Zur Olympiaentscheidung der Grünen und der Kritik an Winne Hermann

Autor: admin  |  Kategorie: Sport und Bewegung

Vor eineinhalb Jahren hat der Bundestag entschieden, die Bewerbung Münchens für Olympische und Paralympische Spiele 2018 zu unterstützen. Damals haben wir Grüne uns enthalten, weil wir in der Bundestagsfraktion eher kritisch-positiv waren, aber nicht euphorisch. Die bayerischen Grünen waren dagegen eher ablehnend, während die Grünen im Münchner Stadtrat sich für die Bewerbung einsetzten. Zu dieser Zeit war das Versprechen einer ökologischen Konzeption der Spiele zudem noch nicht belegt.

Der Alpenraum ist äußerst sensibel, Eingriffe bedürfen einer stichhaltigen Begründung und müssen so gering wie möglich gehalten werden. Zu Recht sind hier viele Grüne in Bezug auf Großprojekte sehr vorsichtig. Wir Grüne sind keine Ja-und-Amen-Partei, wir hinterfragen und schauen kritisch hin.

Vor Kurzem hat sich nun die Bundesversammlung der Grünen für einen Antrag aus Bayern ausgesprochen, der die Olympiabewerbung Münchens ablehnt. Mit einer Mehrheit von 289 zu 244 Stimmen bei 70 Enthaltungen fiel die Entscheidung zu später Stunde nach kurzer kontroverser Debatte. Offensichtlich fühlten sich viele Delegierte nicht in der Lage, sich zu entscheiden. Viele hatten sich bis dahin mit dieser Bewerbung nicht wirklich befasst.

Die Debatte war leider zu kurz, um das Bewerbungs- und speziell das Umweltkonzept umfassend darzustellen. Die grundsätzlichen Einwände der Bewerbungsgegner (unökologisches, kommerzielles Großprojekt des IOC zu Lasten von München, Garmisch und der Allgemeinheit) trafen die Skepsis vieler Grüner gegen derartige Großprojekte und unökologischen Wintersport in den Alpen. Gerade der Einsatz von Schneekanonen sorgte bei vielen Grünen für Unbehagen.

Auch wenn in letzter Zeit umwelttechnisch kleinere Verbesserungen verwirklicht wurden, sind Schneekanonen weiterhin ökologisch extrem problematisch. Allerdings ist hier schon in den letzten Jahren gesündigt worden. Die Schneekanonen in Garmisch wurden schon zur Ski-WM 2011 gebaut oder für Weltcuprennen errichtet. Wir machen diese (sowie alle anderen) schon getätigten Eingriffe nicht dadurch rückgängig, indem wir uns gegen die Olympiabewerbung aussprechen.

Von Schneekanonen und Ökobilanz

Olympiakritiker sind keine Nein-Sager. Sie sorgen sich um die Zukunft ihrer Stadt und ihrer Region, das muss natürlich ernst genommen werden. Kritik sollte jedoch immer an der Sache behaftet bleiben. Immer wieder wird beispielsweise – so auch im Antrag der Gegner – auf 2.600 Bäume verwiesen, die auf dem Gelände des Bundeswehrverwaltungsamts gefällt werden sollen. Dabei besteht für dieses Gebiet ein Baumschutzkonzept, sodass als besonders schützenswert kartierte Bäume erhalten werden müssen, alle weiteren Bäume sollen bei der übrigen Planung so gut wie möglich berücksichtigt werden.

Einer der Hauptkritikpunkte der Olympia-Gegner ist die Ablehnung der zu errichtenden Biathlon- und Langlaufstrecke. Die Anlagen der nordischen Ski-Wettbewerbe werden temporär errichtet und nach Ende der Spiele wieder zurückgebaut. Hierfür muss auch eine temporäre Beschneiungsanlage errichtet werden. Um das zu verhindern haben Kritiker vorgeschlagen, diese Wettkämpfe an den bereits bestehenden Sportstätten in Ruhpolding und Oberstdorf zu veranstalten.

Dieser Vorschlag ist klimapolitisch allerdings fragwürdig, da eine Aufsplitterung der Wettbewerbe die Ökobilanz der Spiele verschlechtert anstatt sie zu verbessern. So wäre ein erheblicher Aufwand für den Ausbau von Straßen erforderlich, zumal entsprechende Bahnlinien nicht zur Verfügung stehen. Dieser Ausbau würde abgesehen von den enormen finanziellen Belastungen zu erheblichen Umwelteingriffen führen und wäre für das nach-olympische Verkehrsaufkommen nicht nachhaltig. Zudem müssten in Ruhpolding und Oberstdorf weitere Flächen für die Unterbringung von AthletInnen, Medien und BesucherInnen geschaffen werden. Das Öko-Institut Freiburg hat festgestellt, dass eine Bündelung der Sportstätten aus Klimagründen sinnvoll ist. Außerdem ist das Clustern der Wettkampfstätten eine Vorgabe des IOC, ohne deren Umsetzung die Bewerbung von vornherein aussichtslos wäre.

