"Klimaschutz à la
EnBW"
Kurz vor Weihnachten „überraschte“ der
heimische Stromkonzern EnBW mit einer erstaunlichen Einsicht:
Im Namen des Klimaschutzes müsse man die Atomkraftwerke
leider länger laufen lassen. Deshalb beantrage man beim
Umweltminister, die Laufzeitverlängerung des AKW Neckarwestheim,
das nach dem Atomausstiegsgesetz 2008 vom Netz gehen sollte.
Würde man Neckarwestheim abschalten, dann müsste
der Strom von dreckigen, klimaschädlichen Kohlekraftwerken
bezogen werden, so die EnBW. Das könne doch heute, angesichts
der dramatischen Zahlen zum Klimawandel, im Ernst kein vernünftiger
Mensch wollen. Gerade die Grünen müssten dafür
das allergrößte Verständnis haben. Das Unternehmen
wäre für den fall der Verlängerung der Laufzeit
bereit, einen beachtlichen Teil der Extragewinne (abgeschriebene
AKWs sind Gelddruckmaschinen) in Erneuerbare Energien zu
investieren.
Als ich mit Grünen vor der EnBW-Konzernrepräsentanz
in Berlin gegen diese Laufzeitverlängerung demonstrierte,
warb der Chef der Abteilung „politische Kommunikation“ (und
selbst Vorstandsmitglied) mit freundlichen Worten für
den Klimaschutz à la EnBW: „Herr Hermann, das
haben Sie doch nicht nötig!“). Es war derselbe
Herr, dessen Chef Claassen wir vor 2 Jahren auf der Fraktionsklausur
als Gast und die Partei auf ihrem Zukunftskongress zum Thema
Energiepolitik geladen hatten. Dabei spielte er stets die
Rolle des Klimabesorgten, vom Ausbau der Erneuerbaren Energien überzeugter
moderner Energiemanager, der nicht müde wurde zu sagen: “Wir
stehen als treue Staatsbürger zum Atomausstiegsgesetz.“
Nun ist die Katze aus dem Sack. Man hat mit allen Tricks
versucht, sich das hässliche Image des Atomstromkonzerns
(„Yellostrom“) abzustreifen. EnBW ist mit 2/3
Atomstrom wie kein anderer Konzern von der Atomenergie abhängig
und hat trotz dieser Abhängigkeit viel zu wenig getan,
um auf neue Energien zu setzen. Vor allem hat man auf den
Regierungswechsel gesetzt. Stolz verweist man auf den Bau
des größten deutschen Wasserkraftwerks, das allerdings
erst in 10 Jahren fertig wird und nur einen kleinen Teil
der nötigen Ersatzenergien liefern wird.
Nicht nur EnBW, alle 4 Atomkonzerne drängen immer dreister
auf Laufzeitverlängerung aller AKWs, die zum Abschalten
anstehen. Sie pfeifen auf die Zustimmung, die sie 2001 zum
Atomausstieg per Vertrag gegeben haben.
Diesen Wortbruch werden wir auf allen Ebenen politisch bekämpfen. Wir
werden aber auch die Macht der VerbraucherInnen nutzen. Wenn die Konzerne nicht
aussteigen wollen, dann kann jede/r selbst aus- und umsteigen vom Atomstrom
zum grünen Strom, vom Atomstromkonzern zum grünen Stromlieferanten.
Die Stadtwerke Tübingen bieten greenenergy. Aber leider auch zu 22% Atomstrom.
Man fragt sich, ob das sein muss. Müssen wir nicht schleunigst auch mit
den Stadtwerken aussteigen?! Wir als Kunden zusammen mit dem neuen OB, der
per Amt auch Aufsichtsratsvorsitzender von SWT wird.
Für eine neue klimafreundliche Energiepolitik ohne
Atomstrom und für eine Politik der ökologischen
Erneuerung wünsche ich Boris Palmer viel Energie und
Ausdauer.
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