzeichnen:
Ø Einvernehmliche Formulierung mittel- und langfristiger
Umweltziele
(Konsens),
Ø Einbeziehung wichtiger anderer Ressorts,
(Querschnittspolitik),
Ø Beteiligung der Verursacher an der Problemlösung,
(Verursacherbezug),
Ø Breite Beteiligung von Kommunen, Verbänden und Bürgern,
(Partizipation),
Ø Berichtspflichten über erzielte Verbesserungen
(Monitoring).
2) Rasches Diffusionstempo
Die Vorgabe der Rio-Konferenz zur Entwicklung einer
förmlichen Nachhaltigkeitsstrategie (NSDS) haben bereits
rund 80 Prozent der Industrieländer erfüllt. In einer
Reihe von OECD-Ländern liegt bereits die zweite oder
auch die dritte Fortschreibung der Strategie vor. An
der Forschungsstelle für Umweltpolitik untersuchen wir
u. a. die Ausbreitung umweltpolitischer Innovationen.
Dabei zeigt sich, dass nationale Nachhaltigkeitsstrategien
bzw. Umweltpläne ein besonders rasches Ausbreitungstempo
haben (s. Tabelle). Während nationale Umweltministerien
und Umweltbehörden 30 Jahre benötigten, um in alle Industrieländer
zu diffundieren, wird dies bei den nationalen Nachhaltigkeitsstrategien
nicht einmal halb so lange dauern. Umweltplanung hat
sich auch viel schneller international ausgebreitet
als dies bei technischen Innovationen üblich ist.
Tabelle: Umweltpläne in OECD-Ländern.
Land
|
Umweltplan (offizieller Name)
|
Jahr
|
Niederlande |
National
Environmental Policy Plan (NEPP); NEPP plus; NEPP
2, NEPP 3 |
|
Dänemark
|
Action
Plan for Environment and Development;
Nature and Environment Policy;
sectoral action plans, e.g. Energy 21 ( 1996)
|
|
Schweden |
Environmental Bill; Enviro '93; Towards Sustainable
Development in Sweden; Environmental Policy for
a Sustainable Sweden |
1988/1993/ 1994/1998
|
Finnland
|
Sustainable Development and Finland
Finnish Action for Sustainable Development
|
|
Großbritannien
|
This
Common Inheritance: Britain's Environmental Strategy;
Sustainable Development: The UK Strategy
|
|
Kanada
|
Canada's
Green Plan for a Healthy Environment
Environment Action Plan 1996/97-1999/2000
|
1990
1996
|
Frankreich |
National
Plan for the Environment/Green Plan (Plan Vert) |
1990
|
Südkorea |
Master
Plan (1991); Korea's Green Vision 21 |
1991/95
|
Mexiko |
1990-1994
National Programme for Environmental Protection;
1995-2000 National Programme for Environmental
Protection
|
1990
1995
|
Polen |
National
Environmental Policy (NEP) |
1991
|
Tschechische Republik |
Rainbow
Programme; State Environment Policy |
1991/95
|
Ungarn |
Short
and Medium-Term Environmental Action Plan;
Hungarian Environmental Protection Programme
|
1991
1997
|
Neuseeland |
Resource
Management Act (1991); Environment 2010 Strategy |
1995
|
Australien |
National
Strategy for Ecologically Sustainable Development |
1992
|
Österreich |
National
Environmental Plan (Nationaler Umweltplan - NUP) |
1995
|
Japan |
The
Basic Environment Plan;
Action Plan for Greening Government Operations
Fortschreibung das Basic Environmental Plan
(geplant)
|
1995
2000
|
Portugal |
National
Environmental Policy Plan (Plano Nacional da Política
de Ambiente) |
1995
|
Schweiz |
Strategy
for Sustainable Development in Switzerland (Strategie
Nachhaltiger Entwicklung in der Schweiz) |
1997
|
Irland |
Sustainable Development - A Strategy for Ireland |
1997
|
Norwegen |
Environmental Policy for a Sustainable Development (Report
to the Storting) |
1997
|
Luxemburg |
National
Plan for Sustainable Development (Plan National
pour un Developpement Durable) |
1998
|
Quelle: Jänicke/Jörgens 1998
3) Zur Rolle der Bundesrepublik
Das geschilderte Diffusionstempo jedenfalls fand in
diesem Land keinen besonderen Niederschlag. Erst im
April 1998 wurde von Ministerin Merkel der vom Kabinett
nicht beschlossene Entwurf für ein Schwerpunktprogramm
zur nachhaltigen Entwicklung vorgelegt (BMU 1998). Dies
kann sich zwar im Vergleich zu anderen Ländern in seiner
Zielstruktur durchaus sehen lassen. Aber der Verbindlichkeitsgrad
der Zielsetzung ist vergleichsweise gering. Es gibt
auch keine gesetzliche Verankerung der Strategiebildung
und ihrer Umsetzung.
Diese relative Zurückhaltung kontrastiert mit der Tatsache,
dass Deutschland unter der Regierung Brandt/Genscher
eine Vorreiterrolle in Europa einnahm und mit dem Umweltprogramm
1971 eine erste umfassende Planung vorlegte. ”Umweltplanung
auf lange Sicht” wurde dort als erstes Ziel formuliert.
Neben befristeten Reduktionszielen für Luft und Wasser
wurden weit über 100 Gesetzen und Verwaltungsvorschriften
geplant, 54 Maßnahmen sogar detailliert budgetiert.
1976 erfolgte eine Evaluation und Fortschreibung. Die
heute so wichtige Integration des Umweltschutzes in
andere Politikfelder wurde unter der Formel ”Umweltschutz
als Querschnittsaufgabe” bereits ausdrücklich verankert.
4) Umweltplanung und New Public Management
Einer der Gründe für die Zurückhaltung gegenüber nationaler
Umweltplanung ist ein Vorurteil: Umweltplanung wird
hierzulande nicht selten in die Nähe der zentralen Planwirtschaft
im Osten des Landes gerückt. Das ist ein arges Missverständnis
dieses Typs von kooperativer Planung.
Interessanterweise haben besonders solche Länder eine
nationale Nachhaltigkeitsstrategie bzw. Umweltplanung
eingeführt, die bei der Reform des öffentlichen Sektors
hervorgetreten sind. Dies gilt nicht nur für die skandinavischen
Länder und Holland, sondern auch für Kanada, Neuseeland,
Großbritannien und Japan.
Strategische Planung ist eine Selbstverständlichkeit
für Großunternehmen. Sie hat aber auch in neueren Konzepten
des Public Management Bedeutung erlangt. Den verschiedenen
(z. T. auch kritikwürdigen) Varianten von New Public
Management ist gemeinsam, dass sie im Gegensatz zum
klassisch bürokratischen Ansatz nicht von allgemeinen
Regeln, sondern konkreten, befristeten Zielvorgaben
ausgehen, deren Umsetzung operativ planen und organisieren
und durch ein detailliertes Controlling-System überprüfen.
Im traditionellen Politikansatz waren die Ziele zumeist
vage, aber die Instrumente genau. Im neuen Ansatz werden
nunmehr die Ziele klar definiert, die Instrumente und
operativen Mittel aber flexibel gehandhabt (Damkowski/Precht
1995, Naschold/Bogumil 1998, Jänicke/Kunig/Stitzel 1999).
Diese Ziel- und Ergebnisorientierung wird auch als Management
by objectives bezeichnet. Dieser Ansatz setzt Verwaltungen
unter konkreten Leistungs- und Erfolgszwang. Die Zielvorgaben
der niederländischen, schwedischen und norwegischen
Umweltplanung beziehen sich beispielsweise ausdrücklich
auf den Ansatz des Management by objective (s. Kasten).
Management by Objectives und Umweltpolitik-Integration
(Beispiele):
Schweden: ”The Government proposes a new structure
for the elaboration and implementation of environmental
goals...Within the new structure, Environmental quality
goals will constitute the basis of a system of management
by objectives and results, which in the Government's
view is the most effective kind of implementing a broad
environmental strategy involving participants in all
sectors” (Ministry of the Environment 1998).
Norwegen: ”The Government will clarify the sector's
responsibility for achieving environmental policy goals
through sectoral environmental action plans based on
the principles of management by objectives and cost
effectiveness...The Government will further develop
a national result monitoring system for implemented
environmental measures, environmental impacts, and the
state of the environment. This will provide...a basis
for a goal-oriented and cost-effective environmental
policy across the sectors, and ensure that environmental
concerns are integrated in sector policies in line with
the principle of sectoral environmental responsibility”
(Ministry of the Environment 1997).
5) Umweltplanung als Modernisierung von Umweltpolitik
Jenseits des erhöhten Erfolgszwangs trägt Umweltplanung
potentiell aber auch zur Modernisierung von Umweltpolitik
bei:
* Der neue Typ der Umweltplanung kann zur Entlastung
der nationalstaatlichen Umweltpolitik beitragen. Durch
Konzentration auf eine einvernehmliche Zielbildung auf
breiter Basis kann die Umsetzung häufig auf nichtstaatliche
Akteure delegiert werden. In diesem Fall kann sich der
Staat auf flankierende Maßnahmen und die Rolle einer
"letzten Instanz" beschränken, die erst eingreift, wenn
dezentrale Maßnahmen sich als unzulänglich erweisen.
Dezentrale Aktionen - insbesondere von Städten und Industriezweigen
- bedürfen aber notwendig der nationalen Umweltplanung
als Orientierungsrahmen. In den Niederlanden, in Schweden
und in Neuseeland war Umweltplanung auch mit Verwaltungsvereinfachungen
verbunden.
* Industrieländer wie die Bundesrepublik verfügen über
ein breites Spektrum "sektoraler" Umweltpläne: Beispiele
sind die Raumordnung, Landschaftsplanungen, Abfallwirtschafts-
und Entsorgungspläne, Gewässerschutz- und Luftreinhaltepläne
oder auch das Klimaprogramm. Diese Pläne sind unverbunden,
nicht aufeinander bezogen und oft bereits in Nachbarverwaltungen
unbekannt. Das "Gedächtnis" der Politik für die von
ihr selbst formulierten Ziele ist oft so kurz wie deren
Transparenz gering ist. Umweltpläne (die sich zudem
moderner Informationstechniken bedienen können), ermöglichen
einen Überblick über den Stand umweltpolitischer Zielvorgaben.
Unter Einbeziehung internationaler Verpflichtungen können
sie eine wichtige Informationsbasis für ein breites
Spektrum von Akteuren sein. In Österreich begann der
Planungsprozess mit der Zusammenfassung von 134 bereits
vorhandenen Zielvorgaben. Der japanische Umweltplan
von 1995 besteht überwiegend aus einer Zusammenfassung
bereits bestehender Fachpläne und gesetzlicher Zielvorgaben.
* Entwickelte Strategien nachhaltiger Entwicklungen
setzen allerdings Priotäten und formulieren - neben
dem generellen Zieltableau der Umweltpolitik - Schwerpunkte,
in denen eine besondere ”strategische” Anstrengung der
Gesellschaft unternommen werden soll. Nachhaltige Entwicklung
betrifft ja im Kern Problembereiche, in denen befriedigende
Lösungen bis dahin nicht erzielt wurden. Moderne Umweltplanung
kann die Handlungsbedingungen für die Lösung von Zukunftsproblemen
verbessern, deren Dringlichkeit nicht durch Erfahrung
deutlich wird. Hier haben wissenschaftliche Prognosen
und Analysen eine wichtige Ersatzfunktion.
* Eine wissenschaftlich begründete Zielbildung ist
insbesondere angesichts der schleichenden Akkumulation
von Umweltbeeinträchtigungen unvermeidlich: Auch wenn
die jährlichen Flussgrößen an Emissionen oder Abfällen
sinken, nehmen die angehäuften Bestände an Schadstoffen
und Eingriffen in der Umwelt zu - nur langsamer. Es
sind vor allem die reichen Länder, die - als alte Industrieländer
- mit einer kritischen Akkumulation von Umweltbelastungen
ringen. Es ist wenig wahrscheinlich, dass diese schwer
vermittelbare - den wahrnehmbaren Erfolgen des Umweltschutzes
widersprechende - Akkumulationsproblematik im Routineverfahren
gelöst werden kann.
* Nationale Umweltplanung im Sinne der Agenda 21 will
nicht zuletzt durch Beteiligung zusätzlicher Akteure
die Handlungsfähigkeit von Umweltpolitik erhöhen.
6) Umweltplanung und wirtschaftliche Innovation
Auch wirtschaftliche Vorteile sprechen für eine umweltpolitische
Langzeitplanung, insbesondere solche, die mit Innovationen
verbunden sind (vgl. Porter/van der Linde 1995, Hemmelskamp
1997):
* Umweltplanung verringert mit ihren Zielvorgaben das
Investitionsrisiko für umweltbewusste Pionierunternehmen.
* Sie schafft potentiell zusätzliche Motive, Orientierungen,
Informationen und Kommunikationskanäle für technische
Innovateure.
* Sie macht die Umweltpolitik für Investoren langfristig
kalkulierbar und unberechenbare Veränderungen der Politik,
z.B. als Folge veränderter Parteikonstellationen, weniger
wahrscheinlich.
* Sie ist häufig eine Strategie, Ressourcen effizient
und kostengünstig zu verwenden, Umweltkosten zu senken
und auf dem Weltmarkt der durch Umweltkennzeichen u.
ä. geprägten Produkte Wettbewerbsvorteile zu erringen.
* Sie ist potentiell eine Strategie, langfristig unvermeidbare
Umweltschutzmaßnahmen wirtschaftsverträglich zu gestalten
oder mit wirtschaftlichen Vorteilen zu verbinden (sog.
win-win-Lösungen).
* Sie ist potentiell eine vorsorgliche Strategie gegen
ökologische Standortverschlechterungen, unbezahlbare
Schadenskosten und folgenschwere Verluste an Naturkapital.
* Ihr Kalkül könnte die hohe Wahrscheinlichkeit einer
wachsenden Umweltnachfrage sein, die bei global wachsender
Bevölkerung und Güterproduktion durch die begrenzte
Aufnahmekapazität der Erde für Umweltbelastungen entsteht.
(Die langfristigen Präferenzen in anderen Bereichen
sind weit weniger gut vorhersehbar.)
Die technologie- und wettbewerbspolitische Seite der
Umweltplanung bzw. Nachhaltigkeitsstrategie ist in Deutschland
gar besonders hervorzuheben. Südkorea verkündet in seinem
Zehnjahresplan des Umweltschutzes von 1995 eine ehrgeizige
Exportstrategie für Umwelttechnik. Die Notwendigkeit
eines strengen Umweltschutzes wird auch mit "ökologischen"
Wettbewerbsbarrieren reicher Ländern begründet (Ministry
of Environment 1995). Neuseeland und Irland heben in
ihrer Umweltplanung das grüne Image des Landes als Exportvorteil
hervor und betonen die Wettbewerbschancen durch ressourceneffiziente
Technologien. Dänemark verweist auf die bereits eingetretenen
Export- und Beschäftigungswirkungen insbesondere seines
unlängst aktualisierten Plans Energie 2000 von 1990
(Ministry of Environment and Energy 1995). Im in einem
der letzten Umweltberichte der schwedischen Regierung
heißt es: "Umweltpolitik trägt zur Modernisierung der
schwedischen Wirtschaft bei. Umweltverbesserungen sind
ein wichtiger Wettbewerbsfaktor geworden" (Ministry
of Environment 1996). In den Niederlanden hat seit dem
ersten Umweltplan (1989) die Bedeutung "integrierter"
umweltfreundlicher Technologien, wie beabsichtigt, signifikant
zugenommen (Crul/Schelleman 1995, VROM 1993).
7) Vier Beispiele entwickelter nationaler Umweltplanung
Kein bisheriger Umweltplan gleicht dem anderen. Die
Varianten sind, wie oben gezeigt wurde, äußerst zahlreich.
Viele der Umweltpläne oder Nachhaltigkeitsstrategien
sind nicht viel mehr als ein erster Schritt hin zu einer
verbindlichen Programmierung der Politik auf langfristige
Umweltziele (so etwa der österreichische Nationale Umweltplan).
Andere Pläne haben eine differenzierte Zielstruktur
und wirksame Mechanismen der Umsetzung. Aber auch hier
sind die Ansätze unterschiedlich. Vier Beispiele entwickelter
nationaler Umweltplanung mögen dies verdeutlichen:
(1) Der Nationale Umweltpolitikplan der Niederlande
von 1989 (NEPP), der 1993 und 1997 fortgeschrieben wurde
(NEPP 2 und 3), ist nach Zielqualität, Verbindlichkeit
und gesellschaftlicher Beteiligung der weitestgehende.
In vieler Hinsicht ist er international zum Modell geworden.
Der Plan, der 200 meist quantifizierte und zeitlich
befristete Einzelziele enthält, wurde vom Umweltamt
(RIVM) konzipiert, vom Umweltministerium durchgesetzt
und von wichtigen Ministerien (Verkehr, Wirtschaft,
Landwirtschaft) mitgetragen. Die Zielbildung erfolgt
konsensual und auf breiter gesellschaftlicher Basis.
Nationale und provinziale Vierjahrespläne sind seit
1993 gesetzlich vorgeschrieben. Besonderheit des niederländischen
Planungssystems ist die Unterfütterung durch ein System
freiwilliger, aber verbindlicher und überprüfter Vereinbarungen
(covenants), vor allem mit Industrieverbänden. Dazu
werden die Umweltziele in einer Matrix-Struktur nach
Problembereichen und Verursacherbereichen dargestellt
(s. Abbildung). Der soeben vorgelegte dritte Nationale
Umweltplan sieht vor, dass künftig die Umweltplanung
vorrangig auf sektorale Probleme und deren Lösungen
ausgerichtet wird, wobei das Schwergewicht auf Verkehr,
Landwirtschaft und Industrie gelegt wird. Die ökologische
Steuerreform soll weiter ausgebaut und die Energie-/CO2-Steuer
erhöht werden. Der Anteil der Umweltabgaben an den Einnahmen
des Zentralstaates stieg von 11 (1994) auf 14 Prozent
(1998). Die bilanzierten bisherigen Ziele wurden teils
übererfüllt, bei CO2 und bei verkehrsbedingten Emissionen
aber nicht erreicht.