München und Garmisch-Patenkirchen haben sich mit ihrer Bewerbung zum Ziel gesetzt, klimaneutrale Olympische und Paralympische Winterspiele zu veranstalten. Die aufgestellte Klimabilanz ergab, dass im Veranstaltungszeitraum durch die Spiele Treibhausgasemissionen von rund 420.000 Tonnen entstehen. Am stärksten ins Gewicht fallen dabei mit einem Anteil von 284.000 Tonnen CO₂ die internationalen Flüge bei An- und Abreise der Gäste. Durch emissionsarme und emissionsmindernde Technologien und den verstärkten Einsatz regenerativer Energien kann das Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzept in München, Garmisch-Partenkirchen, Schönau am Königssee sowie in der Region 34.100 Tonnen CO₂ direkt vermeiden. Die verbleibenden Emissionen werden durch Kompensationsmaßnahmen, und ausdrücklich nicht durch den Erwerb von Zertifikaten oder durch die Teilnahme an Emissionshandelssystemen, restlos ausgeglichen. Da ein Teil der Kompensationsprojekte seine Wirkung über viele Jahre entfaltet, ist davon auszugehen, dass es gelingt, in der Summe mehr Treibhausgasemissionen zu vermeiden als während der Spiele tatsächlich anfallen.

Unser Grüner Beitrag

Es waren vor allem Grüne (in und außerhalb der Bewerbergesellschaft), die eine ökologisch nachhaltige Bewerbungskonzeption mit 18 ökologischen Begleitprojekten durchsetzten. Leitideen der vom Ökoinstitut Freiburg und vom Institut für Natursport und Ökologie der Deutschen Sporthochschule Köln ausgearbeiteten Konzeption sind: Klimaschutz und klimaneutrale Spiele, Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, Sport- und Regionalentwicklung sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung. Das Gesamtkonzept ist zentraler Bestandteil des Bewerbungsbuches und finanziell abgesichert. Damit ist die Bewerbung Münchens die mit Abstand grünste Bewerbung, die je für Olympische Spiele abgegeben wurde. Dabei ist allerdings klar, dass Schäden die durch Tourismus und Skisport bisher angerichtet wurden, nicht rückgängig gemacht werden können.

Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger

Mit dem vorgelegten Bewerbungskonzept könnte München 2018 die ersten nachhaltigen Olympischen Spiele ausrichten. Es ist im Laufe der Bewerbung aber doch etwas Wesentliches versäumt worden. Ein großer Fehler war, dass die Bevölkerung nicht richtig einbezogen wurde. Die zuständigen Gremien haben entschieden und dann behauptet, die Menschen wollen das. Spätestens seit Stuttgart 21 wissen wir, dass solche Großprojekte nicht mehr ohne eine ernsthafte, transparente und kritische Beteiligung geplant werden können. Ein Versäumnis, dass nicht mehr rückgängig zu machen ist.

Gerade wenn wir es mit einem Sport-Großverband wie dem IOC zu tun haben, müssen wir weiter auf Transparenz pochen. Hier müssen perspektivisch Anti-Korruptions-Standards erarbeitet werden. Die Steuervorteile und Knebelverträge von Verbänden wie FIFA und IOC sind unanständig. Das lässt sich jedoch nicht über die Ablehnung der Bewerbung durch einen Parteitagsbeschluss mit Kurzdebatte durchsetzen. Hier müssen Finanzpolitiker endlich auf internationaler Ebene Lösungen finden und feste Regeln vereinbaren.

Auch innerhalb der Bundestagsfraktion wurde entgegen anderslautender Meldungen offen über Olympia 2018 debattiert. Zu einem fraktionsoffenen Abend im Juli 2010 haben wir Befürworter und Gegner der Bewerbung eingeladen, es wurde fair gestritten und kritisch diskutiert. Nur wir Grüne haben uns so ernsthaft mit der Bewerbung Münchens auseinander gesetzt, nur wir Grüne haben ambitionierte Forderungen an das Bewerbungskonzept gestellt. Es gilt zu bedenken, dass durch eine grundsätzliche Ablehnung weder das IOC noch die Olympischen Spiele grüner werden. Die Spiele werden auch ohne uns weitergehen. Die kommende Winterolympiade ist in Sochi – einer russischen Sommerresidenz am Schwarzen Meer.


Konzept für umweltverträgliche und nachhaltige
Olympische und Paralympische Winterspiele München 2018

Zusammenfassung vom 21.09.2010
Im Auftrag der Bewerbungsgesellschaft München 2018 GmbH

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