Kolumne Schwäbisches Tagblatt
         

Entwarnung ?

Erstmals seit Monaten ist der Ölpreis deutlich unter 120 $ pro Barrel gefallen. Das löst nach Preisen um die 150 $ Freude an der Börse aus und weckt Hoffnungen in der Weltwirtschaft. Von Entwarnung kann jedoch keine Rede sein. Seit 1998 ist der Ölpreis um das 12-fache gestiegen. Energieexperten sagen voraus, dass der Ölpreis tendenziell weiter steigen werde. Denn die weltweiten Vorräte wachsen nicht mehr, wohl aber die weltweite Nachfrage nach Energie. Zu erklären ist das kurzfristige Sinken eher mit zurückhaltender Nachfrage aufgrund der einbrechenden Wirtschaftskonjunktur in den USA und preisgeschockter AutofahrerInnen und ÖlheizungskundInnen. Die Zurückhaltung der AutofahrerInnen schlägt sich auch als Zurückhaltung beim Autokauf nieder. So drastisch, dass nicht nur die deutschen Hersteller Produktionskürzungen für den Herbst ankündigen und Wirtschaftexperten vor einem drohenden Konjunktureinbruch warnen. Was die Warnungen der KlimaforscherInnen nicht vermochten, scheint die Ölpreisentwicklung zu schaffen: Es wird sparsamer mit Öl umgegangen. Jetzt gilt es auch politische, technische und strukturelle Konsequenzen zu ziehen, anstatt auf billigeres Öl zu hoffen. Es wäre unklug, mit Steuergeschenken wie der Erhöhung der Pendlerpauschale kurzfristig die Preise an den Zapfsäulen zu senken. Das wäre der Versuch, den Flächenbrand im Energiesektor mit verbilligtem Benzin zu löschen. Aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen heißt es, endlich weg vom Öl, weg vom ungehemmten Verbrauch, hin zu sparsamer und energieeffizienter Nutzung von begrenzten, sich ständig verteuernden Ressourcen. Und vor allem die Nutzung Alternativer Energiequellen. Jetzt rächt es sich, dass die Energiewende nicht mit der nötigen Konsequenz vorangetrieben wurde. Jetzt rächt es sich, dass die deutschen Autobauer zu lange auf spritschluckende Prämiumfahrzeuge gesetzt haben, anstatt spritsparende und alternative Motoren auf den Markt zu bringen. Wie lange dauert es noch, bis die Branche nicht nur vom Umdenken redet, sondern andere Autos baut, beispielsweise Hybridtechnik und Elektrofahrzeuge auf regenerativer Basis! Und wie lange dauert es noch, bis die Verkehrspolitik zur klima- und umweltfreundlichen Mobilitätspolitik wird, die den Ausbau des Umweltverbundes, also den ÖPNV, Radfahren, und zu Fuß gehen massiv vorantreibt, die den Deutschlandtakt im Schienenfernverkehr einführt, anstatt die Bahn zu verhökern und immer neue Straßen zu bauen! Die Ölpreise dieses Sommers und die drohende Absatzkrise der Autoindustrie sollten als Anstoß zur Umkehr und nicht als Entwarnung verstanden werden.


 

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vom 08.08.2008

 

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