(1)
Themen und Zielgruppen der niederländischen
Umweltplanung
Themen
Ziel-
grup-
pen
|
Kli-
ma-
wan-
del |
Ver-
sau-
erung |
Eu-
tro-
phie-
rung |
To-
xische Sub-
stan-
zen |
Bo-
den-
konta-
mi-
nation |
Ab-
fall |
Be-
lästi-
gung (Lärm etc.) |
Grund-
wasser-
er-
schöp-
fung |
Er-
schöp-
fung
natür-
licher Res-
sour-
cen |
Kon-
su-
menten |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Land-
wirt-
schaft |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Indus-
trie |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Raffi-
nerien |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Ener-
gie-
wirt-
schaft |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Einzel-
handel |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Trans-
port |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Bau-
wirt-
schaft |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Abfall-
wirt-
schaft |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Was-
ser-
wirt-
schaft |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Quelle: Ministry of Housing, Spatial Planning and the
Environment, 1998, S. 14
(2) Der schwedische Ansatz besteht in parlamentarischen
Zielvorgaben, die - wie in den Niederlanden .- von der
Umweltbehörde wissenschaftlich vorbereitet und vom Umweltministerium
vorgeschlagen werden. Parlamentarische Quasi-Pläne dieser
Art dieser Art gab es bereits in den Environmental Bills
von 1988 und 1991. Besondere Bedeutung hatte 1993 die
vom Umweltamt vorgelegte Strategie "Enviro '93", mit
sektoralen Programmen für wichtige Verursacherbereiche
(Industrie, Energie, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft,
Wasserver- und -entsorgung). 1998 wurde, zusammen mit
einem neuen Umweltgesetzbuch (Environmental Code), eine
neue umfassende Zielstruktur als Gesetz (Environmental
Bill) verabschiedet. Danach soll Schweden ”a driving
force and a model of ecologically sustainable development”
werden. Die Umweltstrategie soll auch zur Modernisierung
der Industrie beitragen. Als Orientierungsziel wird
u. a. vorgegeben, innerhalb einer Generation den Faktor
10 beim Ressourcenverbrauch anzustreben. Es wird ein
neuer Mechanismus für die Ausarbeitung und Umsetzung
von Umweltzielen auf der Basis eines Systems des ”management
by objective and results” formuliert (s. o.). Die von
Regierung und Parlament 1997 formulierten 15 grundlegenden
Umweltqualitätsziele dienen dabei als Orientierungsrahmen
für die ”Definition von Zielen und Strategien in unterschiedlichen
Sektoren auf unterschiedlichen Handlungsebenen”. Kern
dieses neuen Ansatzes ist die förmliche Zuweisung der
Umsetzungsverantwortung an über 20 Fachhörden (Ministry
of the Environment 1998). Über die Umsetzung der Planung
wird von der Umweltbehörde regelmäßig berichtet. Es
bestanden bisher 170, häufig quantitative Zielvorgaben
mit unterschiedlicher Befristung, so etwa ein Verwendungsstopp
für chlorierte Lösemitteln (bis 1995), Quecksilber (bis
2000) und Blei (keine Frist). Von 67 Zielen, die die
nationale Umweltbehörde 1996 evaluierte, wurden 46 erreicht
oder haben eine entsprechend günstige Prognose. Das
Ziel einer Reduzierung der Schwefeldioxid-Emissionen
um 80% bis zum Jahr 2000 (Basis 1980) wurde bereits
1994 erreicht; ebenso wurde das Ziel einer Halbierung
des Pestizideinsatzes bis 1990 realisiert, die nochmalige
Reduktion um 50% bis 1996 dagegen nicht in vollem Umfang.
Nicht erfüllte Ziele, z. B. die Verringerung der NOx-Emissionen
um 30% bis 1995 (Basis 1980), führten meist zur Neukonzipierung
von Maßnahmen. Bei der Umsetzung wird zunehmend auf
Umweltabgaben im Rahmen einer umfassenden Steuerreform
zurückgegriffen. - Alle 288 Lokalverwaltungen haben
den Agenda-21-Prozeß eingeleitet. Parallel dazu wurde
1997 ein Umweltinvestitionsprogramm für die Kommunen
in Höhe von 12,6 Mrd. SEK für 1998-2000 beschlossen.
(3) Dänemark hat schon 1988 - in Anlehnung an
den Brundtland-Report (WCED 1987) - einen Aktionsplan
für Umwelt und Entwicklung vorgelegt, der u. a. das
ehrgeizige Ziel einer Reduzierung der CO2-Emissionen
um 20 Prozent bis zum Jahre 2005 (gegenüber 1988) vorsah.
Die Stärke des Landes waren aber umweltorientierte sektorale
Fachpläne, etwa die Aktionspläne für die Verursacherbereiche
Energie, Landwirtschaft und Transport (Transport 2005,
1999). Ferner der Aktionsplan für die ”aquatische Umwelt”
(1987, 1998) sowie die stark ökologisch ausgerichtete
räumliche Planung. Besonders entwickelt ist die Energieplanung.
Seit der Ölkrise liegt bereits der vierte Energieplan
vor ("Energy 21", 1996). Dieser enthält Ziele für den
Zeitraum bis 2030, u. a. quantitative Vorgaben für die
Senkung des Energieverbrauchs (um 15 Prozent), die Halbierung
der CO2-Emissionen und die Steigerung des Anteils erneuerbarer
Energien auf ein Drittel (Danish Energy Agency 1996).
Eine umfassende "strategische Umweltplanung" wurde 1993
beschlossen. Dieser Beschluss fiel mit einer weitgehenden
ökologischen Steuerreform zusammen, die stark auf Umweltabgaben
setzt und die Energiesteuern planmäßig bis 2000 erhöht.
Das integrierte Planungssystem befindet sich noch im
Aufbau, ist aber bereits im Umweltbericht von 1995 konzipiert
und im Folgebericht von 1999 mit systematischen Zielvorgaben
weiter ausgebaut worden (Ministry of Environment and
Energy 1995, 1999). Ziel ist u. a. eine "Minimierung
des Ressourcenverbrauchs" und eine systematische Integration
von Umweltkriterien in die wirtschaftsnahen Politikfelder.
Ähnlich den Niederlanden hat Dänemark eine vorwiegend
auf Verursachersektoren bezogene, breit akzeptierte,
dialogförmige, und auf technische Innovationen gerichtete
Form der Umweltplanung.
(4) Erstaunlicherweise kommt in Südkorea die
1987 im Zeichen hoher Umweltbelastung (und der Olympischen
Spiele von 1988) eingeführte und 1990 gesetzlich verankerte
nationale Umweltplanung der niederländischen in vielen
Punkten sehr nahe. Wie diese ist sie - bis in die Budgetierung
der Ziele - konkret vorgeschrieben. Der zweite Fünfjahresplan
(1992-96) umfasste ein Kostenvolumen in der Größenordnung
von bis zu einem Prozent des Bruttosozialprodukts jährlich.
Bereits 1995 waren einige seiner Ziele übererfüllt (bei
Schwefeldioxidemissionen und städtischen Grünflächen),
andere erwiesen sich als zu ambitioniert, führten aber
ebenfalls zu Verbesserungen. 1997 wurde der dritte Mittelfristplan
beschlossen. Die rund 30 quantitativen Zielvorgaben
des 1995 beschlossenen, jährlich fortgeschriebenen Zehnjahresplanes
("Korea's Green Vision 21") betreffen die zentralen
Umweltbereiche (Luft, Wasser, Abfall, Naturschutz, Chemikalien).
Sie wurden vom Umweltministerium und seiner Planungsabteilung
in z. T. konfliktreichen Abstimmungsprozessen mit anderen
Zentralverwaltungen durchgesetzt. Der Plan enthält das
Ziel, Korea zum ”Model Country of Environmental Preservation”
zu machen. Der Plan wird laut Gesetz vom Staatsrat beschlossen.
Wie in anderen Ländern spielen sektorale Fachpläne (insbesondere
für Abfall, Energie und Raumordnung) eine ergänzende
Rolle. In der Energieplanung geht es beispielsweise
um eine Rückführung der energieintensiven Industrien.
Diese müssen Fünfjahrespläne für die Steigerung der
Energieeffizienz vorlegen. Die Partizipation bei der
Zielformulierung ist schwächer als im niederländischen
Fall. Die Zielerreichung wird jährlich bilanziert. Die
eingetretene Wirtschaftskrise könnte zu Vollzugsproblemen
führen. Andererseits steht der neu gewählte Präsident
den Umweltverbänden näher als der alte.
8) Erste Evaluation von Wirkungen
Bei der Beurteilung vorhandener Umweltpläne im OECD-Bereich
muss zunächst gesagt werden, dass die Mehrheit der vorhandenen
Umweltpläne überwiegend allgemein formulierte erste
Schritte in Richtung einer integrierten, zielorientierten
Politikformulierung darstellen. Dabei werden in der
Literatur vor allem die folgenden Defizite gesehen (JÄNICKE
et al., 2000; SRU, 1998, 2000; DALAL-CLAYTON, 1996;
OECD, 1995):
* Die Umweltziele sind häufig vage formuliert, d.h.
sie sind nicht quantifiziert, oft fehlen konkrete Umsetzungsfristen.
* Die daraus resultierende Unverbindlichkeit der Umweltziele
führt zu einer mangelnden Überprüfbarkeit der Zielerreichung.
Eine effektive ziel- und ergebnisorientierte Steuerung
ist auf dieser Grundlage kaum möglich.
* Die Umweltziele werden nicht aus der Problemdiagnose
abgeleitet (Problemvergessenheit), es werden Antworten
gegeben, ohne dass die Fragen hinreichend klar sind.
* Häufig ist eine Beschränkung auf herkömmliche Umweltschutzziele
zu beobachten. Auf die Thematisierung und Bearbeitung
der bisher weitgehend ungelösten "schleichenden” Umweltprobleme
wird oft verzichtet.
* Die häufig fehlende gesellschaftliche Konsensbasis
macht die Umweltplanung anfällig für Veränderungen der
politischen Prioritäten - insbesondere im Falle eines
Regierungswechsels.
* In der Mehrheit der Fälle ist eine schwache Institutionalisierung
des Planungsprozesses zu beobachten. Klare Verantwortlichkeiten
und Ablaufstrukturen fehlen oft.
* Schließlich ist generell ein geringer Grad der Politikintegration,
d.h. der Berücksichtigung von Umweltzielen in den Entscheidungen
anderer, umweltrelevanter Ressorts, festzustellen. Hier
sind allerdings gerade in den letzten Jahren - auch
von der EU - Anstrengungen einer Verbesserung unternommen
worden.
* Kritisiert wird an einzelnen Planungsvorgängen auch
das Fehlen an öffentlicher Beteiligung (z. B. im Falle
Österreichs und der Schweiz).
Positiv zeigt der internationale Vergleich eine Reihe
bemerkenswerter Strategieansätze. Dabei zeichnen sich
die am weitesten entwickelten Nachhaltigkeitsstrategien
- neben der Formulierung konkreter Umweltziele - insbesondere
durch folgende Faktoren aus:
* eine Institutionalisierung der Nachhaltigkeitsstrategie
durch Schaffung einer gesetzlichen Basis und Stärkung
der federführenden Umweltministerien und Umweltämter
(Niederlande, Schweden, Dänemark und Südkorea, ferner
Japan und Neuseeland),
* eine Konzentration auf die Umweltaspekte der Nachhaltigkeit
bei starker Betonung ihrer Sozial- und Wirtschaftsverträglichkeit
bzw. ihrer Vorteile (win-win-Konstellationen) für andere
Politikfelder,
* eine Einbindung der Umweltplanung in die Reform des
öffentlichen Sektors (Niederlande, skandinavische Länder;
erwähnt sei auch Kanada, Großbritannien, Neuseeland
und Japan),
* eine parallel zum Umweltplan eingeführte ökologische
Finanzreform (Niederlande, skandinavische Länder) bzw.
ein umfassendes System von Umweltabgaben (Südkorea),
* einen stark technologie- und forschungspolitisch
orientierten Ansatz der Umweltpolitik (Niederlande,
skandinavische Länder, Südkorea) und
* deren Verstärkung durch ökologische Investitionsprogramme
(Schweden, Niederlande, Südkorea).
Spezielle Einrichtungen wie ein Council für Sustainable
Development sind bis auf Finnland kein hervorzuhebendes
Merkmal. Im Falle der Schweiz hat eine hochrangige zusätzliche
Institution (IDARio) ein eher mageres Ergebnis hervorgebracht.
Über die Umweltwirkungen des neuen strategischen Ansatzes
der Umweltplanung kann noch nicht viel ausgesagt werden,
da die Laufzeit der nationalen Umweltpläne bzw. Nachhaltigkeitsstrategien
im Regelfall noch kurz ist. Insgesamt befindet sich
die Strategieentwicklung noch in einer Phase des learning
by doing. Das heißt aber nicht, dass Wirkungen nicht
zu verzeichnen sind; die bloße Tatsache, dass beispielsweise
Verkehrs- oder Agrarministerien an der Entwicklung langfristiger
Umweltziele beteiligt sind, dass ein breiter Diskurs
hierzu stattfindet und schließlich auch eine internationale
Berichtspflicht besteht, verändert auch die Handlungsbedingen
der Umweltpolitik. Ursache und Wirkung sind in einem
so komplexen und dynamischen Handlungsgefüge allerdings
kaum präzise zu messen.
Die Zielerfüllung in drei Fällen fortgeschrittener
Umweltplanung, den Niederlanden, Schweden und Südkorea,
wurde bereits angesprochen. In allen drei Fällen fällt
auf, dass kaum ein quantitatives Ziel exakt erfüllt
wurde. Eine beachtliche Gruppe von Zielen wurde nämlich
übererfüllt (durchgängig z. B. das Reduktionsziel für
Schwefeldioxid). Andere Ziele - insbesondere die Vorgaben
für verkehrsbedingte Emissionen - wurden nicht erreicht,
obwohl auch in dieser Gruppe im Regelfall Verbesserungen
erzielt wurden. Als Politikforscher ist man darüber
nicht überrascht: Zu den Unsicherheiten von Planung
gehören sowohl die unerwarteten Dynamisierungseffekte
einer Maßnahme als auch die nicht vorhersehbaren oder
unzureichend antizipierten Widerstände (Restriktionen).
Das interessanteste Ergebnis aus den drei Ländern könnte
sein, dass bei der großen Mehrzahl der Ziele Trendverbesserungen
gegenüber dem vorherigen Zustand zu verzeichnen sind,
und zwar auch dann, wenn ehrgeizige Zielvorgaben nicht
erfüllt wurden. Da in den drei Fällen die Umweltplanung
einen hohen institutionellen Verbindlichkeitsgrad hat
und die Zielvorgaben ein breites Spektrum von Folgemaßnahmen
auslösten, kann auch unterstellt werden, dass die eingetretenen
Trendverbesserungen wesentlich dem gewählten strategischen
Ansatz zuzuschreiben sind. Für die Niederlande, Schweden
und Dänemark lassen sich auch Innovationseffekte auf
die Planungsaktivität zurückführen, ohne dass dazu systematische
Aussagen gemacht werden können.
Die Evaluation Vorreiterfälle zeigt also auch, wie
offen diese gesamte Thematik noch ist, welche Unzulänglichkeiten
zu überwinden sind und welcher Informationsbedarf generell
noch besteht. Derzeit unternimmt z. B. eine Reihe von
OECD-Ländern, aber auch die EU den Versuch, die mit
Nachhaltigkeitsstrategien verbundene schwierige Integration
von Umweltzielen in die übrigen Ressorts mit neuen Mechanismen
zu verwirklichen. Hier ist also ein institutioneller
Innovationsprozess im Gange, der andauert. Die kritisch-produktive
Auswertung der international gemachten Erfahrungen ist
daher dringend geboten.
Ausgewählte Literatur:
BMU, 1998: Nachhaltige Entwicklung in Deutschland,
Bonn.
BUND und Misereor (Hrsg.), 1996: Zukunftsfähiges Deutschland.
Ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung.
Basel, Boston, Berlin: Birkhäuser Verlag.
Crul, Marcel und Fred Schelleman, 1995: Long-term Environmental
Planning and the Use of Integrated Environmental Technology:
The Dutch Experience. Project Commissioned by the Office
of Technology Assessment of the German Parliament (TAB).
Bonn.
Dalal-Clayton, Barry, 1996: Green Plans. National-Level
Experience in Industrial Countries. London.
Damkowski, Wulf / Precht, Claus, 1995: Public Management.
Neuere Steuerungskonzepte für den öffentlichen Sektor.
Stuttgart, Berlin, Köln.
Danish Energy Agency / Ministry of Environment and
Energy, Denmark 1996: Energy in Denmark, Kopenhagen.
Government of Canada, Ministry of Supply and Services,
1990: Canada's Green Plan for a healthy environment.
Ottawa, Ontario.
GTZ 1995: Erfarungen und Ansätze der TZ bei der Unterstützung
von Umweltaktionsplänen, Deutsche Gesellschaft für Technische
Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, Eschborn.
Hemmelskamp, Jens (1997): Umweltpolitik und Innovation
- Grundlegende Begriffe und Zusammenhänge. In: Zeitschrift
für Umweltpolitik und Umweltrecht 20, Heft 4.
Jänicke, Martin und Helge Jörgens, 1996: National Environmental
Policy Plans and Long-term Sustainable Development Strategies:
Learning from International Experiences. FFU-rep 96-5.
Berlin: Forschungsstelle für Umweltpolitik.
Jänicke, Martin, Carius, Alexander, Jörgens, Helge,
1997: Nationale Umweltpläne in ausgewählten Industrieländern,
herausgegeben von der Enquéte-Kommission "Schutz des
Menschen und der Umwelt" des Deutschen Bundestages.
