Wirtschaftsgespräch mit Winfried Hermann am 23.06. in Reutlingen

Autor: admin  |  Kategorie: Verkehr, Wahlkreis Tübingen

„Richtig klotzen und schneller fertig werden“

Reutlingen, Juni 2010. „Ich könnte verrückt werden, wie langsam wir bauen.“ Keine guten Noten für das Baustellenmanagement auf heimischen Straßen gab Winfried Hermann, Bundestagsabgeordneter aus Tübingen, beim IHK-Wirtschaftsgespräch.

Natürlich ging es um die sprichwörtlichen Baustellen in der Region: B 27, Schindhaubasistunnel, Scheibengipfel und Albaufstieg. Große Hoffnungen auf schnelle Lösungen konnte Hermann, zugleich Vorsitzender des Verkehrsausschuss im Deutschen Bundestag, den Unternehmern nicht machen: „Der Bundesverkehrswegeplan ist aufgebläht und unterfinanziert, es gibt zu viele Prestigeprojekte.“ Neun Milliarden wird der Bund künftig jedes Jahr investieren – zu wenig, um viele Projekte gleichzeitig zu bauen, sagte der Grünen-Politiker. „Wir sollten uns auf wenige Baustellen konzentrieren, dort richtig klotzen und dafür schneller fertig werden.“

Mehr Geld für Verkehrswege

Doch wie lassen sich Verkehrsinvestitionen in Zukunft am besten finanzieren? Die regionale Wirtschaft spricht sich für die Einführung einer Pkw-Maut bei gleichzeitiger Abschaffung der Kfz-Steuer und Reduzierung der Mineralölsteuer aus. „Diese Einnahmen dürfen jedoch nicht in den allgemeinen Haushalt fließen, sondern müssen vollständig dem Verkehr zu Gute kommen“; forderte IHK-Vizepräsident Dr. Hans-Ernst Maute. Das Grundproblem bestehe darin, sagte Hermann, dass trotz vieler Verkehrsprojekte eher weniger Mittel zur Verfügung stehen werden. „Selbst wenn über eine Maut oder eine Vignette mehr Geld in die Kassen kommt – gleichzeitig werden die Mittel aus dem allgemeinen Haushalt weniger“, so der Bundestagsabgeordnete. Die regionale Wirtschaft warnte beim Gespräch mit Hermann vor einer neuerlichen Ausweitung der Lkw-Maut auf vierspurige Bundesstraßen. Sie trifft vor allem die heimischen Transporteure, machte Helmut Barth, stellvertretender Vorsitzender des IHK-Verkehrsausschusses deutlich: „Baden-Württemberg hat wenig Autobahnen. Unserer Fahrzeuge müssen mangels anderer Strecken über die Bundesstraßen fahren und sollen dafür nun auch noch zur Kasse gebeten werden.“

Mittelstandsfreundliches Gesetz

Die Unternehmerinnen und Unternehmer nutzten das Wirtschaftsgespräch, um bei Hermann für eine mittelstandsfreundliche Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes zu werben. Hintergrund ist eine neue europäische Richtlinie. Sie führt dazu, obwohl noch nicht in deutsches Recht umgesetzt, dass bei der Neuausschreibung von Buslinien verschiedene Linien gebündelt werden. Mit Folgen: Kleinere Verkehrsunternehmen können sich nicht mehr bewerben, weil das Bündel für sie zu groß wird. „Es geht um die Existenz von Betrieben und Beschäftigten“, sagte Maute. Die Forderung der IHK: Linienbündelung sollte nur in Absprache mit den Unternehmen vor Ort erfolgen. Winfried Hermann versprach, sich vor Ort und in Berlin für die Belange der Betriebe einzusetzen: „Die Unternehmen, die den ÖPNV bisher gemacht haben, sind zu beteiligen. Das muss im Gesetz stehen.“

Vorhandene Trassen nutzen

Abschlussthema des Wirtschaftsgesprächs war die geplante Regionalstadtbahn. Diese wird von der Wirtschaft angesichts hoher Investitionen und fehlender Berücksichtigung alternativer Antriebsarten, wie zum Beispiel Hybridbusse, skeptisch gesehen. Winfried Hermann bekannte sich: „Ich bin ein Anhänger der Regionalstadtbahn.“ Seine Vorstellung weicht jedoch deutlich von dem ab, was gerade im Zuge einer erweiterten Machbarkeitsstudie untersucht wird. „Meine Regionalstadtbahn nutzt die vorhandenen Trassen, die jedoch elektrifiziert werden müssen, bekommt einen engeren Takt und wird durch ein gutes Bussystem ergänzt.“

IHK-Service

Fragen zum Wirtschaftsgespräch mit Winfried Hermann beantwortet IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp unter Telefon: 07121/201-260 oder E.-Mail: epp@reutlingen.ihk.de.