"Schutz der Premiumklasse"
Trotz aller Skepsis haben Menschen weltweit gehofft, dass
angesichts der erdrückenden Beweislage zur Erderwärmung
in Bali ein wirksames Klimaschutzkonzept beschlossen würde
- zumindest ein Fahrplan mit klaren Reduktionszielen für
Treibhausgase sollte herauskommen. Unbestritten die wissenschaftliche
Vorgabe, bis zur Mitte des Jahrhunderts, weltweit die CO2-Emissionen
zu halbieren, um die globale Erwärmung bei etwa 2 Grad
plus zu halten. Wohlgemerkt, vom Verhindern der Erderwärmung,
war nicht mehr die Rede. Bei nicht mehr als zwei Grad Erwärmung,
so meinen die ForscherInnen, könnten die katastrophalen
Folgen und Folgekosten noch einigermaßen kontrolliert
und ausgeglichen werden. Dazu seien ab sofort erhebliche weltweite
Anstrengungen erforderlich. Angesichts der offenkundigen unbequemen
Wahrheit stand die Konferenz unter Erfolgsdruck. Immerhin
haben sich die Kyoto-Unterzeichnerstaaten, nicht die USA und
die Schwellenländer, verpflichtet, über einen Reduktionskorridor
bis 2020 von 20 bis 40 % der Treibhausgase wenigstens weiter
zu verhandeln. Umso skrupelloser ist das Verhalten der Bush-Regierung.
(Zusammen mit den OPEC-Staaten, Kanada, Russland und Japan).
Ohne Einbeziehung von China und Indien, könnten sie sich
nicht auf Verpflichtungen einlassen. Die amerikanische Wirtschaft
und der amerikanische Wohlstand dürften nicht gefährdet
werden. Es war eine unheilige Allianz der größten
Klimakiller-Länder, der größten Energieverbraucher
mit den größten Treibhausgaslieferanten und (noch)
Nutznießern der weltweiten Verbrennung von Öl und
Gas, die letztlich einen substanziellen Fortschritt beim Klimaschutz
verhinderte. Dabei waren die großen Schwellenländer
(Indien, China, Brasilien), die pro Kopf nur ein Bruchteil
der Industrieländer an Treibhausgasen ausstoßen,
erstmals zu weitgehenden Zugeständnissen bereit. Die
EU und die deutsche Delegation, allen voran Umweltminister
Gabriel, traten in Bali als verantwortungsvolle Klimaschützer
auf und vehement für klare globale Reduktionsziele ein.
Kaum zurück aus Asien wettert der oberste deutsche
Klimaschützer gegen die Pläne der EU, die CO2 Emissionen
der Autos zu begrenzen, die immerhin über 20 % der EU-Treibhausgase
verursachen. Dabei setzt die Kommission lediglich den auch
mit der deutschen Regierung abgesprochenen (laschen) Vorschlag
um, Verbrauchsobergrenzen für Neuwagen ab 2012 auf 130
g CO2/km zu begrenzen. Dass es für deutsche Hersteller
der sogenannten Premiumfahrzeuge (schnell, teuer, luxuriös:
klimaschädlich) Ausnahmen nach oben geben wird, hat die
Klimakanzlerin persönlich bei der EU durchgesetzt. Dass
dies auch noch kostenlos bleiben soll, dafür streitet
Gabriel im Interesse der deutschen Autokonzerne. Man könne
doch nicht, so die putzige Argumentation, die Deutschen dafür
bestrafen, dass sie im Unterschied zur Konkurrenz aus Frankreich
und Italien zufälligerweise größere Fahrzeuge
herstellen. Als gäbe es ein deutsches Sonderrecht, klimaschädliche
Luxusautos zu verkaufen. So entpuppt sich der Klimaschutzengel
Gabriel als Cheflobbyist für klimaschädliche Premiumfahrzeuge.
Er entzaubert sich und die Bundesregierung als ernsthafte
Klimaschützer. Da versteht man doch fast, warum Bush
sich so schwer tut mit dem Klimaschutz.
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