Berlin etc.
Jänicke, Martin und Helmut Weidner (Eds.) (in collaboration
with Helge Jörgens), 1997: National Environmental Policies.
A Comparative Study of Capacity-Building, Berlin, Heidelberg,
New York etc.
Jänicke, Martin, Kunig, Philip, Stitzel, Michael, 1999:
Lern- und Arbeitsbuch Umweltpolitik, Bonn.
Ministry for the Environment, New Zealand, 1995: Environment
2010 Strategy. A Statement of the Government's Strategy
on the Environment. Wellington.
Ministry of Environment and Energy, 1995: Denmark's
Nature and Environmental Policy 1995. Summary Report.
Kopenhagen.
Ministry of Environment and Energy, 1999: Natur- og
Miljoepolitisk Redegoelse 1999. Kopenhagen.
Ministry of the Environment, 1996:Our Environment.
Environmental Activities During the Year, Stockholm.
Ministry of the Environment, 1998: Swedish Environmental
Quality Objectives. Stockholm.
Ministry of Environment, 1995: Korea's Green Vision
21. Kwacheon.
Ministry of Housing, Physical Planning and Environment
(VROM), 1989: To Choose or to Lose: National Environmental
Policy Plan. The Hague
Ministry of Housing, Physical Planning and Environment
(VROM), 1990: National Environmental Policy Plan Plus.
The Hague.
Ministry of Housing, Physical Planning and Environment
(VROM), 1993: National Environmental Policy Plan 2:
The Environment: Today's Touchstone. The Hague.
Naschold, Frieder / Bogumil, Jörg, 1998: Modernisierung
des Staates. New Public Management und Verwaltungsreform,
Opladen.
OECD, 1995: Planning for Sustainable Development. Country
Experiences. Paris: OECD.
OECD / IEA (International Energy Agency) 1996: Energy
Policies of IEA Countries. 1996 Review. Paris.
Österreichische Bundesregierung, 1995: Österreich -
Nationaler Umwelt Plan. Wien.
Porter, Michael E. / van der Linde, Claas (1995): Green
and Competitive: Ending the Stalemate. IN: Harvard Business
Review, Sept./Oct. 1995, 120-134.
The Presidents Council (1996): Sustainable America.
A New Consensus for Prosperity, Opportunity, and a Healthy
Environment for the Future, Washington, D.C.
RRI (Resource Renewal Institute), 1996: A Green Plan
Primer. Abrufbar auf der WorldWideWeb Seite des Resource
Renewal Institute (http://www.rri.org/index.html).
WCED (The World Commission on Environment and Development)
1987: Our Common Future, Oxford.
Cornelia Quennet-Thielen
Nationaler Nachhaltigkeitsrat in Deutschland
Ich möchte mich ganz herzlich für die Einladung zu
dieser Veranstaltung bedanken. Sie kommt zum rechten
Zeitpunkt, um die vielfältigen, derzeit laufenden Gespräche
und Überlegungen zur Nachhaltigkeitsstrategie zu vertiefen
und zu bündeln. Sie ist damit eine willkommene Gelegenheit,
auch unsere eigenen Überlegungen nochmals zu reflektieren.
Viel ist zum Thema bereits von meinen Vorrednerinnen
und Vorrednern gesagt worden - auch zur Idee eines nationalen
Nachhaltigkeitsrates. So hat Frau Parlamentarische Staatssekretärin
Altmann einleitend einen Überblick über bereits Geleistetes
wie auch die Überlegungen zum weiteren Vorgehen im Bundesumweltministerium
und der Bundesregierung gegeben. Lassen Sie mich daran
anknüpfen - auch wenn die Abstimmungen noch nicht in
allen Details abgeschlossen sind.
§ Die Bundesregierung misst dem Ziel einer nachhaltigen
Entwicklung hohe Bedeutung zu. Sie hat sich die ökologische
Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft zum Ziel
gesetzt. Die große Aufgabe unserer Generation besteht
darin, den in den letzten 50 bis 100 Jahren gewachsenen
- und in anderen Weltregionen allmählich entstehenden
- Wohlstand auf eine zukunftsfähige Grundlage zu stellen.
Wir dürfen künftigen Generationen keine Hypotheken hinterlassen.
Das gilt für die Staatsfinanzen und die sozialen Sicherungssysteme.
Es gilt gleichermaßen für unsere natürlichen Lebensgrundlagen
und die Gesundheit der Menschen. Auf Energie, natürliche
Ressourcen und intakte Ökosysteme werden künftige Generationen
genauso angewiesen sein wie wir. Ich frage mich, ob
die vielfach sehr emotional geführte Diskussion um Gleichrangigkeit,
Vorrang und Grenzen wirklich im Zentrum der jetzt notwendigen
Diskussion stehen muss. Jeder, der verantwortungsvoll
nicht nur für heute, sondern auch für morgen sorgen
will, muss doch erkennen, dass die langfristige Erhaltung
unserer natürlichen Lebensgrundlagen Grundbedingung
für wirtschaftliche Prosperität ist. Diese ökologische
Begrenzung ist eine Tatsache - und die sind bekanntlich
nicht verhandelbar.
§ Wir müssen uns dabei auch immer wieder deutlich machen,
dass es um Nachhaltigkeit heute und morgen nicht nur
in Deutschland oder Europa geht, sondern weltweit. Zu
oft verengt sich unsere Diskussion auf das eigene Wohlergehen
- nach dem alten Motto: Das Hemd ist näher als der Rock.
Die Menschen in anderen Teilen der Welt, insbesondere
in den Entwicklungsländern, werden ausgeblendet. Wir
können jedoch Nachhaltigkeit nicht im eigenen Land und
Kontinent allein erreichen. Die weltweite Dimension
müssen wir deshalb bei der Erarbeitung unserer nationalen
Nachhaltigkeitsstrategie kontinuierlich mit einbeziehen.
Jürgen Maier hat bereits einige wichtige Handlungsbereiche
genannt. So müssen wir vor dem Hintergrund der Globalisierung
einen Wettlauf um die niedrigsten Umweltstandards verhindern.
Umweltdumping kann nicht akzeptiert werden. Vielmehr
müssen alle Anstrengungen unternommen werden, ökologische
Standards und Normen ständig zu verbessern und zu harmonieren.
Dafür ist eine verstärkte internationale Umwelt- und
Entwicklungspartnerschaft unabdingbar.
§ Meßlatte unserer Aktivitäten bilden dabei die drei
Managementregeln der Nachhaltigkeit, die breit anerkannt
sind und die sich auch die Bundesregierung zu eigen
gemacht hat:
o Regeneration:
Erneuerbare Naturgüter wie z.B. Holz oder Fischbestände
dürfen auf Dauer nur im Rahmen ihrer Regenerationsfähigkeit
genutzt werden, andernfalls gingen sie zukünftigen Generationen
verloren.
o Substitution:
Nicht-erneuerbare Naturgüter wie z.B. Mineralien und
fossile Energieträger dürfen auf Dauer nur in dem Maße
genutzt werden, wie ihre Funktion durch andere Materialien
oder durch andere Energieträger ersetzt werden können.
o Anpassungsfähigkeit:
Die Freisetzung von Stoffen und Energie darf auf Dauer
nicht größer sein als die Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme
- z.B. des Klimas, der Wälder und der Ozeane.”
Die vor uns liegende Aufgabe besteht darin, das Ziel
einer nachhaltigen Entwicklung zügig in politisches
Handeln umsetzen und die politischen Rahmenbedingungen
zu schaffen, um diese allgemein anerkannten Regeln im
täglichen Wirtschaften und Handeln fest zu verankern.
Wir müssen die gesamte Gesellschaft für diesen Prozess
gewinnen und vor allem praktische Beispiele nachhaltigen
Handelns und Wirtschaftens einfordern und fördern.
§ In den vergangenen Jahren ist auch in Deutschland
intensiv über Sinn und Zweck von Umweltzielen, Umweltplänen
und Nachhaltigkeitsstrategien debattiert worden. Die
Enquete-Kommission “Schutz des Menschen und der Umwelt”
und der Sachverständigenrat für Umweltfragen haben sich
mit dem Thema befasst, zahlreiche Studien und wissenschaftliche
Gutachten wurden erstellt. Sie alle kennen beispielsweise
die Studien des Wuppertal-Instituts, von BUND und MISEREOR
in Auftrag gegeben, und des Umweltbundesamtes zu Nachhaltigkeit
in Deutschland. Wir haben in der letzten Legislaturperiode
auch erste praktische Erfahrungen mit Dialogprozessen
gesammelt. Über den richtigen Weg zu einer nachhaltigen
Entwicklung wurde vom Umweltministerium ein Dialog mit
breiter gesellschaftlicher Partizipation geführt. Die
Ergebnisse dieses sogenannten Schritte-Prozesses sind
zwar noch recht allgemein geblieben. Es wurde deutlich,
dass die Einigung über das gesamte Spektrum der gesellschaftlichen
Akteure sich um so schwieriger gestaltet, je konkreter
und zeitnaher Ziele und Maßnahmen formuliert sind. Ambitioniert
hingegen ist, was in diesem Zusammenhang an Umweltzielen
und Maßnahmenvorschlägen im BMU entwickelt worden ist.
Ich meine den “Entwurf für ein umweltpolitisches Schwerpunktprogramm”
vom April 1998. Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie
kann auch hieran anknüpfen. Denn wir sollten in der
Debatte über das umweltpolitisch Notwendige nicht wieder
bei Null anfangen.
§ Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie ist
für uns zentrales Instrument. Sie muss alle drei Dimensionen
nachhaltiger Entwicklung berücksichtigen: Ökologie,
Ökonomie und Soziales. Bereichsübergreifende, alle relevanten
Fachpolitiken (wie Umwelt, Energie, Verkehr, Landwirtschaft,
Städtebau, Gesundheit, Arbeit und Soziales, Entwicklungszusammenarbeit,
Bildung und Forschung) integrierende Strategien sind
notwendig, wenn wir Produktion und Konsum nachhaltig
gestalten und zukunftsfähige Lebens- und Wirtschaftsweisen
entwickeln wollen. In der Pflicht stehen dabei nicht
nur die Regierungen. Nachhaltigkeit ist nicht per staatlicher
Verordnung zu erzielen. Sie braucht alle Handlungsebenen
von der lokalen bis zur globalen sowie die Eigenverantwortung
und das Handeln auch der gesellschaftlichen Akteure,
die tagtäglich nachhaltigkeitsrelevante Entscheidungen
treffen. Bei der Erarbeitung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie
wollen wir sicherstellen, dass am Ende nicht wohlklingende
Absichtserklärungen stehen, sondern konkrete Ziele,
Maßnahmen und Projekte. Die nationale Nachhaltigkeitsstrategie
soll in diesem Sinn ein praktisches Bündnis von Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft darstellen. Wesentlich sind
dabei nicht nur die zu erarbeitenden Inhalte, sondern
auch die institutionellen und prozeduralen Komponenten.
Frau Parlamentarische Staatssekretärin Gila Altmann
hat fünf wesentliche Pfeiler bereits genannt:
Ziele und Maßnahmen der Akteure in Politik, Wirtschaft
und Gesellschaft vor dem Hintergrund einer Analyse zur
Ist-Situation;
Demonstration innovativer Modellprojekte;
- Institutionalisierung durch Einrichtung des “Rates
für nachhaltige Entwicklung” und eines Staatssekretärsausschusses
für nachhaltige Entwicklung;
- breite Kommunikation in die Gesellschaft hinein;
- Monitoring und Bewertung des Erreichten, Analyse
von Defiziten und Hemmnissen.
Ich will mich nunmehr auf die institutionellen und prozeduralen
Aspekte konzentrieren. Wie bereits gesagt, sind die Abstimmungen
innerhalb der Bundesregierung dazu noch nicht finalisiert,
stehen aber kurz vor dem Abschluss. Insoweit darf ich
um Ihr Verständnis bitten, dass ich Ihnen heute noch nicht
das fertige Konzept vorstellen kann.
§ Der nationale “Rat für nachhaltige Entwicklung”
soll eine zentrale Rolle bei der Erarbeitung und Umsetzung
der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie spielen. Er
soll als Dialoggremium zwischen den Vertretern von Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft fungieren und so aktiv die
Konsensbildung zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie
befördern. Dabei soll der Rat insbesondere folgende
Aufgaben wahrnehmen:
§ Die Politik im Vorfeld staatlicher Entscheidungen
und Maßnahmen beraten und dabei die Anforderungen an
eine NHS aus der Perspektive der gesellschaftlichen
Kräfte formulieren;
§ die Umsetzung von Zielen und Maßnahmen einer nachhaltiger
Entwicklung kritisch begleiten;
§ den Dialog zwischen den staatlichen und gesellschaftlichen
Akteuren vertiefen;
§ den gesellschaftlichen Konsenses über das Leitbild
der nachhaltigen Entwicklung stärken und
§ Vorbildfunktion und Multiplikatorwirkung durch seine
Arbeit entfalten.
Der “Rat für nachhaltige Entwicklung” soll aus unabhängigen,
engagierten Persönlichkeiten bestehen, die gerade nicht
die typischen Verbandsvertreter sind, und in seiner
Gesamtheit die wichtigen gesellschaftlichen Gruppen
reflektieren. Seine Mitgliederzahl soll 10-15 Personen
nicht übersteigen, um durch eine schlank gehaltene Struktur
eine effektive Arbeitsweise zu gewährleisten. Innerhalb
seines Mandates sollte der Rat ein Selbstbefassungsrecht
haben. Er soll mit den bestehenden Gremien zur wissenschaftlichen
Beratung der Bundesregierung kooperieren.
§ Innerhalb der Bundesregierung wird ein Staatssekretärsausschuss
für nachhaltige Entwicklung unter Federführung des
Bundeskanzleramtes eingerichtet werden - unser “Green
Cabinet”. Ihm sollen die hauptbetroffenen Ressorts angehören.
Dieser Ausschuss soll der Bundesregierung eine Konzeption
für eine nationale Politik der nachhaltigen Entwicklung
und konkrete Projekte zur Umsetzung vorschlagen und
dabei Ergebnisse der Arbeit des Rates miteinbeziehen.
Er soll die Ressortabstimmung steuern.
§ Umweltschutz und Nachhaltigkeit bedürfen der Modernisierung
und Innovation. Sie sind oft ein Ergebnis pfiffiger
Ideen. Solche Ideen erfordern Mut zum Risiko, Mut zur
Veränderung und damit Mut zur Infragestellung von Besitzständen.
Wir wollen deshalb auch verstärkt modellhafte Vorhaben
und Aktivitäten identifizieren und auszeichnen.
Praktische Umsetzungsmaßnahmen und gemeinsame Projekte
§ können kurzfristige Erfolgserlebnisse schaffen und
so den Frust ritualisierter Gesprächsrunden vermeiden,
§ sind ein Schritt zu mehr Nachhaltigkeit, auch wenn
allein nicht hinreichend,
§ ermöglichen Innovation durch Kooperation,
§ helfen die Kluft zwischen Einsicht und tatsächlichem
Handeln zu überwinden und
§ fördern so den gesellschaftlichen Lernprozess sowie
die Partizipation und Selbstorganisation der gesellschaftlichen
Akteure.
§ Wir wissen, dass trotz vielfältiger Bemühungen, den
Diskurs über nachhaltige Entwicklung in Deutschland
zu vertiefen, von einer wirklichen Verankerung des Nachhaltigkeitsgedankens
in unserer Gesellschaft noch keine Rede sein kann. 1998
kannten nur 15% der Befragten in der vom BMU in Auftrag
gegebenen Umfrage zum Umweltbewusstsein den Begriff
Nachhaltigkeit.
Deshalb ist eine breite Kommunikation in die
gesamte Gesellschaft hinein dringlich. Sicherlich werden
wir hierfür das uns zur Verfügung stehende Instrumentarium
nutzen wie: ein einheitliches Logo, Veröffentlichungen,
Anhörungen, Tagungen und Workshops, Wettbewerbe und
Auszeichnungen sowie Kommunikations- und Diskussionsform
in den neuen Medien (Internet, Homepage).
Wir setzen jedoch auch darauf, dass der Rat und seine
Mitglieder, wie auch die gesellschaftlichen Gruppen
den Nachhaltigkeitsgedanken und -prozess mit in die
Gesellschaft hineintragen werden.
§ Last but not least sind Bestandsaufnahme, kontinuierliches
Monitoring und eine Bewertung der Fortschritte von hoher
Bedeutung. Informationen und Daten zu allen drei Dimensionen
der Nachhaltigkeit müssen dabei gemeinsam und möglichst
miteinander verknüpft dargestellt werden. Die Bundesregierung
wird deshalb beispielsweise - so im Mai beschlossen
- im Jahreswirtschaftsbericht neben den wichtigsten
wirtschaftlichen und sozialen Indikatoren auch erste
ausgewählte Umweltindikatoren veröffentlichen (BMU-Umweltbarometer).
Ihre Entwicklung und Konsolidierung wird von uns ebenso
wie bei Nachhaltigkeitsindikatoren auf nationaler, europäischer
und internationaler Ebene nachdrücklich vorangetrieben.
Ein gutes Beispiel ist der unter Federführung des BMU
gerade abgeschlossene Bericht der Bundesregierung zur
Testphase für Nachhaltigkeitsindikatoren im Rahmen der
UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung.
Ich setze darauf, dass all diese Aktivitäten es uns
ermöglichen, eine breite gesellschaftliche Verständigung
über einen nachhaltigen Entwicklungspfad für Deutschland
in einer globalisierten Welt herbeizuführen. Wir wollen
unsere Überlegungen und Ergebnisse aktiv in den laufenden
europäischen Prozess wie auch in die Arbeiten auf Ebene
der OECD und der Vereinten Nationen einbringen. Rechtzeitig
zum 10. Jahrestag der Rio-Konferenz für Umwelt und Entwicklung
wollen wir eine erste Gesamtfassung der NHS vorlegen.
