Strategiewechsel
Nächste Woche soll im Bundestag die Verlängerung
und Aufstockung des ISAF-Mandates beschlossen werden. Zukünftig
sollen 4500 deutsche SoldatInnen (also 1000mehr!) nach Afghanistan
geschickt werden. Kosten für den 14-Monate-Einsatz inklusive
Tornados: 688 Millionen. Die große Koalition setzt auf
„weiter so“, dabei wäre nach sieben Jahren
eine kritische Bilanz angesagt.
Inzwischen müssen über 60 000 Soldaten der NATO
für „Sicherheit“ sorgen. Gleichwohl wird
die Lage aber zunehmend unsicher. Von Frieden kann keine Rede
sein. Vor allem im Süden und Osten herrscht inzwischen
Krieg. Immer häufiger sterben Menschen bei Anschlägen.
Immer öfter sterben Soldaten und Zivilisten beim Antiterror-Kampf
der OEF Truppen, aber auch im Namen von ISAF. Vor allem der
Antiterror-Krieg der USA, ohne Rücksicht auf Verluste,
ist absolut kontraproduktiv. Er schürt Rache und treibt
die Gewaltspirale an. Nach wie vor setzen die Alliierten vor
allem auf militärische Mittel. Auch Deutschland. Es wird
viel von zivilem Aufbau gesprochen, aber die Mittel für
zivilen Aufbau machen nur einen Bruchteil der militärischen
aus. Es werden immer mehr SoldatInnen geschickt, aber man
schafft es nicht, 50 deutsche Polizeiausbilder zu schicken,
die für den zivilen, staatlichen Aufbau so wichtig wären.
Man kann diesen, „asymmetrischen“ Krieg aber
mit militärischen Mitteln nicht gewinnen. Das sagen inzwischen
sogar hohe Militärs. Und doch macht die herrschende Politik
weiter wie bisher. Mehr Soldaten, mehr Waffen, mehr militärische
Mittel.
Ich werde die Aufstockung des Mandates ablehnen. Angesagt
ist ein grundsätzlicher Strategiewechsel: Weg vom Militärischen,
hin zum Zivilen. Die Politik muss endlich über einen
verantwortbaren militärischen Rückzug nachdenken.
Wir müssen den Menschen in Afghanistan klipp und klar
sagen, dass wir nicht ihren Krieg führen können
und wollen, dass sie selbst Verantwortung für Sicherheit
und Frieden übernehmen müssen, dass wir ihnen mit
zivilen Mitteln dabei helfen werden. Es geht um einen neuen
Weg zum Frieden. Gemeint ist nicht, ein verantwortungsloses
„Raus und weg“, sondern ein verantwortungsvoller,
angekündigter Rückzug in Schritten. Es müssen
endlich Waffenstillstandsverhandlungen mit allen Beteiligten
geführt werden. Wichtig ist, dass sofort alle kontraproduktiven
gewaltsamen Einsätze des „Antiterrorkrieges“
unterlassen werden.
Es wird behauptet, bei einem Rückzug bräche sofort
Chaos und Krieg aus. Ich sehe aber, dass trotz gewaltiger
militärischer Anstrengungen von außen, trotz erheblicher
Mittel zum Aufbau, Krieg und Chaos nicht verhindert, sondern
sogar geschürt werden. Es ist höchste Zeit für
einen Strategiewechsel zum Frieden. Zugegeben, der zivile
und gewaltfreie Weg zum Frieden ist nicht ohne Risiken. Aber
wir müssen ihn angesichts des Scheiterns des militärischen
Ansatzes endlich wagen.
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