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Autor: admin  |  Kategorie: Medienresonanz, Sport und Bewegung

Fernsehen Der Sport macht mobil gegen das Sponsoringverbot bei ARD und ZDF.

Von Tobias Schall

Es war eine schöne Zeit mit dem deutschen Hochleistungssport. Doch sie endet – am 15. Dezember 2010. Die deutschen Athleten werden kaum noch Erfolge haben, Großereignisse werden einen Bogen um die BRD machen, kurzum: alles geht den Bach runter. Wenn, ja wenn, die Ministerpräsidenten an diesem Tag ihre Unterschrift unter ein Werk setzen, das sich „Rundfunkänderungsstaatsvertrag“ nennt, oder, um mit dem CDU/CSU-Politiker Klaus Riegert zu sprechen, „den virtuellen Tod des Sports in der Mediengesellschaft“.

Der neue Grundlagenvertrag mit ARD und ZDF, der 2013 in Kraft treten soll, sieht Einschränkungen bei der Werbung vor, die vor allem den Sport betreffen. Er enthält das Verbot von Programmsponsoring nach 20 Uhr sowie an Sonntagen und Feiertagen, das Folgen haben könnte, vor allem für den beliebten Wintersport (siehe auch Grafiken). Ausnahmen sind Stand jetzt nur erlaubt für: Olympia; Länderspiele der Fußball-Nationalelf sowie das Eröffnungsspiel und die Halbfinal- und Finalpartien bei der WM oder EM; Endspiele im Fußball-Europapokal mit deutscher Beteiligung.

Nach Meinung der Verbände und Sportpolitiker sind das zu wenig Ausnahmen. Winfried Hermann, der sportpolitische Sprecher der Grünen, sagt, dass das Ansinnen prinzipiell richtig sei, die „fürchterliche Belästigung“ durch Werbung in den gebührenfinanzierten Sendern zu reduzieren, aber: „Es muss bei Sportübertragungen weitere Ausnahmen geben. Die, die bisher geplant sind, bedeuten eine einseitige Bevorzugung des Fußballs und sind deshalb nicht fair. Das bereits jetzt schon herrschende Ungleichgewicht würde damit weiter verstärkt. Außerdem würde der Sportstandort Deutschland bezüglich der Ausrichtung von internationalen Meisterschaften durch die geplante Regelung empfindlich benachteiligt.“ Bei einer Bewerbung für Großereignisse muss beispielsweise ein internationales TV-Signal garantiert werden, was künftig schwerer würde. Der Sportausschuss des Bundestags hat deshalb diese Woche einstimmig beschlossen, dass „national und international bedeutsame Sportveranstaltungen“ von diesem Verbot ausgenommen werden sollen.

Was aber ist bedeutsam? Ist das Neujahrsspringen der Vierschanzentournee bedeutsam, das folgende Springen in Innsbruck aber nicht? „Klar ist, dass nicht jedes Skirennen damit gemeint sein kann“, sagt Winfried Hermann und schlägt eine Quote vor: „Man könnte zum Beispiel eine bestimmte Zahl an Weltcups festlegen.“

Die Stunde der Lobbyisten ist angebrochen. Hier wie dort bringen sie sich in Stellung und kämpfen um die Meinungshoheit. Die Verbände und Veranstalter fürchten um die Zukunftsfähigkeit – in Erwartung, dass der Neuregelung mediale und damit finanzielle Einschnitte folgen. „Das Sponsoring ist für die Sender die einzige Chance, aufwendige Übertragungen zu refinanzieren“, sagt etwa Clemens Prokop, der Präsident des Leichtathletik-Verbandes.
Die Programmpräsentation wurde 1992 für die öffentlich-rechtlichen Sender erlaubt und hat sich als ideales Schlupfloch erwiesen, um das Werbeverbot zu umgehen und Sportveranstaltungen zu refinanzieren. Die Privatsender wettern seit langem gegen diese besondere Form des Product-Placement bei der Konkurrenz. Aus Sicht der Privaten sind es keine kleinen Löcher, sie geißeln vielmehr, dass das Werbeverbot mehr einem löchrigen Schweizer Käse ähnelt. „Folgen die Länder dem Drängen und verankern weitere Ausnahmen, bleibt dem Sponsoring auch in Zukunft Tür und Tor geöffnet“, sagt Jürgen Doetz, der Präsident des Verbandes der Privatsender.

Die ARD hat bereits angekündigt, Mindereinnahmen an die Verbände weiterzugeben, also zum Beispiel Rechte billiger einzukaufen, Produktionskosten abzudrücken oder ganz auf Übertragungen zu verzichten. Für viele Sportarten gibt es keinen Markt, so dass viele Disziplinen auf Gedeih und Verderb auf ARD und ZDF angewiesen sind. Biathlon, Ski alpin oder Skispringen beispielsweise gelten als die Filetstücke des weißen Sports und dürften sich leichter tun, weiter bei ARD und ZDF zu laufen als Rodeln, Eisschnelllauf oder Bobsport. Eine andere Option wäre, dass sich Privatsender wie RTL zusätzliche Sportrechte sichern, das allerdings gilt auch nur für die winterlichen Premiumsportarten.

Winfried Hermann glaubt, dass es noch zu Nachbesserungen kommen wird, „da die Regelung ohne Beteiligung der meisten Sportverbände und ohne Konsultation der Sportpolitiker getroffen wurde“. Wenn nicht, bleibt immer noch Eurosport.