Ich hoffe, wir alle werden dabei kooperativ und konstruktiv
zusammenarbeiten.
Frank Biermann / Prof. Dr. Udo E. Simonis:
Politikinnovation auf der globalen Ebene
Eine Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung
“Denkt man nur bis zum nächsten Jahr, muss man nicht
radikal sein. Denkt man bis zum Jahr 2030, dann wird
klar, dass radikale Änderungen notwendig sind.” Claude
Fussler
I. Erinnerungen
Die Hauptthese des Berichts der Nord-Süd-Kommission
“Das Überleben sichern” (1980) spiegelte sich schon
in dessen Untertitel wider: “Gemeinsame Interessen der
Industrie- und Entwicklungsländer”.1 In seinen “Erinnerungen”
(1992) gesteht Willy Brandt, der Vorsitzende dieser
Kommission, dass sich diese These nicht bestätigt habe:
“Statistisch betrachtet, hat sich die ökonomische Verflechtung
der Industrie- mit den Entwicklungsländern keineswegs
verstärkt; im Gegenteil, beide haben sich weiter voneinander
entfernt”.2 Wie würde das Urteil heute lauten, wenn
man nicht die Ökonomie, sondern die Ökologie vor Augen
hätte?
Die Hauptthese des Berichts der Weltkommission für
Umwelt und Entwicklung (1987) spiegelte sich in dessen
Titel wider: “Unsere Gemeinsame Zukunft”.3 Das Adjektiv
war groß geschrieben - und in ihrem Vorwort schrieb
die Vorsitzende der Kommission, Gro Harlem Brundtland:
“Wir leben in einer Ära der Geschichte der Nationen,
in der es mehr als je zuvor der koordinierten politischen
Aktion und der globalen Verantwortung bedarf”.4 Wie
steht es um Aktion und Verantwortung, wenn es nicht
nur um internationale Wirtschafts-, sondern um Umweltpolitik
ginge?
Ökologisch gesehen waren Industrie- und Entwicklungsländer
schon immer eng verflochten und diese Verflechtung hat
in den letzten zwei Jahrzehnten - nach Erscheinen des
Brandt-Berichts und seit Veröffentlichung des Brundtland-Berichts
- weiter zugenommen. Es gibt auch starke gemeinsame
Interessen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern,
die aus der ökologischen Verflechtung, aus gravierenden
trans-nationalen und globalen Umweltproblemen resultieren.5
Zukunftsszenarien haben die Dringlichkeit des Handelns
aufgezeigt und die Gefahren verdeutlicht, die Nicht-Handeln
oder verspätetes Handeln heraufbeschwören.6 Ohne einen
ökologischen Umbau der Wirtschaft der Industrieländer
und ohne eine ressourcen- und energiesparende Gestaltung
der nachholenden Entwicklung in den Entwicklungsländern
driftet die Welt in eine ökologische Sackgasse. Diese
globale Problematik lässt sich durch lokale und nationale
Initiativen mildern, doch nur in Verbindung mit globalen
Politikansätzen wirklich lösen.7
Bislang reagierte die Politik hierauf mit dem Versuch
einer verbesserten Koordination und Kooperation der
Staaten: Eine wahre “Explosion von umweltvölkerrechtlichen
Verträgen” (Richard E. Benedick) ist festzustellen.
Aber wurden diese Verträge auch umgesetzt, nutzten diese
Rechtstexte der Umwelt? Und halten sich die Regierungen
an das, was sie auf den großen internationalen Umwelt-
und Entwicklungskonferenzen, wie 1972 in Stockholm,
1992 in Rio de Janeiro und 1997 in New York beschlossen
haben?
Manche Erfolge sind unbestreitbar. Im Gefolge der Umsetzung
der Konvention über weitreichende grenzüberschreitende
Luftverschmutzung (1979, in Kraft 1983) konnten die
Schwefelemissionen in Europa drastisch reduziert werden.
Das Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht
(1987, in Kraft 1989) bewirkte in den Industrieländern,
dass Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) kaum noch hergestellt
bzw. verbraucht werden. Die Klimarahmenkonvention (1992,
in Kraft 1994) war dagegen bislang wenig erfolgreich,
weltweit werden heute mehr Treibhausgase freigesetzt
als damals. Und ob die Biodiversitätskonvention (1992,
in Kraft 1993) das Artensterben seither aufhalten konnte,
ist mehr als fraglich.8
Im folgenden soll daher ein Vorschlag unterbreitet
werden, wie die Umsetzung von internationalen Vereinbarungen
verbessert werden kann, im Sinne der Markierung von
Eckpunkten einer Reform des Institutionensystems der
globalen Umwelt- und Entwicklungspolitik.
II. Eine neue UN-Architektur
Gängig
ist die Sichtweise, dass die bestehenden internationalen
Organisationen zu schwerfällig seien und eine schlankere
Form sowie effizientere Verfahren benötigten. Diese
Sicht der Dinge soll hier nicht im Detail diskutiert
werden.9 Zweifelsohne wäre viel gewonnen, wenn das Management
des UN-Umweltprogramms (UNEP; vgl. Kasten 1)
oder der UN-Kommission zur nachhaltigen Entwicklung
(CSD, vgl. Kasten 2) effizienter würde. Ein Königsweg
ist die minimalistische Strategie einer Effizienzsteigerung
der vorhandenen Bausteine einer globalen Umwelt- und
Entwicklungspolitik aber sicherlich nicht.
Kasten 1: Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen
(UNEP)
Im Zuge der Stockholmer “Konferenz über die Umwelt
des Menschen” beschloss die UN-Vollversammlung 1972
die Einrichtung eines eigenständigen UN-Umweltprogramms
(United Nations Environment Programme, UNEP).
UNEP ist keine Sonderorganisation mit eigener Mitgliedschaft
und Rechtspersönlichkeit, sondern lediglich ein Nebenorgan
der UN-Vollversammlung. UNEP sollte im Gesamtsystem
der Vereinten Nationen vor allem als “Umweltgewissen”
dienen, mit bescheidenen Finanzmitteln als “Katalysator”
zu Umweltschutzprojekten anderer Organe und Sonderorganisationen
anregen und die UN-Umweltpolitik koordinieren. Während
die Verwaltungskosten des Sekretariats und des Verwaltungsrates
vom allgemeinen UN-Haushalt gedeckt werden, finanziert
ein zusätzlicher, aus freiwilligen Beiträgen gespeister
Umweltfonds einzelne Projekte. Dieses Programmbudget
belief sich 1996/1997 auf knapp 100 Millionen US-Dollar.
Als Sitz des UNEP-Sekretariats wurde Nairobi gewählt,
wodurch erstmals ein UN-Organ in einem Entwicklungsland
angesiedelt wurde.
Kasten 2: Die UN-Kommission zur nachhaltigen
Entwicklung (CSD)
1992 wurde, im Zuge des “Erdgipfels” von Rio de Janeiro,
ein neues Gremium innerhalb der Vereinten Nationen geschaffen:
die “Kommission zur nachhaltigen Entwicklung” (Commission
on Sustainable Development, CSD). Diese neue Kommission
ist dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen
(ECOSOC), einem ihrer Hauptorgane, beigeordnet; ihre
53 Mitglieder werden auf regionaler Grundlage gewählt
und sollten auf Ministerebene vertreten sein. Arbeitsgrundlage
ist die Agenda 21, das umfangreiche, völkerrechtlich
aber unverbindliche “Aktionsprogramm für eine nachhaltige
Entwicklung”, das 1992 in Rio de Janeiro beschlossen
worden war. Von den Verwaltungskosten abgesehen, verfügt
die CSD über keine eigenen Finanzmittel.
Häufig wird auch eine bessere Koordination zwischen
diesen und den anderen Akteuren der internationalen
Umweltpolitik gefordert, wie insbesondere der Globalen
Umweltfazilität (GEF) von Weltbank, UNEP und UN-Entwicklungsprogramm
(UNDP), den Vertragsstaatenkonferenzen zur Klimarahmenkonvention,
zur Biodiversitätskonvention, zur Desertifikationskonvention,
zum Montrealer Protokoll, zu den Konventionen über die
Feuchtgebiete, den Schutz des Weltnaturerbes, den Schutz
der weitwandernden Wildtiere und weiteren Verträgen,
alle mit eigenen Sekretariaten und Wissenschaftlichen
Beiräten. Zwischen fast all diesen Institutionen gibt
es Überschneidungen im Aufgabenbereich; eine Abstimmung
findet, wenn überhaupt, nur ad hoc statt, indem
einzelne Vertragsstaatenkonferenzen mit UN-Organisationen
oder untereinander Absprachen treffen.10 Deshalb wäre
eine bessere Vernetzung dieser Umwelt-Institutionen
mit den anderen UN-Organisationen sowie mit Weltbank,
Währungsfonds (IMF) und Welthandelsorganisation (WTO)
sicherlich ein wichtiges Element zur Optimierung der
globalen Umwelt- und Entwicklungspolitik. Eine solche
bessere Vernetzung wird allerdings ohne eine entsprechende
institutionelle und finanzielle Stärkung keine ausreichenden
Fortschritte bewirken - eine andere Architektur der
integrierten internationalen Umwelt- und Entwicklungspolitik
ist gefragt.
Im Auftrage der Stiftung Entwicklung und Frieden (SEF)
haben Frank Biermann und Udo E. Simonis hierzu das Modell
einer Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung (World
Environment and Development Organization) entworfen.11
Diese neue Sonderorganisation der Vereinten Nationen
sollte mindestens das UNEP, die CSD sowie die relevanten
umweltpolitischen Konventionssekretariate integrieren,
eventuell auch das UNDP. Eine enge Zusammenarbeit mit
den Bretton-Woods-Organisationen, der WTO und den themenverwandten
UN-Sonderorganisationen müsste darüber hinaus sichergestellt
werden (vgl. hierzu Abbildung 1).
Quelle: Biermann, Frank & Udo E. Simonis, 1998.
Abbildung 1: Modell der Weltorganisation für Umwelt
und Entwicklung
1. Begründung
Wer
in Zeiten von Haushaltskürzungen den Aufbau einer neuen
Organisation empfiehlt, muss dies mit guten Argumenten
begründen können. Zunächst sollte man die Synergien
durch Integration bestehender Programme und Institutionen
in Betracht ziehen, wodurch erhebliche Einsparungen
bei den Verwaltungskosten möglich würden. Eine Weltorganisation
für Umwelt und Entwicklung muss von der UN-Generalversammlung
bzw. einer diplomatischen Konferenz beschlossen werden
- und diese hätte Mandat, Budget, Finanzierungsschlüssel
und Verfahrensfragen festzusetzen. Danach müsste das
Gründungsdokument ratifiziert werden. Nicht alle Staaten
der Welt müssen dabei mitmachen, und anders als bei
einer Änderung der UN-Charta, besitzen die ständigen
Mitglieder des UN-Sicherheitsrates bei einer solchen
Reorganisation kein Vetorecht.
Welche Funktionen sollte einer solchen neuen Weltorganisation
im internationalen Institutionensystem aufgetragen werden?
Im wesentlichen geht es wohl um drei Aufgaben:
- den höheren Stellenwert für die Aufgaben
der globalen Umwelt- und Entwicklungspolitik bei den
nationalen Regierungen, internationalen Organisationen
und privaten Akteuren, auch dadurch, dass dem Thema
nachhaltige Entwicklung weltweit Aufmerksamkeit
und Priorität eingeräumt wird;
- den raschen Einsatz der bestehenden Instrumente
der Umwelt- und Entwicklungspolitik sowie ein geeignetes
institutionelles Umfeld, um akute internationale
Probleme auf die Agenda setzen und detaillierte Ziele
und Maßnahmen, auch neue Konventionen, verhandeln
zu können; sowie
- die Stärkung der Handlungskapazität der ärmeren
Staaten Afrikas, Asiens, Ozeaniens und Lateinamerikas.
2. Höherer Stellenwert
der globalen Umwelt- und Entwicklungspolitik
Die
Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung sollte,
wie es Aufgabe aller Sonderorganisationen der Vereinten
Nationen ist, das spezifische Problembewusstsein fördern
und den weltweiten Informationsstand als Entscheidungsgrundlage
verbessern - die Information über das Erdsystem, die
akuten und absehbaren Umwelt- und Entwicklungsprobleme
ebenso wie die Information über den Stand der Umsetzung
der internationalen und nationalen Politiken zur Steuerung
des globalen Wandels.12 Dabei muss das Rad nicht neu
erfunden werden: Sämtliche globalen Umweltverträge verpflichten
schon heute ihre Vertragsparteien zur regelmäßigen Berichterstattung
über ihre Politik; Sonderorganisationen wie die Weltorganisation
für Meteorologie (WMO), die Internationale Seeschifffahrtsorganisation
(IMO) oder die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sammeln
und verbreiten wertvolles Wissen und fördern weitergehende
Forschung; die CSD leistet wichtige Beiträge zur Entwicklung
von Indikatoren für eine nachhaltige Entwicklung; und
nicht zuletzt ist UNEP auf all diesen Gebieten aktiv.
Was fehlt, ist jedoch die entscheidungsorientierte
Aufbereitung, Weiterleitung und Umsetzung dieses Wissens.
Was von den verschiedenen internationalen Akteuren erarbeitet
wird, benötigt daher einen Fixpunkt im internationalen
Institutionensystem. UNEP könnte dieser Fixpunkt sein,
doch reichen die Ressourcen und Kompetenzen dieses der
UN-Vollversammlung beigeordneten Programms bei weitem
nicht aus. Viel eher wäre das möglich bei einer vertraglich
abgesicherten, finanziell mit zusätzlichen Mitteln gestützten
und institutionell eigenständigen Weltorganisation für
Umwelt und Entwicklung.
3.Besseres Umfeld zur Politikumsetzung
Globale
Umwelt- und Entwicklungspolitik erfolgen über internationale
Regime, in denen die Staaten sich auf gemeinsame Ziele
und Maßnahmen einigen.13 Die “Weltlegislative” sitzt
dabei in den diplomatischen Konferenzen, den Versammlungen
und Ausschüssen der Vereinten Nationen, ihrer Sonderorganisationen
und den Bretton-Woods-Organisationen. Wie bei der Information,
fehlt aber auch hier die entsprechende Verknüpfung.
Beispielsweise mangelt es an der Koordination der Klima-
und Biodiversitätspolitik. So ist es wahrscheinlich,
dass die Anrechnung von Treibhausgassenken (wie Wälder)
im Kyoto-Protokoll zur Klimarahmenkonvention Anreize
in der Waldpolitik setzen wird, welche den Zielen der
Biodiversitätspolitik schlicht zuwiderlaufen, weil in
diesem Protokoll faktisch das Abholzen von (artenreichen)
Urwäldern und das anschließende Wiederaufforsten mit
(artenarmen, aber schnellwachsenden) Plantagen als klimapolitische
Maßnahme prämiert wird.14
Ein weiteres grundsätzliches Problem besteht darin,
dass die globale Umweltkrise im Kern kein technisches
Problem ist, das sich durch sektorale Politik allein
lösen ließe: Nötig ist eine politische Strategie, die
dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung in der internationalen
Handelspolitik, in der Entwicklungszusammenarbeit und
der internationalen Finanzpolitik wirkungsvoll Gehör
verschafft. Dies kann das UNEP nicht leisten; auch die
CSD war hier wenig erfolgreich. Gerade deshalb könnte
die Gründung einer starken Weltorganisation für Umwelt
und Entwicklung ein neues Forum für die Vereinbarung
und Durchsetzung einer globalen Strategie der nachhaltigen
Entwicklung bieten.
4. Erhöhte Handlungskapazität
der Entwicklungsländer
Die
Rio-Konferenz von 1992 hat explizit den Grundsatz der
“gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten
und Fähigkeiten” der Staaten in der globalen Umwelt-
und Entwicklungspolitik anerkannt.15 Hieraus ergab sich
in mehreren der nachfolgenden Verträge eine Differenzierung
der Pflichten: Entwicklungsländer müssen weniger für
den Erhalt der globalen Ökologie leisten als Industrieländer;
daraus folgt die Pflicht der Industrieländer, die Mehrkosten
der Entwicklungsländer beim Schutz der globalen Umweltgüter
zu finanzieren. Was die globale Ökologie betrifft, erklärte
der Norden sich also bereit, den Süden in seinen Anstrengungen
finanziell und technisch voll zu kompensieren.
Auch hier ist jedoch das internationale Institutionensystem
von einem ad hoc-Ansatz gekennzeichnet, der den
Erfordernissen der Transparenz, Effektivität und Beteiligung
der Betroffenen bestenfalls zum Teil gerecht wird. Die
GEF (vgl. Kasten 3) wird von vielen Entwicklungsländern
weiterhin nicht als Finanzierungsmechanismus akzeptiert16,
weil ihre Vergabekriterien zu wenig den unmittelbaren
Interessen der Entwicklungsländer entsprechen.
Neben der GEF gibt es ein Mosaik an separaten, nicht
koordinierten Fonds: den Ozonfonds, die Fonds zum Schutz
von Feuchtgebieten, zum Schutz des Welterbes, zum Schutz
des Mittelmeeres, den geplanten “Clean Development Mechanism”
der Klimapolitik und so fort.
Kasten 3: Die Globale Umweltfazilität (GEF)
Um die Forderung der Entwicklungsländer nach einem
unabhängigen Klimafonds oder Weltumweltfonds abzuwehren,
war auf deutsch-französische Initiative hin 1990 die
Gründung einer “Globalen Umweltfazilität” (Global
Environment Facility, GEF) in der Weltbank beschlossen
worden. Die Gelder der GEF sollen dem Schutz “globaler
Umweltgüter” dienen: dem Schutz des Klimas, der Ozonschicht,
der internationalen Gewässer, der Biodiversität sowie
des Bodens, soweit ein Zusammenhang mit den ersten vier
Problemfeldern besteht. Dadurch werden Projekte mit
lediglich lokaler Bedeutung für die Entwicklungsländer
nicht gefördert, etwa die Sondermüllbeseitigung, der
Trinkwasserschutz oder der Umgang mit gefährlichen Chemikalien.
