Kolumne Schwäbisches Tagblatt
         

"Nein zu deutschen Tornados in Afghanistan"

Heute entscheidet der deutsche Bundestag über die Entsendung von Tornado-Aufklärungsflugzeugen nach Afghanistan. Diese Flugzeuge können im gesamten ISAF-Bereich eingesetzt werden, also auch in den umkämpften Regionen im Süden und Osten. Sie sollen zu mehr Sicherheit beitragen. Doch zum Aufspüren von Selbstmordattentätern, deren Anschläge die Sicherheit zunehmend bedrohen, sind Tornados weder gedacht noch geeignet. Die hochmodernen Aufklärungsflugzeuge ersetzen britische Aufklärungs- und Kampflieger, die sich ohne Aufklärungsarbeit ganz auf den Kampf aus der Luft konzentrieren werden. Deutsche Tornados haben v.a. die Aufgabe, genaue Bilder von „aufständischen (Taliban-)Kämpfern“ für anschließende Bombardements zu liefern.

Die NATO-Partner erwarten, dass Deutschland sich endlich am schwierigen und schmutzigen Kampf gegen den Widerstand im Süden Afghanistans beteiligt. Tornados sind dazu die elegante Lösung. Deutsche Soldaten müssen (noch) nicht im direkten Kampf ihr Leben riskieren, dafür liefern deutsche Flugzeuge die Infobilder zur blutigen Bekämpfung und Zerstörung. Faktisch wird mit dem Tornadoeinsatz die bisherige Linie des deutschen ISAF-Einsatzes verlassen, der sehr darauf bedacht war, im Norden Afghanistans möglichst zivilpolizeilich die Aufbauprojekte zu sichern. Ganz anders als die NATO im Süden, die sich immer wieder als martialische Besatzungsarmee aufspielt.

Das relativ gute Ansehen der Bundeswehr vor Ort, das wesentlich mit dieser eher zivilen Strategie zusammenhängt, wird bald blutbeschmiert sein. Und auch in Afghanistan wird sich herumsprechen, dass deutsche Flugzeuge die Bombardements der NATO vorbereitet haben. Der scheinbar harmlose Bundeswehreinsatz mit sechs Aufklärungstornados könnte die Rolle der Bundeswehr in Afghanistan entscheidend verändern: Von der Aufbauschutztruppe zur gewaltsamen Besatzungsarmee.

Aber mit noch so viel militärischer Gewalt wird man ein Volk nicht „überzeugen“ und auch keine „Herzen gewinnen“. Und mit noch so viel Waffengewalt und Krieg kann auch Demokratie nicht befohlen werden.

Die Tornados werden den Friedensprozess sicher nicht beschleunigen, wohl aber eine neue militärische Eskalationsstrategie einleiten. Nicht nur ich befürchte eine Ausweitung und Brutalisierung des Krieges, sondern viele Menschen. Diese Woche wurde mir eine Unterschriftenliste überreicht, auf der sich allein aus Tübingen 2000 Menschen gegen den Tornadoeinsatz aussprechen.
Afghanistan braucht keine militärische, wohl aber eine zivile „Frühjahrsoffensive“. Der Einfluss der Taliban kann allenfalls mit zivilen Mitteln zurückgedrängt werden. Sinnvoller wäre es die 35 Mio. € für den Tornadoeinsatz in den zivilen Wiederaufbau einzusetzen. Deshalb und aufgrund weiterer grundsätzlicher Bedenken sage ich Nein zu deutschen Tornados in Afghanistan.


 

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vom 09.03.2007

 

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