Kolumne Schwäbisches Tagblatt
         

Klimaschutz entsorgt!

Im Windschatten der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise wird zurzeit von der Bundesregierung und der EU der Klimaschutz entsorgt.
Das wird nur von wenigen Akteuren, wie Wirtschaftsminister Glos, auch offen gesagt: Man könne in diesen schwierigen Zeiten die Wirtschaft nicht noch zusätzlich mit Klimaschutzauflagen belasten. Das gefährde die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Diese Lobbyposition ist so einfältig wie kurzsichtig!

Schlimmer jedoch sind die Scheinheiligen und davon gibt es in der großen Koalition eine Menge: Von der Kanzlerin bis zum Umweltminister, der seinen Job nicht macht und sich statt um Klimaschutz lieber um Autostandortinteressen kümmert. Es sind jene, die im Gestus der Betroffenheit und stets salbungsvoll das gemeinsame Ziel Klimaschutz beschwören und zugleich betonen, man sei sich nur bei den Maßnahmen nicht ganz einig. Getarnt als Klimaschützer gehen unsere Spitzenpolitiker in der Koalition dann zu Werke. Ob Emissionshandel, Kohle- und Atomkraftwerke oder CO2 –Grenzwerte für Autos – der Klimaschutz bleibt durch Abschwächung, Verschiebung und Ausnahmeregelungen auf der Strecke.

Beispiel 1: Emissionshandel der EU zur Reduzierung des CO2 -Ausstosses der Industrie: Die Industrie bekommt nicht nur über 90 % der Zertifikate umsonst. Darüber hinaus muss nur die Hälfte der Reduktion in der EU erbracht werden, die andere Hälfte soll man sich in Entwicklungsländern zukaufen können, mit mitunter fragwürdigen Energieprojekten. Das bedeutet: Anstatt in Energiesparen zu investieren, kauft man sich in günstigen Entwicklungsprojekten Emissionszertifikate und damit das Recht auf Klimaverschmutzung ein. Was mal eine gute Idee war, wird so ins Gegenteil verkehrt und verleitet dazu hier zu Hause nichts zu tun.

Beispiel 2: CO2-- Grenzwerte für Neufahrzeuge. Was in diesen Tagen als schwieriger Kompromiss in Brüssel wohl abschließend verhandelt wurde, ist in Wahrheit eine ganz große Täuschung der Öffentlichkeit. Nicht Klimaschutz, sondern Schutz der Automobilindustrie wurde beschlossen. Die neuen Grenzwerte und die zahlreichen Ausnahme- und Sonderregelungen führen dazu, dass nur noch auf dem Papier 130 Gramm CO2/km als Ziel gilt. Faktisch sind bis 2012 jetzt 162 Gramm erlaubt (Zum besseren Verständnis: Der derzeitige EU-Durchschnitt liegt bei 158 Gramm, in Deutschland bei 166 Gramm). Durch die jetzt beschlossene schrittweise Einführung zuerst nur für einen Teil der Fahrzeugflotten bis 2015 werden mit großem bürokratischen Aufwand Grenzwerte gesetzt, die schon heute nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen: Denn im Jahr 2015 werden sie vermutlich noch immer bei knapp 140 Gramm liegen.

Fazit: EU-Klimapolitik ist nur noch eine Worthülse. Aus den selbsternannten Vorreitern Merkel und ihrer Ministerriege sind die größten Bremser im Klimaschutz geworden.

 


 

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vom 05.12.2008

 

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