Das Finanzvolumen der GEF betrug bislang rund 700 Millionen
US-Dollar pro Jahr. Die Weltbank verwaltet diese neue
Globale Umweltfazilität gemeinsam mit UNDP und UNEP.
1994 wurde die GEF grundlegend umstrukturiert. Diese
“GEF-II” ist nun eine eigenständige Körperschaft mit
Vollversammlung, Rat und Sekretariat. Von den 32 Sitzen
im Rat werden 16 von Entwicklungsländern, zwei von Transformationsländern
und 14 von OECD-Ländern eingenommen. Ist ein Konsens
nicht erreichbar, wird mit qualifizierter Mehrheit entschieden,
welche zugleich 60 Prozent der Gesamtzahl der GEF-Teilnehmer
und 60 Prozent der gesamten Beitragszahlungen einschließen
muss.
Die Gründung einer Weltorganisation für Umwelt und
Entwicklung bietet daher eine neue Möglichkeit, die
verschiedenen Finanzierungsmechanismen zur Realisierung
synergetischer Effekte zusammenzuführen bzw. die Mittel
der sektoralen Fonds zu übernehmen und treuhänderisch
zu verwalten. Hierin könnten auch die Funktionen der
GEF eingegliedert (und diese damit aufgelöst) werden.
Für die finanziell betroffenen Industrieländer könnte
dieser Vorschlag dadurch akzeptabel werden, dass die
Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung ein der
GEF entsprechendes Entscheidungsverfahren erhielte (was
weiter unten beschrieben wird).
III. Institutionelle Maximalvorschläge
Die
hier vorgeschlagene Weltorganisation für Umwelt und
Entwicklung soll im wesentlichen auf die genannten drei
Kernfunktionen beschränkt bleiben. Es gibt hingegen
eine Reihe von maximalistischen Vorschlägen,
die deutlich weiter gehen und fundamentale Änderungen
im internationalen Institutionensystem voraussetzen
oder zur Folge haben.17
1. Umweltsicherheitsrat
Einige Vorschläge betonen die Notwendigkeit der Aufgabe
an nationaler Souveränität, zum Beispiel durch Einsetzung
eines “Weltumweltrates” bzw. “Umweltsicherheitsrates”,
der Zwangsgewalt zur Durchsetzung von Mehrheitsentscheidungen
in der Weltumweltpolitik erhalten müsste. Solche Vorschläge
sind aber für die nahe und mittlere Zukunft eher unrealistisch,
weil sie unter anderem eine Änderung der UN-Charta voraussetzen
- und das kann nur mit Einwilligung von zwei Dritteln
aller Staaten erfolgen, einschließlich der Stimmen der
ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates (China,
Frankreich, Großbritannien, Russland und USA). Derzeit
stemmen sich gerade die Entwicklungsländer (vor allem
China) gegen jegliche Andeutung einer Souveränitätseinschränkung,
aber auch die Industrieländer (vor allem die USA) wollen
hier nicht sehr weit gehen.
2. Umwelttreuhandrat
Etwas anders stellt sich das Problem dar bei dem Vorschlag,
den bestehenden UN-Treuhandrat, der nun, nach der politischen
Unabhängigkeit der letzten Treuhandgebiete, obsolet
geworden ist, in einen “Weltumwelt-Treuhandrat”
umzuwandeln. Dieser Gedanke wurde von UN-Generalsekretär
Kofi Annan in seinem Reformprogramm Erneuerung der
Vereinten Nationen (1997) aufgegriffen, doch blieb
der Generalsekretär eher vage hinsichtlich der Funktionen
eines solchen Rates. Praktikabel erscheint eine treuhänderische
Verwaltung seitens der Vereinten Nationen nur für staatsfreie
Gebiete, wobei aber selbst eine stärkere UN-Kontrolle
über die Antarktis gegen den Widerstand der Parteien
zum Antarktisvertrag kaum durchzusetzen sein dürfte.
Zu erwägen wäre indes eine Treuhandfunktion der Vereinten
Nationen für die Meere, vor allem jenseits der 200-Meilen-Zone,
sowie für den Weltraum.
3. Umweltgerichtshof
Seit einiger Zeit ist auch ein “Internationaler
Umweltgerichtshof” in der Diskussion, vor allem
bei Juristen, für die höchstrichterliche Entscheidungen
die typische Lösung von gesellschaftlichen Konflikten
darstellen. Aber auf die Weltumweltpolitik ist dieses
Modell nicht ohne weiteres übertragbar. So darf der
bestehende Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag
zwar über alle Fragen des Völkerrechts urteilen, also
auch über die Auslegung und Umsetzung von internationalen
Umweltverträgen; das Gericht darf aber nur richten,
wenn Kläger und Beklagter mit seiner Anrufung einverstanden
sind - und dies ist natürlich nur höchst selten der
Fall. Zur Auslegung von Umweltverträgen wurde der IGH
denn auch noch nie eingeschaltet.
4. Handelsbeschränkungen
Grundsätzlich könnte die Einhaltung von bestimmten
Umweltstandards auch durch handelsbeschränkende Maßnahmen
erzwungen werden.18 Beim Montrealer Protokoll sind gegenüber
Nichtvertragsstaaten Einschränkungen des Handels mit
FCKW wie auch des Handels mit FCKW-haltigen Produkten
vorgesehen.19 Da das Protokoll anfangs nur von Industrieländern
verhandelt worden war, sahen viele Entwicklungsländer
in diesen Handelsrestriktionen einen Fall von “Öko-Kolonialismus”,
weil auf diese Weise die strengen (und teuren) Umweltstandards
des Nordens dem Süden über dessen Integration in den
Welthandel aufgezwungen werden könnten.
Eine andere Art, das ökonomische Nord-Süd-Gefälle zur
Förderung der Umweltpolitik in Entwicklungsländern zu
nutzen, sind die Kampagnen von Umweltverbänden aus Industrieländern
für die Einführung von Umweltstandards in der Exportfinanzierung,
also etwa bei den Hermes-Bürgschaften. Hiermit soll
verhindert werden, dass Industrieunternehmen des Nordens
in Entwicklungsländern wesentlich niedrigere Standards
anwenden als in Industrieländern, wenn sie eine Exportbürgschaft
erhalten wollen. Auch dies führt aber in der Tendenz
dazu, dass Entwicklungsländer sich externem ökonomischen
Druck beugen bzw. sich den umweltpolitischen Zielen
der Industrieländer zumindest teilweise anpassen müssten.
Handelsbeschränkende Maßnahmen sind also ein zweischneidiges
Schwert. Einerseits ist es zwar richtig, dass ein “race
to the bottom” bei den Umweltstandards vermieden werden
muss, dass also die Konkurrenz der Standorte in Nord
und Süd nicht zu einem Verzicht auf effektiven Umweltschutz
führen darf. Andererseits darf bei den Umweltproblemen,
die nur eine lokale oder regionale Bedeutung haben,
nicht in die freie Entscheidung der Entwicklungsländer
über die für sie optimale Umwelt- und Entwicklungspolitik
eingegriffen werden. Was dagegen die globalen Umweltprobleme
angeht, so sollen ja gerade international einvernehmlich
verhandelte Konventionen - und die hier vorgeschlagene
Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung - zu ökonomisch
effizienten, sozial akzeptablen und ökologisch effektiven
Lösungen beitragen. Die internationalen Verträge zu
Klima, Biodiversität und Ozon bieten - dementsprechend
- einen Kompromiss an, indem Entwicklungsländern für
ihren Beitritt sowohl das Recht auf niedrigere Umweltstandards
als auch die Erstattung derjenigen Mehrkosten zugesichert
wurde, die ihnen durch ihren Beitritt zu den Verträgen
entstehen.
IV. Funktionsweise der Weltorganisation
1. Entscheidungsverfahren
A und O des Erfolges einer jeden politischen Institution
sind die Verfahren, nach denen entschieden wird. Die
jeweils besonderen Aufgaben und Probleme haben in den
verschiedenen internationalen Organisationen zu recht
unterschiedlichen Verfahren geführt.20 Gewisse Elemente
dieser unterschiedlichen Entscheidungsverfahren ließen
sich für eine Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung
kombinieren, um so ihre administrative Effektivität
wie ihre politische Akzeptanz sicherzustellen.
Sinnvoll dürften vor allem solche Entscheidungsverfahren
sein, die Nord und Süd eine gleichberechtigte Stellung
einräumen. Dies würde gewährleisten, dass Entscheidungen
der neuen Weltorganisation zu Strategie und Programm
weder den Interessen der Entwicklungsländer noch jener
der Industrieländer zuwiderlaufen würden. Denn ohne
Zustimmung der Mehrheit der Regierungen des Südens ist
eine globale Umwelt- und Entwicklungspolitik nicht möglich.
Aber auch ohne die Zustimmung der Mehrheit der Industrieländer
kann eine globale Politik nicht gelingen. Nord-süd-paritätische
Entscheidungsverfahren sind also im Ergebnis ein “dritter
Weg” zwischen dem süd-orientierten Entscheidungsverfahren
der UN-Vollversammlung (ein Land, eine Stimme)
und der nord-orientierten Prozedur der Bretton-Woods-Organisationen
(ein Dollar, eine Stimme).
Im Montrealer Protokoll (und für den Multilateralen
Ozonfonds) wurde 1990 festgelegt, daß jegliche Entscheidung
die Zustimmung von zwei Dritteln aller Vertragsparteien
erfordert, wobei diese zwei Drittel zugleich die einfache
Mehrheit der Entwicklungsländer und die einfache Mehrheit
der Industrieländer einschließen müssen.21 In der GEF
erfordern die Entscheidungen des Verwaltungsrates seit
1994 ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit, die hier 60
Prozent der an der Fazilität beteiligten Staaten und
zugleich 60 Prozent der finanziellen Beiträge zur Fazilität
repräsentieren muss. Auch dies ist im Ergebnis ein nord-süd-paritätisches
Verfahren, das den Entwicklungsländern und den Industrieländern
jeweils ein effektives Vetorecht einräumt. Beide genannten
Ausgestaltungen des paritätischen Verfahrens kämen für
die Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung in Betracht.
Problematisch bei strikt paritätischen Verfahren bleibt
allerdings die Einigung auf die Gruppenzugehörigkeit.
Singapur hat beispielsweise ein höheres Pro-Kopf-Einkommen
als viele Industrieländer, gilt jedoch - als Mitglied
der “Gruppe 77” - weiterhin als Entwicklungsland. Im
Ozonregime wird problemspezifisch graduiert: Wenn ein
Entwicklungsland mehr als 300 Gramm FCKW pro Kopf und
Jahr verbraucht, wird es automatisch als Industrieland
eingestuft; es muss dann die schärferen Reduktionspflichten
der Industrieländer erfüllen und wird bei der paritätischen
Abstimmung zur Gruppe der Industrieländer gezählt.
Bei einer Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung
scheidet eine solche problemspezifische Graduierung
jedoch aus. Übrig bliebe daher als zweitbeste Lösung
die Selbstdefinition der Staaten, wie das in der UNCTAD
oder in der UN-Vollversammlung der Fall ist. Zumindest
sollte zu erwarten sein, dass Entwicklungsländer, die
der OECD beitreten (wie vor einiger Zeit Mexiko und
Südkorea), automatisch die umweltpolitischen Pflichten
der Industrieländer erfüllen müssen.
2. Beteiligung der Nichtregierungsorganisationen
In den
internationalen Verhandlungen zur Umwelt- und Entwicklungspolitik
hat die Bedeutung der über Staatsgrenzen hinweg agierenden
Umwelt- und Entwicklungsorganisationen (NROs) deutlich
zugenommen.22 Solche transnationalen Vereinigungen liefern
vielfältige Dienstleistungen im internationalen Institutionensystem:
Sie leisten kostengünstige Forschung und Politikberatung
durch qualifizierte Mitarbeiter, kontrollieren die gegenseitigen
Verpflichtungen der Staaten, informieren Regierungen
und Öffentlichkeit sowohl über die Handlungen der “eigenen”
Diplomaten als auch über die der anderen Verhandlungspartner
- und erlauben so eine Rückkopplung der Regierungsvertreter
auf diplomatischen Konferenzen mit der innenpolitischen
Situation vor Ort.
Vor diesem Hintergrund mehren sich die Stimmen, die
den nichtstaatlichen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen
einen internationalen Rechtsstatus einräumen wollen.
Ein möglicher Präzedenzfall hierbei ist das Entscheidungsverfahren
der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO),
bei dem jeder Mitgliedstaat mit vier Stimmen vertreten
ist, von denen zwei auf die Regierung und je
eine auf die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften
entfallen.
Beim Übertragen eines solchen Entscheidungsverfahrens
auf die globale Umwelt- und Entwicklungspolitik träten
derzeit aber noch gewisse Probleme auf: Es gibt kaum
Zusammenschlüsse von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen,
die ihre gesamte nationale Klientel überzeugend repräsentieren.
Doch können sich solche Koalitionen in Zukunft sehr
wohl herausbilden - ja, dieser Prozess könnte dadurch
befördert werden, dass im Statut der Weltorganisation
für Umwelt und Entwicklung die Repräsentation von stimmberechtigten
NRO's aus beiden Interessenlagern förmlich festgelegt
wird.
3. Finanzierung
Es gibt
verschiedene Möglichkeiten, die Aufgaben einer Weltorganisation
für Umwelt und Entwicklung zu finanzieren.23 Zum einen
erkennen die Industrieländer schon seit den 60er Jahren
und noch immer das politische Ziel an, 0,7 Prozent ihres
Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe aufzubringen.
Bislang haben allerdings nur die skandinavischen Staaten
und die Niederlande dieses Ziel eingehalten; manche
von ihnen überschritten zeitweise sogar die 1-Prozent-Grenze.
Die Erinnerung an diese Zahlungszusage der Industrieländer
und deren Einhaltung wäre also eine Möglichkeit, die
Aufgaben der Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung
zu finanzieren.
Daneben hat die Schuldenkrise der Entwicklungsländer
zu verschiedenen Vorschlägen geführt, die Lösung dieser
Krise mit der Lösung umwelt- bzw. entwicklungspolitischer
Probleme zu verknüpfen. Mitte der 80er Jahre begannen
US-amerikanische Umweltverbände, Schuldentitel von Entwicklungsländern
auf dem Weltmarkt aufzukaufen und diese bei den jeweiligen
Regierungen gegen bestimmte umweltpolitische Programme
“einzutauschen” (debt for nature swaps), wobei
in der Regel Regenwaldgebiete unter Schutz bzw. pflegliche
Nutzung gestellt wurden. Eine auf Umweltschutz zielende
Schuldenstreichung oder -streckung stellt ohne Zweifel
ein erhebliches Finanzierungspotential dar, wenn die
Industrieländer öffentliche Schuldentitel von Entwicklungsländern
an die Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung abtreten
oder ihr die Rückflüsse aus diesen Krediten als “Anschubfinanzierung”
zur Verfügung stellen würden.
Ein Grundproblem aller multilateralen Finanzierungsmechanismen
bleibt aber weiterhin, dass es keine verbindlichen,
durchsetzbaren Verpflichtungen gibt. Selbst wo vertraglich
festgelegte Mitgliedsbeiträge existieren - etwa für
den Haushalt der Vereinten Nationen -, zeigt sich immer
wieder, dass Zahlungen politisch instrumentalisiert
oder von der Wirtschaftskonjunktur abhängig gemacht
werden. Sinnvoll und realistisch erscheint daher die
Einführung automatischer Finanzierungsquellen, das heißt
einer Art indirekter Steuern zur Finanzierung globaler
Gemeinschaftsaufgaben, die nicht vom Tagesgeschäft nationaler
Finanzminister abhängen.
In der Wissenschaft, jüngst aber auch in der CSD, sind
zwei Arten solcher Finanzierungsquellen intensiv diskutiert
worden, die beide mit internationalen Transaktionen
zu tun haben: eine internationale Luftverkehrssteuer
und eine Devisen- bzw. Börsenumsatzsteuer.24
Eine Steuer von fünf US-Dollar für jeden geflogenen
“Passagiersektor” würde jährlich globale Einkünfte von
etwa 1,5 Milliarden US-Dollar erbringen. Da eine Steuer
auf den Luftverkehr vergleichsweise leicht und mit geringen
Kosten eingetrieben werden kann, zum Beispiel zusammen
mit der Erhebung der (üblichen) Flughafengebühr, ist
ihre Praktikabilität als sehr hoch einzuschätzen.
Eine zweite gute Möglichkeit, die Weltorganisation
für Umwelt und Entwicklung zu finanzieren, besteht in
der Einführung einer internationalen Devisenumsatzsteuer
(Tobin-Steuer). Dieser Vorschlag gewinnt in jüngster
Zeit an Zustimmung, und zwar nicht nur wegen der dadurch
möglichen “Abbremsung” der ungesteuerten internationalen
Devisentransaktionen, sondern auch und gerade wegen
der Eleganz und Leichtigkeit der Erzielung zusätzlicher
Steuereinnahmen für globale Umwelt- und Entwicklungsaufgaben.
Eine Steuer von 0,5 Prozent auf die weltweiten Devisentransaktionen
würde zwischen 150 und 200 Milliarden US-Dollar pro
Jahr erbringen.
