Schwäbisches Tagblatt: Kolumne vom 15.04.2011

Autor: admin  |  Kategorie: Schwäbisches Tagblatt, Wahlkreis Tübingen

Fahrplan Atomausstieg

Der Tag nach dem 26. April 1986 war ein schöner Tag, an dem ich mit der Fußballmannschaft des Landtages den neuen Kunstrasen- Sportplatz bei Bühl einweihte. Keiner wäre auf die Idee gekommen wegen radioaktiver Strahlung das Spiel abzusagen. Dass radioaktiver Regen in der Nacht davor ausgerechnet zwischen Kilchberg und Bühl niederging, erfuhren wir erst später. Tschernobyl war weit weg und der Atomunfall schwer einzuschätzen.

25 Jahre später erreichte mich auf einer Wahlkampfveranstaltung erneut eine GAU-Meldung, die alle schockierte. Inzwischen ist es amtlich: Das Atomunglück in Fukushima ist mit der Einstufung in Stufe 7 offiziell ebenso schwer wie das in Tschernobyl. Wir Grünen haben oft genug gewarnt in diesen 25 Jahren, sind dafür oft belächelt und nicht selten beschimpft worden.  Aber inzwischen gibt es in der Bevölkerung einen Konsens: Wir müssen raus aus dieser unbeherrschbaren Technologie, so schnell wie möglich; schneller als es im rot-grünen Atomausstieg vor 10 Jahren noch vorgesehen war, spätestens bis 2017. Dafür müssen schnelle und wirksame Maßnahmen für mehr Energieeinsparung- und effizienz getroffen, der Ausbau der Erneuerbaren konsequenter vorangetrieben und die Übertragungs- und Verteilnetze aufgrund eines bundesweiten Energiekonzeptes zügiger und gezielter aus- und umgebaut werden. Die Verlängerung der Laufzeiten für Atommeiler muss schnell zurückgenommen werden, wobei den sieben ältesten Atomkraftwerken und Krümmel sofort ihre Betriebsgenehmigung entzogen werden sollte. Nicht zu vergessen: der Bundestag muss ein Endlagergesetz mit ergebnisoffener Suche verabschieden. Das rot-grüne Erneuerbaren-Energien-Gesetz muss weiterentwickelt werden: Wir brauchen zusätzliche Anreize für Geothermie, den Ausbau von Fotovoltaik und nachhaltig erzeugter Biomasse. Die Bundesregierung muss sofort ihre Kürzungen beim Klimaschutz zurücknehmen und das Marktanreizprogramm sowie das CO2-Gebäudesanierungsprogramm massiv ausbauen. Lassen Sie sich nicht verunsichern und lassen Sie sich nicht in die Irre führen von einer Atomlobby, die mit Blackout-Szenarien und Strompreissteigerungen Stimmung macht! Auch bei Atomstromabschaltung bleibt Deutschland Stromexportland! Der Saft geht uns so schnell nicht aus. Das zeigen unterschiedliche Studien vom Ökoinstitut bis hin zum Bundeswirtschaftsministerium (Monitoringbericht Versorgungsicherheit vom Jan.2011). Die Pläne zum Netzausbau für dezentrale erneuerbare Energien wurden von Stromkonzernen blockiert und von Schwarz-Gelb verschlafen. Eine ernstgemeinte Energiewende sieht anders aus. Wir müssen nur wollen: Geht nicht, gibt’s nicht!

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