III. Zusammenfassung und
Ausblick
Mit
der bevorstehenden Jahrhundertwende kommt auch die notwendige
Reform der Vereinten Nationen - erneut - in den Blick.25
Effizienzsteigerung und mehr Koordination sind - so
wurde eingangs argumentiert - wünschenswert, reichen
allein aber nicht aus, um die Wirksamkeit des bestehenden
Institutionensystems der internationalen Umwelt- und
Entwicklungspolitik zu verbessern. Zusätzlich sollte
daher - und möglichst noch im Jahr 2000 - eine Weltorganisation
für Umwelt und Entwicklung als weitere Sonderorganisation
der Vereinten Nationen beschlossen und zügig eingerichtet
werden, die den drängenden Aufgaben der globalen Umwelt-
und Entwicklungspolitik einen höheren Stellenwert bei
nationalen Regierungen, internationalen Organisationen
und privaten Akteuren verschaffen, das institutionelle
Umfeld für die Aushandlung und Umsetzung neuer Konventionen
und Aktionsprogramme verbessern und die Handlungskapazität
der ärmeren Staaten in Afrika, Asien, Ozeanien und Lateinamerika
stärken sollte.
Hinsichtlich der Entscheidungsverfahren wäre eine größtmögliche
Akzeptanz der Weltorganisation für Umwelt und Entwicklung
durch Einführung nord-süd-paritätischer Entscheidungsverfahren
nach dem Modell des Ozonregimes zu erzielen. Dabei hätte
die Mehrheit der Entwicklungsländer und zugleich die
Mehrheit der Industrieländer jeweils ein Gruppenvetorecht
über die Entscheidungen. Zusätzlich sollten Repräsentanten
der Umwelt- und Entwicklungsverbände und der Wirtschaft
nach dem Modell der ILO stimmberechtigt sein.
Auch die Finanzierung der Weltorganisation für Umwelt
und Entwicklung ist realisierbar. Einmal würden durch
die Integration der bestehenden Organisationen und Programme
erhebliche Kosten eingespart. Darüber hinaus wäre eine
Finanzierung zu sichern durch Erfüllung des 0,7-Prozent-Ziels
der Industrieländer, durch Umwidmung von Schuldentiteln
der Entwicklungsländer für die Aufgaben der Weltorganisation
und durch Einführung automatischer Finanzierungsmechanismen,
vor allem einer internationalen Luftverkehrssteuer oder
einer Devisenumsatzsteuer.
Anmerkungen
i Bericht der Nord-Süd-Kommission, Das Überleben sichern.
Gemeinsame Interessen der Industrie- und Entwicklungsländer
(=Brandt-Bericht), Köln 1980.
i Willy Brandt, Erinnerungen, Frankfurt a.M., Berlin
1992 (4. Aufl. 1993), S. 384.
i Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, Unsere
Gemeinsame Zukunft (=Brundtland-Bericht), Greven 1987.
i Vgl. Weltkommission (Anm. 3), S. X.
i Vgl. Agenda 21. Programme of Action for Sustainable
Development, New York 1992.
i Vgl. Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC),
Climate Change 1995. Economic and Social Dimensions
of Climate Change, Cambridge 1996.
i Vgl. Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen
(WBGU), Welt im Wandel. Wege zur Lösung globaler Umweltprobleme,
Jahresgutachten 1995, Berlin-Heidelberg 1996.
i Vgl. Udo E. Simonis et al., Weltumweltpolitik. Grundriß
und Bausteine eines neuen Politikfeldes, Berlin 1998².
i Vgl. hierzu u.a. Ernst-Otto Czempiel, Die Reform
der UNO, München 1994; William Douglas, The Specialized
Agencies of the United Nations. The System in Crisis,
London 1987; Dennis C. Pirages, Global Ecopolitics.
The New Context for International Relations, North Scituate-Mass.
1977.
i Vgl. Frank Biermann, Weltumweltpolitik zwischen Nord
und Süd. Die neue Verhandlungsmacht der Entwicklungsländer,
Baden-Baden 1998.
i Vgl. Frank Biermann / Udo E. Simonis, Eine Weltorganisation
für Umwelt und Entwicklung. Funktionen, Chancen, Probleme,
SEF-Policy Paper Nr. 9, Bonn 1998; auch in Englisch:
A World Environment and Development Organisation. Functions,
Opportunities, Issues, SEF-Policy Paper No. 9, Bonn
1998.
i Vgl. Peter M. Haas / Robert O. Keohane / Marc A.
Levy (Eds.), Institutions for the Earth. Sources of
Effective International Environmental Protection, Cambridge-Mass.
1993.
i Vgl. Stephan D. Krasner (Ed.), International Regimes,
Ithaca, N.Y. 1983; James M. Rosenau / Ernst-Otto Czempiel,
Governance without Government. Order and Change in World
Politics, Cambridge 1992.
i Vgl. Andreas Gettkant / Udo E. Simonis / Jessica
Suplie, Biopolitik für die Zukunft. Kooperation und
Konflikt zwischen Nord und Süd, SEF-Policy Paper Nr.
4, Bonn 1997; Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen
(WBGU): Die Anrechnung biologischer Quellen und Senken
im Kyoto-Protokoll: Fortschritt oder Rückschlag für
den globalen Umweltschutz? Sondergutachten 1998, Bremerhaven
1998.
i Vgl. Frank Biermann / Udo E. Simonis, Institutionelles
Lernen in der Weltumweltpolitik, in: Horst Albach et
al., Organisationslernen - institutionelle und kulturelle
Dimensionen. WZB-Jahrbuch 1998, Berlin 1998, S. 289-308.
i Vgl. Marian A.L. Miller, The Third World in Global
Environmental Politics, Boulder-Col. 1995.
i Vgl. Edith Brown-Weiss, In Fairness to Future Generations.
International Law, Common Patrimony, and Intergenerational
Equity, Tokyo 1989; Wilhelm Hankel, Die Finanzkrise
zwischen Nord und Süd. Gründe, Lehren, Schlußfolgerungen,
in: Udo E. Simonis (Hrsg.), Entwicklungsländer in der
Finanzkrise. Probleme und Perspektiven, Berlin 1983,
S. 9-62; South-Commission (Süd-Kommission): Die Herausforderung
des Südens (=Nyerere-Bericht), Bonn 1991.
i Vgl. Daniel C. Esty, Greening the GATT. Trade, Environment
and the Future, Harlow 1994.
i Vgl. Richard E. Benedick, Ozone Diplomacy. New Directions
in Safeguarding the Planet, enlarged edition, Cambridge-Mass.
1998.
i Vgl. Frank Biermann / Udo E. Simonis (Anm. 11), S.
8-9.
i Vgl. Richard E. Benedick (Anm. 19).
i Vgl. United Nations, Agenda for Development, New
York 1995.
i Vgl. hierzu Peter Hayes / Kirk Smith (Eds.), The
Global Greenhouse Regime. Who Pays?, Tokyo 1993; Inge
Kaul / Isabelle Grunberg / Marc A. Stern (Eds.), Global
Public Goods. International Cooperation in the 21st
Century, New York-Oxford 1999.
i Den Originalvorschlag zur sog. Tobin-Steuer von 1978
hat der Verfasser später noch einmal überarbeitet. Siehe:
James Tobin, On the Efficiency of the Financial System,
in: Lloyds Bank Review, July 1984.
i
Generell hierzu Paul W. Kennedy, In Vorbereitung auf
das 21. Jarhundert, Frankfurt a.M. 1993; Dirk Messner
/ Franz Nuscheler, Global Governance. Herausforderungen
an die deutsche Politik an der Schwelle zum 21. Jahrhundert,
SEF-Policy Paper Nr. 2, Bonn 1996; Paul P. Streeten,
Global Institutions for an Interdependent World, in:
World Development, 14 (1989) 9, S. 1349-1359; The Independent
Working Group on the Future of the United Nations, The
United Nations in its Second Half-Century (=Qureshi/von
Weizsäcker-Bericht), New York 1995; Jan Tinbergen (Ed.),
RIO-Reshaping the International Order, New York 1976.
Jon
Kahn:
Schwedens Weg in die Nachhaltigkeit
I am
going to talk about the different processes that are
going on, about sector-involvment in target setting,
how the objectives now are set. I would like to discuss,
if this is a wise way of going on, where we are at this
moment, if these targets will be powerful or not, how
different actors in these process have to co-operate
and how we reach out into society.
(3) The Swedish history of ecological policy startet
already in 1969 with integrated pollution control.
(Folie 1) Of course we were influenced a lot by
the Stockholm confernence in 1972, and later on we had
two very important environmental decisions in 1988 and
1991 concerning target values for NOx, Carbon Tax and
so on. However, after a while we found that this was
not enough. All this, the taxes and the other things,
was successful. But we needed a strategy that goes together
with the different sectors, that works togehter with
the people responsible for energy, for traffic, culture
or for other sectors. And therfore we agreed on these
objectives for environmental quality, which I will talk
about. At the same time we also had a law restructuring,
where all the environmental laws went into one single
environmental code.
(4) From a more general or abstract point of view this
process can be summarized as follows: We started with
point sources and with legislation during the sixties
and the seventies; we continued with enonomic instruments
and some targets setting in the end of the eighties
and the beginning of the nineties; and right now we
are trying to work with objectives for environmental
quality, sectoral responsibility, environmental management
and cooperation between different groups.
(5) What the politicians told in the Government bill
in 1998 is: “The overall objective is to solve today's
environmental problems before the year 2010-2025 - in
one generation.” - ”Solve today's environmental problems”,
this is a very political way of putting it. But it is
a real challenge, and the interesting thing about that
sentence is, that the objective itself was not discussed,
when this bill was debated in parliament and accepted
by all parties in parliament.
It is of course a question of what you consider as
”today's environmental problems” and what will happen
with the new ones, but that is another story.
Fifteen National Objectives for Environmental Quality
- the Basis of the Process
(6)
The national objectives for environmental quality which
now are accepted in parliament - in full unity as well,
all seven parties agreed - are these:
Folie 2
Of course, they are very general. But some of them
are very far-reaching like for instance ”no eutrophication”
or ”clean air”.
(7) There are a lots of things going on in Sweden.
We did not try to put everything into one single box
and say, that everything goes in there and comes out
there.
- There is a climate commission dealing with the fifteenth
of these environmental targets (see above, picture
6) and the Swedish strategy.
- There is a yearly cabinet action programme on sustainable
development where all ministries in Sweden say, what
they are doing for sustainable development. And this
is written down in a report to parliament.
- There is another special investigation going on
about environment and growth, resource efficiency
and factor 10. Of course, this is one of the more
important means in our work. But, from a more general
point of view, this deals with the question, how the
two different concepts - sustainable growth and sustainable
developement - go together.
- There is a special Agenda 21-comittee, there are
all Swedish municipalities having agenda 21 activities,
and there is a special central coordination of that
in another comittee, which also does the UNGASS preperations.
- And of course, we, who were one of the proposing
countries, are very active in the Cardiff-process
on EU sector integration.
So all this is going on at the same time, but we - so
far - can manage it.
(8) The Committe on Environmental Objectives,
which I'm the secretary of, has all political parties
as members. I should also say that this is a very Swedish
or Finnish-Swedish way of working. We prepare a lot
of things, and we have a dialogue with industry, with
interest-groups in our committee, in order to get them
involved in the preparation process before ministries
make a draft for a law. Our material - our base-line-
is the bill, or rather what is said in the bill about
new objectives needed and how all the old objectives
- there were 172 old objectives - could be put into
this process.
But also more than 40 state agencies, about 20 of them
central and sectoral agencies plus all the regional
agencies in Sweden, were commissioned to propose sectoral
targets and also national targets for all these 15 environmental
quality objectives. And wie are assigned by government
to propose subtargets to reach the national environmental
objectives, to present strategies for action and instruments,
and also to do cost analysis and to watch the effects
on different policies, different groups in society.
And we have both: Maßnahmen und Steuerung.
(9) The basis of this process was the fact, that the
old targets were too many, very varied, unorganized,
and their implementation was unclear. If you set a target
in parliament and you do not tell who is going to do
the job, you can hardly see, if it is successfull or
not. The reality has not been monitored according to
the targets. The sectors were not sufficiently involved,
the timetables have elapsed for some of them - we did
not do what we should have done. We had a future study
about Sweden 2021 - How could a sustainable Sweden look
like? - which was done by the Swedish “Umweltbundesamt”,
the Swedish Environmental Protection Agency. And they
also proposed these 15 new environmental quality objectives.
From Objectives to Strategy: Subtargets and Sectoral
Involvement
(10)
Will this be a good way to walk or not? I don't know,
we will see. But the idea is, that we will get a clear
decision on where we are heading, which can give more
freedom when we decide on instruments, and varieties
could be good for this process.
If we get to joint understanding of the objectives,
this will lead to practical solutions and follow-up
of results. And the follow-up indeed is very good to
varify what you are doing. And the most important thing
of this process: When governments decide plans they
overlook a one-year-budget, a three-year-budget or a
five-year-budget, if possible, and they see what can
be achieved. And enironment as such ist a question of
taking the future into account. And you can't do that
by just using interest rates or discounts. You have
to do more. And therefore, the aim of this is to have
the long-run effects present when deciding in the short-run
- to know the vision.
(11) Our timetable is very short, perhaps too short.
The agencies were commissioned to propose subtargets
one year ago. In October this year we have got about
five to ten thousand pages from the sectors, which we
now get stuck into. And they are supposed to present
targets, strategies and instruments - and and analyse
consequences. The analysis of consequences was not that
good, there were not always strategies and instruments
and they do not all have set timetables. Some were very
good. We have only little time left until June next
year to present our total proposal for the new environmental
policy. And the government prepares a new bill with
all these subtargets for parliament discussion, because,
when the first bill was presented, parliament said,
that they want to decide on all the subtargets.
The government ist not allowed to decide on the subtargets.
And the government wants to do this before we have
- for the first time (in 2001) - the presidency of the
Council of the European Union. At the same time also
the EU is supposed to - I think that was the outcome
of the Helsinki meeting - have a comprehensive overview
of what has been going on in the Cardiff Process, with
the Sixth Evironment Programme, before Rio +10.
(12) Our intention is to have subtargets for 2010.
We have chosen 2010 as a halfway, because then you change
things, if they don't go so well and you still have
enough time to get things implemented. This will be
decided in parliament as I said, and it will be complemented
by sectoral targets. Our task is not to set sectoral
targets - our task is to evalutate the sectoral targets,
based on consequence analyses with actions, instruments,
follow up mechanisms, monitoring and a clear implementing
of responsibility - a tough task.
(13) Will these objectives and subtargets have any
power? That is very important to discuss, I heard the
questions before - about energy policy and so on. I
think it will have. It will be a guide for the decision
on instruments. We will give some headlines for what
is to be done with instruments. When the objectives
are there, it is very hard to decide on instruments
which go the other way.
As the sectors have been involved - a hundred, maybe
more people are involved in central places in the sectors
- it will be a guide for sectoral strategies. It will
also be a basis for companies, when they decide about
environmental policies or environmental management.
It will be the basis for regional and local targets.
Many Swedish guides are already working with these 15
targets. It not a law. It is just a recommendation in
the commentary to the law, so that, when you apply this
law, you should use the objectives as a guide. But it
is hard to put them into the law. We are discussing
that a lot at the moment: What can we do more?
(14) The sectoral involvement. Some sectors are very
interested, some are not so interested. They propose
national targets, they have the possibility to. The
sectoral targets as such are decided in sectors, which
means that the sector can also be the parliament, in
case of more important issues like for instance decisions
on sustainable transport, energy and so on. And the
sector agencies have done consultations in each sector,
like the forestry, for instance. When they wanted to
propose targets for forestry, they first made a draft,
then they went out to forest-owners, to NGO's of different
kinds. Then they went back, wrote a new draft, went
out again with a new conference with all these sector
representatives and went back to write their proposal.
So they went out really three times in the forestry
sectors. Not everybody has been that good.
I think, that for this process it has been very important,
that the prime minister has put foreward the vision
of sustainable development.
The Process is Organized on different Levels
(Folie 3)
(16) The objectives are set on a central level, whoever
that is in each country. It could be parliament, it
could be the chancellor, it could be anybody. The environmental
partner, the UBA or the Bundesumweltministerium in this
country or whoever - in our place I did - can formulate
threats and potentials, have a dialogue with sectors
on targets and instruments , follows-up and proposes.
The environment has a difficult role here, because they
are both - helpers and deciders - this is the limit,
it's not so easy.
And the sector agencies will do a quite a lot of implementation
and will formulate targets with sector agents. And for
this there is a need for common objectives.
(17) How do you reach out in society? We have this
dialogue with sectors that I have told you about. We
have experts in the committee representing industry,
environment groups, ministries, municipalities and trade
unions. We go out with seminars and newsletters. The
agencies meet their sector. Regional Conferneces we
will have in the beginning of next year, I hope, and
we will also have hearings. And after our proposal is
presented the government could also go out to all groups.
And we are on the web, which doesn't say much more than
I have said today; it is on www.sustainable -sweden.gov.se.
Conclusions and General Ideas about the Process: What
we have learnt so far (Folie 4)
(18)
I try to draw same general conclusions. I think it is
important for this kind of process as we have had it,
that all agencies have environmental competence and
objectives. They cannot just rely on the environmental
competence from the environment protection agencies.
You must agree on the baseline - not only where we are
heading but also where are we now, what is the problem?
This is very important. If you do not agree on the problem
you won't come anywhere.
You must realize the spreading good examples, but you
cannot fully rely on them. The dialogue will promote
ideas. It has done in Sweden. It will improve knowledge
and attitudes. But the dialogue - the process - takes
time. I think, we have been very successfull with the
process so far, and we will see if we become as successfull
with the targets as such. Of course, there is always
a tendency to say that international agreement is important
and that you should wait for them or whatever, but not
only.
(19) Another general idea is that the vision must be
visible throughout the process. This is very important.
If you loose the overall vision the process will deteriorate.
You have to respect different cultures in different
sectors. Sometimes people cannot speak to each other,
it depends on the different cultural frames they have.
The sector agencies must realize their general responsibility
for all society and they must know the best practise
in their sector. Leadership in the process - I want
to stress that again - is needed and one fault you can
make is to go to deep into the details. You should pave
the way for the future, but history shows that you cannot
plan every detail. If you try to do, then you will get
backlashes.
Finally, it is necessery to look over the fence and
see what other countries are doing. In a more and more
global environment I think this is more and more important,
as companies also look at other countries. But however,
this must be done woth reason. There is not one perfect
way of going ahead in this process. You all have different
backgrounds, you are on different stages in this process,
in different countries. You have different frames, different
industries and so on.
But take the good examples. I also will look at a good
examples from Germany - let us steal freely from each
other.
Dr. Reinhard Loske:
Neue politische Konzepte für Nachhaltige
Entwicklung
Seit
1992 habe ich mich immer wieder gefragt, ob diese Rio-Konferenz
eigentlich der Anfang oder das Ende eines Prozesses
gewesen ist. War sie der Anfang eines Prozess dergestalt,
dass jetzt das Zeitalter der globalen Kooperation beginnt,
wo Umwelt, Wirtschaft und die soziale Frage auf immer
versöhnt sind? Oder war sie auch ein Endpunkt, sozusagen
ein Überrest aus den 80er Jahren? 1987, die Brundtland-Kommission,
der Bericht “Unsere gemeinsame Zukunft”, das war ja
im Grunde der Höhepunkt der globalen Nachhaltigkeitsdiskussion
- und wir wissen alle, dass dann, Anfang der 90er Jahre,
der “Nachhaltigkeitsdiskurs”, wie es so schön heißt,
abgelöst wurde durch den “Globalisierungsdiskurs”.
Die harten Realitäten der 90er - Stichwort: Ende der
bipolaren Welt, Hyperwettbewerb, die Zunahme des Welthandels
etc. - zeigen, dass das Jahr 1992 auch ein Endpunkt
war. Insofern haben wir da eine gewisse Ungleichzeitigkeit.
Viele von uns, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit
und mit den internationalen Institutionen und Konventionen
beschäftigen, mussten feststellen, dass der Gegenwind
zugenommen hat. Bei vielen hat das auch zu Larmoyanz
geführt, zu einer gewissen Weinerlichkeit darüber, dass
nun doch die Globalisierung an die Stelle der Nachhaltigkeit
getreten sei. Ich sehe jetzt - wenn ich mein Ohr ein
wenig an den Wind halte - wieder eine moderate Veränderung
der Bedingungen, wenn ich mir beispielsweise die jüngsten
Ereignisse in Seattle anschaue.
Der Globalisierungsdiskurs - die Art und Weise jedenfalls,
wie er geführt worden ist im Sinne einer totalen Dominanz
des Wettbewerbsgedankens - stößt an Grenzen. Diese Grenzen
sind zwar nur in geringerem Umfang ökologische Widerstände,
aber zum großen Teil natürlich soziale Widerstände.
Das ist teilweise auch eine Melange, die fragwürdig
ist - von Regionalisten und Nationalisten bis hin zu
Umweltschützern und Menschenrechtsaktivisten. Aber mir
scheint doch, dass der Globalisierungsdiskurs, wie er
sich in den letzten Jahren zumindest in seiner radikalen
Variante gezeigt hat, sich nicht länger durchsetzen
kann. Und das betrachte ich als Chance für die Revitalisierung
der Nachhaltigkeitsdebatte und dessen, was sie denn
bedeutet für uns, für unsere politische Kultur und für
unser politisches Handeln.
Kommunikation spielt eine wesentliche Rolle
Als
wir am Wuppertal Institut an der Studie “Zukunftsfähiges
Deutschland” arbeiteten, haben wir uns Gedanken darüber
gemacht, wie man denn dieses ganze Projekt nennen soll.
Wir wissen ja alle, dass es für den Begriff “Sustainability”
sehr viele Übersetzungen in die deutsche Sprache gibt.
Die einen reden von “Nachhaltigkeit”, andere von “Dauerhaftigkeit”,
Dritte von “Zukunftsfähigkeit”, wieder andere von “Umweltverträglichkeit”
oder - wie ich jetzt unlängst hörte - von “Durchhaltbarkeit”.
Es war uns wichtig, das auf eine Art und Weise zu präsentieren,
dass die Öffentlichkeit, wenn sie es hört, eine positive
Bezugnahme hat. Der Begriff sollte mit dem Wort “Deutschland”
verknüpft werden, also “Sustainable Germany”. So sind
wir dann letztlich zu dem Ergebnis gekommen, dass “zukunftsfähig”
der adäquate Begriff sei. Schließlich klingt “Dauerhaftes
Deutschland” nach “Deutschland für immer”, “Nachhaltiges
Deutschland” schon fast wie eine Drohung, ganz zu schweigen
vom “Durchhaltbaren Deutschland”. Ich spitze diese Anekdote
etwas zu, weil ich in der Tat der Meinung bin, dass
die Begrifflichkeit ganz, ganz zentral ist - und den
Begriff der Nachhaltigkeit finde ich wirklich sehr leblos.
Der Nachhaltigkeitsgedanke findet Anwendung auch in
anderen politischen Handlungsfeldern
Im politischen Raum, im politischen Handeln beobachte
ich etwas, worauf viele, die den Nachhaltigkeitsgedanken
vertreten, eigentlich stolz sein könnten: der Nachhaltigkeitsgedanke
hat sich im politischen Raum weitgehend durchgesetzt,
zum Teil auch substanziell. Ich beobachte beispielsweise,
dass unsere Haushaltspolitiker und unsere Sozialpolitiker
den Gedanken der Nachhaltigkeit immer häufiger verwenden.
Das ist vielleicht nicht 1:1 identisch mit dem, was
Ökologen darunter verstehen. Aber der Grundgedanke ist
derselbe. Wenn wir über Ökologie und Nachhaltigkeit
reden, dann sagen wir ja: Bislang weigert man sich in
der Gegenwart, die notwendigen Dinge zu tun und verschiebt
stattdessen die Lasten auf die Zukunft, auf die zukünftigen
Generationen. Und dieser Grundgedanke spiegelt sich
jetzt in der Haushaltspolitik, wo die Argumentationsfigur
von Hans Eichel kommt: Wir können doch nicht immer mehr
Zinsaufwendungen auf die zukünftigen Generationen abladen
und damit ihre Handlungsspielräume einengen. Oder bei
der Diskussion um die Rentenreform: Wenn man sagt, wir
wollen einen Krieg zwischen den Generationen vermeiden,
dann geht es doch darum, eine neue Lastenverteilung
zu finden - damit die nachrückenden Generationen bzw.
die jungen Leute nicht übermäßig mit Rentenversicherungsbeiträgen
belastet werden.
Dieser Gedanke der Zukunftsverantwortung - oder neuerdings
wird auch von Generationengerechtigkeit geredet - sickert
langsam in die politische Rhetorik und auch in das politische
Handeln ein. Und das sollten wir mit einer gewissen
Genugtuung zur Kenntnis nehmen.
Themen verknüpfen und neue Allianzen schmieden
Die
Dreidimensionalität der Nachhaltigkeit, das Dreieck
Wirtschaft - Umwelt - Soziales, vermittelt ein sehr
stark konfliktives Politikmodell und man glaubt, man
müsse diese drei Elemente irgendwie ausbalancieren:
Wieviel Ökologie können wir uns leisten bei gleichzeitiger
sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung?
Oder: Wieviel wirtschaftliche Entwicklung kann man sich
leisten unter Berücksichtigung dieser oder jener Umweltbedingung?
Das ist schon deshalb fragwürdig, weil die Realität
ja so aussieht, dass zwei von diesen drei Elementen
sehr mächtige Interessenvertretungen in der Gegenwart
haben: die Wirtschaft - sehr dominant, wie wir alle
wissen ,und in Zeiten der Globalisierung natürlich nochmal
gestärkt - und die soziale Dimension. Letztere hat zwar
gegenüber der Wirtschaft in den letzten 10 Jahren an
Boden verloren Sie hat aber nach wie vor sehr gut organisierte
Interessengruppen und ist insofern in hohem Maße präsent.
Die ökologischen Interessen - also das dritte Eckchen
dieses Dreiecks - sind Interessen der zukünftigen Generationen
und der nichtmenschlichen Kreatur und daher nicht so
potent in der Gegenwart. Und deshalb gibt es einen strategischen
Schluss, den viele gezogen haben - und ich glaube, politisch
gibt es dazu keine Alternative: dass man eben nicht
“nur” ethisch-moralisch argumentiert, sondern dass man
sich auch in der Gegenwart Interessenverbündete sucht,
mit denen man solche Ziele gemeinsam verfolgen kann.
Dann ist die Rede von win-win-Situationen und neuen
Allianzen. Ich glaube in der Tat, dass das der richtige
Ansatz ist.
Ich will einfach einmal ein paar Stichworte nennen
für solche neuen Allianzen. Sie finden sich dann auch
in dem Organigramm von dem nationalen Nachhaltigkeitsrat:
- Technologie und Umwelt: Da hat unsere Kultur
natürlich eine extrem hohe Affinität.
- Arbeitsplätze und Umwelt. Das ist ein Thema,
das man wirklich wunderbar bestellen kann und wo man
zeigen kann: Da muss diese Regierung mehr bringen.
- Umwelt und Gesundheit. Ein ganz wichtiges
Thema, wozu jetzt auch die beiden grünen Häuser mit
der Einrichtung eines Rates eine gemeinsame Geschichte
vorgelegt haben.
- Schönheit und Umweltschutz - die ganze Frage
der Landschaftsästhetik. Hier gibt es möglicherweise
neue Allianzen zwischen Landwirtschaft und Umwelt.
Ist dieser alte Konflikt nicht relativ fruchtlos?
Wir haben ja heute die Situation, dass beide mit dem
Rücken zur Wand stehen, die Bauern und die Naturschützer.
Lassen sich da nicht möglicherweise neue Allianzen
schmieden?
- Nachhaltigkeit und Verwaltungsreform - ein
Thema von Martin Jänicke. Das ist natürlich ein gigantisches
Thema: die Art und Weise, wie man Nachhaltigkeit im
politischen Raum implementiert - also public policy
management. Das ist eine Sache, die man in vielen
Kommunalverwaltungen interessanterweise schon beobachten
kann.
- Subventionsabbau und Nachhaltigkeit. Das
ist natürlich politisch sehr heikel, aber das muss
angegangen werden. Wenn es so ist, dass wir Haushaltsprobleme
haben, dass die öffentlichen Kassen nicht mehr prall
gefüllt sind und wir gleichzeitig Subventionen geben,
die objektiv ökologisch kontraproduktiv sind, dann
müssten wir ja verrückt sein, wenn wir nicht versuchen
würden, diese beiden Themen zusammenzuspannen: Subventionsabbau
unter ökologischen Gesichtspunkten. Ich will offen
zugeben, man kann nicht über den zweiten Satz der
Nachhaltigkeit “Nutze nicht erneuerbare Energien nur
in dem Maß, wie du Ersatzkapazitäten schaffst für
erneuerbare” reden und gleichzeitig die Braunkohle
ganz massiv fördern. Das ist - um das mindestens zu
sagen - inkonsistent.
Solche
Themenverknüpfungen sind sehr wichtig im Rahmen der
Nachhaltigkeitsdiskussion - man verknüpft Themen und
versucht, neue Allianzen zu schmieden.
Es ist mit Sicherheit problematisch, zu sagen, Soziales,
Wirtschaft und Umwelt müsse immer ausgewogen sein und
sich dann Hilfsargumente zu suchen wie “Umweltschutz
ist gut, weil er Arbeitsplätze schafft” oder “Umweltschutz
ist gut, weil sich damit neue Technologien entwickeln
und möglicherweise später exportieren lassen”. Da besteht
die Gefahr, dass nur noch die ökologischen Maßnahmen
ergriffen werden, die eben auch Kosten sparen, die eben
auch Arbeitsplätze schaffen, die eben auch exportfähige
Produkte hervorbringen. Man muss sehr darauf achten,
dass ökologische Ziele ganz eigene Begründungszusammenhänge
haben. Solche Hilfsargumente sind zwar notwendig, um
in der gesellschaftlichen Debatte bestehen zu können.
Aber es darf nicht soweit gehen, dass Ökologie zum reinen
Mittel wird, um bestimmte Ziele zu erreichen. Nein,
Umweltschutz - der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen
- ist ein Ziel an sich.
Wir sind auf dem Weg in Richtung Nachhaltigkeit
Was
diese Regierung bislang sicherlich nicht besonders gut
gemacht hat, war, ist, über die Dinge auch öffentlich
zu reden, die sie angestoßen hat. Es sind jedoch eine
ganze Menge Dinge, die sich vorzeigen lassen, die es
vor allem früher in dieser Form nicht gegeben hat. Das
Thema Energiewende beinhaltet weit mehr als die leidliche
Diskussion über den Atomausstieg: Wir haben das 100.000-Dächer-Programm
für Photovoltaik. Wir haben ein Förderprogramm für marktnahe,
erneuerbare Energien aufgelegt. Wir haben eine Novelle
des Stromeinspeisungsgesetzes vorgelegt, die es ermöglicht,
weiter auf diesem Pfad Richtung Wachstum bei den erneuerbaren
Energien zu gehen. Wir haben uns vorgenommen, die Kraft-Wärme-Kopplung
nicht nur zu schützen, sondern auszubauen. Wir haben
die Ökologische Steuerreform - das ist im Moment kein
Projekt, das große öffentliche Unterstützung findet,
deshalb müssen wir dafür werben. Wir haben die ökologische
Steuerreform eingeführt und ihr eine Perspektive auf
der Zeitachse gegeben - über die Legislaturperiode hinaus
bis 2003 - und wir haben - jenseits der allgemeinen
Hebesätze, der bekannten 6 Pfennig pro Liter Benzin
jährlich und insgesamt 4 Pfennig pro Kilowattstunde
Strom - im Ökosteuer-Regime eine ganze Menge Sonderregelungen,
die zielführend wirken zugunsten der Kraft-Wärme-Kopplung,
zugunsten der Blockheizkraftwerke, zugunsten hocheffizienter
Kraftwerke, wenngleich auch eine nicht unbedeutende
Restriktion auf Druck der Braunkohle-Lobby dabei ist.
Das, was wir innerhalb eines Jahres im Bereich der Energiepolitik
geschafft haben, weist auf jeden Fall in Richtung Nachhaltigkeit.
Beim Thema Verkehr sieht es etwas schwieriger aus.
Wir hatten uns vorgenommen, die Investitionsmittel für
Straße und Schiene einander anzugleichen. Diese Entwicklung
ist noch nicht erreicht, auch aufgrund von Verpflichtungsermächtigungen
aus der letzten Legislaturperiode. Aber in die Richtung
müssen wir gehen. Wir haben gleichzeitig vereinbart
- und daran wird zur Zeit gearbeitet - bis 2001/2002
ein Kriterienraster zu entwickeln, mit dem der Bundesverkehrswegeplan
systematisch noch einmal im Hinblick auf seine Wirtschaftlichkeit
und auf Umweltauswirkungen geprüft werden soll.
Institutionelle Reformen sind der erste Schritt
Wenn
es innerhalb der Ökologiediskussion der letzten 20 Jahre
darum ging, wie man das politische System ergänzen muss,
so ging es dabei immer um zweierlei: zum einen um partizipative
Elemente und zum anderen um langzeitorientierte Elemente.
Martin Jänicke nannte das Elemente von “oben” und von
“unten”. Die eher linke/kritische Perspektive war eigentlich
immer die: Man hat großes Gewicht auf partizipative
Elemente - Mitspracherechte - gelegt, in dem Glauben,
dass sich die Vernunft schon Bahn brechen werde, wenn
man die Leute nur genug mitreden lässt. Die Folge waren
Forderungen nach Informationsrechten, Beteiligungsrechten,
Klagerechten, Einsichtsrechten - da sind wir ein gutes
Stück weitergekommen, und das ist gut so. Doch auch
da ist durchaus noch einiges zu tun.
Doch möchte ich hierzu eine kleine Einschränkung machen.
Die Nichtregierungsorganisationen - NGOs - werden heute
meiner Ansicht nach zu stark idealisiert. Als es damals
gelungen war, die Versenkung der Ölplattform Brent
Spar zu verhindern, erschien ein Artikel im ZEIT-Dossier
mit dem Titel “Die neue Weltregierung”. Es hieß, die
NGOs treten jetzt quasi an die Stelle der Regierungen
- die neue Weltzivilgesellschaft werde es schon richten.
Die NGOs sind tatsächlich sehr wichtig. Wir brauchen
sie, gerade in der Politik. Aber sie können Politik
nur im Sinne von Komplementär-Elementen ergänzen, kritisch
begleiten, Wachhunde sein, wenn man so will. Aber der
legitimierte Souverän ist nach wie vor das Parlament
- die Politik. Die Politik kann sich nicht darauf herausreden:
“Wir machen mal Partizipationsrechte, die Vernunft kommt
dann von selbst”. Beteiligungsrechte sind wichtig, aber
sie ersetzen kein politisches Handeln.
Dasselbe gilt analog für langzeitorientierte Instrumente.
Ideen dazu sind in Deutschland - soweit ich das überblicke
- immer eher aus einer konservativen oder aus einer
kulturpessimistischen Position gekommen. So beispielsweise
bei Gruhl, oder auch später bei Bahro, der zwar aus
der Linken kam, aber der Massendemokratie sehr skeptisch
gegenüberstand. Der Idee der Langzeitorientierung entspricht
die Vorstellung, es müsste einen Rat von Weisen geben,
der, losgelöst von den tagespolitischen Niederungen
- den tagespolitischen Konflikten, die große Perspektive
einnehmen könnte und den Politikern sagen könnte, was
sie zu machen haben. Bahro nannte das damals den “Fürsten
der ökologischen Wende” - er wollte nur einen Weisen,
nicht einen Rat von zehn Weisen.
Ich denke, dass man eine Ergänzung des politischen
Systems um beides braucht, sowohl um partizipative Elemente
als auch um langzeitorientierte Elemente. Das sind wichtige
Institutionen, die der Politik den Marsch blasen können,
die der Politik sagen können, was sie falsch macht,
die ihr auf die Finger klopfen und ihr sagen, was sie
denn stattdessen machen soll - aber nicht im Sinne von
Politikersatz. Neben dieser Ergänzung, neben dieser
Einziehung von Komplementärelementen von oben und unten
ist es auch notwendig, die Regierung selbst zu reformieren.
Denn wenn es richtig ist, dass der Schlüsselbegriff
der Nachhaltigkeit die Politikintegration ist - die
Integration von Umweltbelangen in Wirtschaftspolitik,
Energiepolitik, Verkehrspolitik, Landwirtschaftspolitik
usw., dann muss man daraus früher oder später institutionelle
Konsequenzen ziehen. Es kann ja nicht sein, dass eine
interministerielle Arbeitsgruppe die Krone der institutionellen
Reformen bleibt. Man muss über kurz oder lang auch über
eine Änderung der Ressortzuschnitte nachdenken. Es gibt
vier Dinge, die ich mir vorstellen könnte:
1. Man könnte sich natürlich vorstellen, dass der Umweltminister
ein Vetorecht hat. Das wäre das Weitestgehende. Der
Umweltminister schaut den Anderen auf die Finger und
sagt: “So nicht! Du, Verkehrsminister, die Autobahn,
die du planst, ist nicht nachhaltig. Deswegen genehmige
ich sie Dir nicht.” Das wäre eine sehr weitgehende Vorstellung,
die allerdings nicht besonders realistisch ist.
2. Das zweite wäre, dass es ein Superministerium für
Nachhaltigkeit gäbe, in dem die wichtigsten ökologisch
relevanten Aktivitäten zusammengeführt werden. Das wäre
beispielsweise ein Ministerium, wo die Infrastrukturbereiche
Energie, Abfallwirtschaft, Verkehr vereinigt sind, um
mindestens zentrale Schlüsselkompetenzen in einem Ministerium
zu haben. Das hätte seine Vorzüge, ohne jeden Zweifel.
Es wäre eine Aufwertung, und tatsächlich ist in einigen
Landesregierungen ein solcher Umbau zu beobachten. Ich
kann diesem Modell einiges abgewinnen. Hierbei besteht
jedoch die Gefahr, dass die anderen dieses Ministerium
nur als Gegner begreifen oder dass die anderen jegliche
Eigenverantwortung auf dieses abwälzen.
3. Eine dritte Richtung, in die man sich im nationalen
Rahmen vorstellen könnte, ist eine Richtung, in die
in Holland zumindest angedacht wird, wenn sie dort auch
nicht vollzogen wird: Jedes Ministerium erhält eine
eigene grüne Abteilung oder einen eigenen grünen Staatssekretär,
einen Green Secretary of State, der dann später einem
Green Cabinet angehört. Dann werden alle Ministerien
so grün, dass über kurz oder lang das Umweltministerium
abgeschafft werden kann. Auch das ist eine sehr weitgehende
Vorstellung. Das sind alles idealtypisch vereinfachte
Optionen, aber sie schwingen bei den verschiedenen Politikansätzen
mit.
4. Das vierte und letzte wäre folgendes: Der Bundeskanzler
weist alle Ministerien an, im Sinne der Nachhaltigkeit
zu agieren. Das scheint mir der Weg zu sein, der dem
Projekt “Zukunftsrat” entspricht. Der Rat ist beim Kanzleramt
angesiedelt und nicht beim Umweltministerium. Das halte
ich für sehr vernünftig. Aber klar sein muss auch, dass
das Umweltministerium in diesem ganzen Prozess eine
wichtige Rolle spielen muss, eine herausgehobene Rolle.
Nicht nur, weil der Umweltminister ein Parteifreund
von mir ist, sondern auch, weil es von der Sache her
geboten ist. Das Umweltministerium ist das Ministerium,
wo der größte Sachverstand, die größte Kompetenz auf
diesem Felde versammelt ist.
Es gibt sicherlich keine Patentantworten. Wir werden
sehen, was passiert. Aber das Konzept, so wie ich es
jetzt erkennen kann, scheint mir ein vernünftiger Weg
zu sein. Eine arbeitsfähige Größe ist sehr wichtig,.
Der nationale Nachhaltigkeitsrat ist überschaubar und
mit Leuten besetzt, die auch etwas in ihre Community
hinein vermitteln können - Leute, die nicht aus Spaß
an der Freude zusammensitzen, sonder die wirklich was
einbringen können. Und das grüne Kabinett ist auf jeden
Fall ein erster Schritt Richtung Neuzuschnitt von Ressorts
im Zuge der Nachhaltigkeitsdiskussion. In Zukunft kann
das darüber hinausgehen, aber im Moment ist das der
richtige Ansatz.
K U R Z
- B I O G R A P H I E N
Winfried Hermann:
MdB BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Fachbereichsleiter (VHS
Stuttgart); geb. 1952 in Rottenburg am Neckar
Studium der Fächer Deutsch, Politik und Sport in Tübingen.
1981/84 Schuldienst an einem Gymnasium in Stuttgart.
1989/98 Fachbereichsleiter an der VHS Stuttgart für
Gesundheit und Umwelt.
1984/88 MdL Baden-Württemberg; 1987/89 Landesvorstand
der GRÜNEN in Baden-Württemberg. 1987/89 und wieder
seit 1999 Mitglied des Bundesvorstandes der Naturfreunde.
Mitglied der GEW und des VfvB Verein für vielfältige
Bewegungskultur e.V. Stuttgart.
1997/98 Initiator und Koordinator der Lokalen Agenda
Stuttgart. Herausgeber und Mitautor des Buches “Lokale
Agenda - Anstöße zur zukunftsfähigen Entwicklung von
Gemeinden”, Kohlhammer Verlag (Erscheinungstermin Januar
2000)
- MdB seit 1998, stellvertretender Vorsitzender des
Umweltausschusses und sportpolitischer Sprecher der
Fraktion
Gila
Altmann:
MdB BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Lehrerin, seit 1998 Parlamentarische
Staatssekretärin im Ministerium für Umwelt, Naturschutz
& Reaktorsicherheit, geb. 1949 in Wilhelmshaven.
Studium an der PH in Hildesheim zum Lehramt für Grund-
und Hauptschulen mit den Fächern Bildende Kunst/Visuelle
Kommunikation, Mathematik und Chemie. 1973/1976 Lehrerin
an der Sonderschule für Lernbehinderte und 1976/1991
Lehrerin an der Hauptschule in Moordorf. 1991/1996 Mitglied
des Vorstandes der AG Schacht Konrad, Mitglied des Vorstandes
Rosana e.V. Brücke für Belaruss. Seit 1981 Mitglied
der GRÜNEN, 1991/94 hauptamtliche Landesvorsitzende
der GRÜNEN Niedersachsen. 1986/93 Fraktionssprecherin
im Auricher Stadtrat.
- MdB seit 1994; 1994/98 verkehrspolitische Sprecherin
der Fraktion, seit 1998 Parlamentarische Staatssekretärin.
Schwerpunkte: Klima- und Naturschutz.
Marion
Caspers-Merk:
MdB SPD; Kommunalwissenschaftlerin und Lehrbeauftragte,
geb. 1955 in Mannheim.
Studium der Politikwissenschaft, Germanistik und Geschichte
an den Universitäten Berlin und Freiburg, 1980 Magisterexamen.
Wissenschaftl. Mitarbeiterin an einem Forschungsinstitut,
Dozentin in der Erwachsenenbildung, Lehrbeauftragte
an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in
Kehl sowie an der Ev. Und Kath. Fachhochschule für Sozialwesen
in Freiburg.
Publikationen zur Kommunalpolitik und Umweltplanung.
Mitglied BUND, in der AWO und bei den Naturfreunden.
Mitglied im Kuratorium Deutsche Umweltstiftung. Seit
1972 Mitglied der SPD, 1975/86 im Vorstand und Vorsitzende
Ortsverein March, seit 1990 Mitglied im Kreisvorstand
Lörrach, seit 1991 stellv. Landesvorsitzende der SGK
Baden-Württemberg, seit 1996 stellvertretende Vorsitzende
der Bundes-SGK. 1980/90 Gemeinderätin in March/Breisgau.
- MdB seit 1990, 13. Legislaturperiode Vorsitzende
der Enquete-Kommission “Schutz des Menschen und der
Umwelt”, seit 1997 Mitglied im Vorstand der SPD-Fraktion,
Mitglied im Umweltausschuss des Bundestages.
Dr.
Hans-Jürgen Nantke:
Geb. 1950, Diplom-Chemiker
1973/78 Chemiestudium an der Freien Universität Berlin.
1979/84 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für
Anorganische und Analytische Chemie der FU Berlin. Seit
1984 Mitarbeiter des Umweltbundesamtes Berlin, u.a.
als Pressesprecher und Leiter des Grundsatzreferates.
Zuletzt Leiter der Abteilung Umweltstrategien und Umweltinformation.
Jürgen Maier:
1993/96 Geschäftsführer der Asienstiftung, Essen, die
sich neben dem deutsch-asiatischen Austausch publizistisch
u.a. mit dem Aufstieg der asiatischen "Tigerländer"
zu Industrieländern auseinandersetzt.
Seit 1996 als Leiter der Projektstelle Umwelt &
Entwicklung verantwortlich für die Geschäftsführung
des Forums Umwelt & Entwicklung, dem deutschen NGO-Zusammenschluss
für die internationale und nationale Begleitung des
Rio-Prozesses.
Dr. Michael Braun:
Vice President von Arthur D. Little, Beratungsbereich
Technologie- & Innovationsmanagement.
Die Arbeit seines Beratungsbereich konzentriert sich
auf die Steigerung der Innovationskraft von Unternehmen
und Forschungseinrichtungen durch strategische und operative
Maßnahmen. Dabei setzen wir Schwerpunkte beim Management
von Forschung und Entwicklung, bei der Optimierung übergreifender
Innovationsprozesse, bei der Erschließung und Nutzung
neuer, innovativer Technologien und der Weiterentwicklung
des traditionellen Innovationsansatzes in Richtung auf
Innovation im Prozess- und Dienstleistungsbereich. Das
besondere Interesse von Herrn Dr. Braun gilt dabei der
erfolgreichen Umsetzung solcher Konzepte und der Begleitung
der damit verbundenen tiefgreifenden Veränderungsprozesse.
Vor seinem Eintritt bei Arthur D. Little International
war Herr Dr. Braun als wissenschaftlicher Mitarbeiter
an einem Max-Planck-Institut im Bereich der Laserforschung
tätig.
Er hat Chemie an den Universitäten München und Heidelberg
studiert und darüber hinaus am INSEAD den Grad eines
Master of Business Administration (MBA) erworben.
Prof. Dr. Martin Jänicke:
geb. 1937 in Buckow (Mark); 1963 Diplom (Soziologie)
an der FU Berlin; 1969 Promotion zum Dr. phil. Und 1970
Habilitation für das Fach Politikwissenschaft an der
Philosophischen Fakultät der FU Berlin. Seit 1971 Professor
für Vergleichende Politikwissenschaft an der FU Berlin
und seit 1973 Leiter zahlreicher Drittmittelprojekte
zur Umweltpolitik-Analyse, darunter mehrere internationale
Kooperationsvorhaben.
1974/76 Externer Berater der Planungsabteilung des
Bundeskanzleramtes; 1981/83 Mitglied des Abgeordnetenhauses
von Berlin. 1981-82 Mitglied der Kommission “Aktionsprogramm
Ökologie” des Bundesinnenministers. Seit 1986 Leiter
der Forschungsstelle für Umweltpolitik der FU Berlin.
1989/97 Mitglied des Energiebeirates des Senates von
Berlin. 1991/92 Mitglied der strukturpolitischen Expertenkommission
des Senators für Wirtschaft und Technologie Berlin.
1992/96 Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission und
1994/96 Projektleiter der UN Universität. 1996/98 Mitglied
des Nationalen Komitees für Global Change-Forschung.
1998 Umweltpreis der Stiftung Naturschutz Berlin.
Mitglied der wissenschaftl. Beiräte des Instituts für
Zukunftsstudien und Technologiebewertung, des Bremer
Energieinstituts (bis 1997), des Instituts für Ökologische
Wirtschaftsforschung und der Energiestiftung Schleswig-Holstein
(ab 1998). 1977/90 Mitglied des Kuratoriums des ÖKO-Instituts
Freiburg. Bis 1982 Vorsitzender des Beirates des Wissenschaftszentrums
Berlin und des Instituts für Zukunftsforschung. Mitglied
des Vorstandes (bis 1981) und (bis 1988) des Beirates
der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft
(DVPW). Leiter des Arbeitskreises Umweltpolitik der
DVPW (1996/98). Mitglied der wissenschaftlichen Beiräte
der Zeitschrift für Umweltpolitik und Umweltrecht (seit
1978), der Zeitschrift für angewandte Umweltforschung
(seit 1988) und der Zeitschrift Policy Studies (seit
1996). Mitbegründer der Zeitschrift NATUR (1980).
Seit Frühjahr 1999 Gutachter im Sachverständigenrat
für Umweltfragen
Lehr- bzw. Forschungsaufenthalte: Harvard-Universität
(1965, 1971), Universität Leningrad (1977), Institut
für Höhere Studien Wien (1984), Japan (1981, 1994),
Universität Bern (1994), Wirtschaftsuniversität Wien
(1996).
Gutachter: EU (DG XII), BMBF, DFG, VW-Stiftung.
Cornelia Quennet-Thielen:
geb. 1957 in Freiburg, Ministerialdirigentin. Studium
der Rechtswissenschaften.
Unterabteilungsleiterin “Grundsätzliche und wirtschaftliche
Fragen des Umweltpolitik, fachübergreifendes Umweltrecht”
im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
( BMU ).
1990 - 1999 Referentin und Referatsleiterin im Bereich
der europäischen und internationalen Zusammenarbeit
des BMU, 1985 - 1990 Persönliche Referentin von Minister
Prof. Dr. Klaus Töpfer im Ministerium für Umwelt und
Gesundheit, Rheinland-Pfalz sowie ab 1987 im BMU,
1985 Richterin im Landesdienst Rheinland-Pfalz.
Jon Kahn:
Hauptsekretär, Ministerialdirigent
1974/92 Head of division for energy and environment,
Stockholm County
Council. 1992/94 Berater des Umweltministers (Political
adviser to the Minister of
Environment).
1994/98 Ministerialdirigent für Umweltanalyse, Umweltstrategien
und
-steuerung im schwedischen Umweltministerium (Director
for the division for environmental
analysis, strategy and instruments at the Ministry
of Environment ).
Seit 1998 Hauptsekretär des Komitees für Umweltziele
(Committee on Environmental Objectives)im schwedischen
Umweltministerium
Prof. Dr. Udo Ernst Simonis:
geb. 1937 in Hilgert bei Koblenz; Studium der Wirtschafts-
und Sozialwissenschaften in Mainz, Wien und Freiburg;
Dr. sc. pol., 1964-67 Assistent an der Universität Kiel;
1967-69 Berater des Präsidenten von Zambia; 1970-71
Research Fellow an der Universität Tokyo; 1973-88 Professor
für Ökonomie an der Technischen Universität Berlin;
1981-87 Direktor des Internationalen Instituts für Umwelt
und Gesellschaft (IIUG), Berlin; seit 1988 Professor
für Umweltpolitik am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB);
1988-93 Mitglied des Committee for Development Planning
(CDP) der Vereinten Nationen; 1992-96 Mitglied des Wissenschaftlichen
Beirats Globale Umweltveränderungen (WBGU); seit 1991
Mitherausgeber und Redakteur des >Jahrbuch Ökologiea
href="<.htm"; Vorsitzender der Vereinigung Deutscher
Wissenschaftler (VDW); Träger des Umweltpreises Wissenschaft
des Bundesdeutschen Arbeitskreises Umweltbewußtes Management
(B.A.U.M.), seit 1999 Mitglied des Committee for Development
Policy (CDP) der Vereinten Nationen.
Veröffentlichungen u.a.: Ökologische Orientierungen,
Berlin 19882; (Hrsg.) Präventive Umweltpolitik, Frankfurt
a. M., New York 1988; Beyond Growth. Elements of Sustainable
Development, Berlin 1990; (Hrsg.) Basiswissen Umweltpolitik,
Berlin 19902; (Ed.) Sustainability and Environmental
Policy, Berlin 1992; (Hrsg.) Ökonomie und Ökologie,
Heidelberg 19947; (Ed.) Industrial Metabolism, Tokyo,
New York, Paris 1994; Globale Umweltpolitik, Mannheim
1996; Weltumweltpolitik, Berlin 19982; (Hrsg.) Jahrbuch
Ökologie 1992-2000, München 1991-1999; über 600 Beiträge
in Fachbüchern und Fachzeitschriften.
Dr. Reinhard Loske:
MdB BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Diplomvolkswirt, geb. 1959
in Lippstadt.
Kaufmännische Ausbildung 1978, Studium Volkswirtschaftslehre
und Politikwissenschaft in Paderborn, Nottingham und
Bonn, Dipl.-Volkswirt 1986. Nebenberuflich Promotion
an der Univ.-Gesamthochschule Kassel, Dr. rer. pol,
1999 Habilitation FU Berlin. 1986/87 wissenschaftlicher
Mitarbeiter Universität Paderborn, 1987/90 wissenschaftl.
Angestellter Fraktion DIE GRÜNEN im Bundestag.
1990/91 Projektleiter, 1991/92 Referent im Ministerium
für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie NRW. 1992/97
Leiter der AG Zukunftsfähiges Deutschland am Wuppertaler
Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH.
1989/90 Mitglied des Landesvorstandes von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN NRW und umweltpolitischer Sprecher. 1984/89 Mitglied
im Stadtrat Geseke, Fraktionssprecher. Mitglied der
Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, Vereinigung für
ökologische Wirtschaftsforschung, Mitglied im Umweltrat
der Umweltbank Nürnberg und im Kuratorium der Bonner
Stiftung Zukunftsfähigkeit.
- MdB seit 1998, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion,
Mitglied im Umweltausschuss des Bundestages
zurück...
|