16.10.2008
Den Antrag der Deutschen Bundesregierung auf Fortsetzung
der Beteiligung der Bundeswehr an der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe
in Afghanistan (International Security assistance Force, ISAF)
lehne ich ab und habe im Bundestag am 16.10.08 mit NEIN gestimmt
Hier meine persönliche Erklärung (und von
anderen:
Sylvia Kotting-Uhl, Monika Lazar, Winfried
Herrmann, Hans-Christian Ströbele, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Irmingard Schewe-Gerigk, Dr. Harald Terpe und
Peter Hettlich
Erklärung zum Abstimmungsverhalten
nach § 31 GO BT
Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des
Deutschen Bundestages zu dem Antrag der Bundesregierung auf
Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutsche Streitkräfte
an dem Einsatz der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe
in Afghanistan (International Security assistance Force, ISAF)
unter Führung der NATO auf der Grundlage der Resolutionen
1386 (2001) und folgender Resolutionen, zuletzt 1833 (2008)
des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen:
Den Antrag der Deutschen Bundesregierung auf Fortsetzung der
Beteiligung der Bundeswehr an der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe
lehnen wir ab.
Die Sicherheitslage in Afghanistan wird von Jahr zu Jahr
schlechter. Die Zahl der Opfer bei Anschlägen und beim
Anti-Terrorkrieg steigt dramatisch. Im Jahr 2008 sind bisher
über 3000 Menschen getötet worden, dabei mehr als
1000 Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder. Tausende
wurden verwundet und verstümmelt. Fast die Hälfte
der zivilen Opfer fällt der US-Luftkriegsführung
zum Opfer. ACBAR, eine Dachorganisation von 100 Hilfsorganisationen
gibt an, dass der Sommer 2008 der bisher verlustreichste war
seit 2001. Die Zerstörungen von Gebäuden und Versorgungseinrichtungen
übersteigen häufig den Wiederaufbau.
Der Krieg wurde vor sieben Jahren begonnen, um die Verantwortlichen
für die Anschläge vom 11.9. in den USA der Gerechtigkeit
zuzuführen, so die UN-Resolution vom Herbst 2001. Sie
rechtfertigt nicht einen Krieg gegen die Taliban für
einen Regimewechsel oder zur Aufstands- und Widerstandsbekämpfung
in Afghanistan. Seit Jahren zielt jedoch die militärische
Gewalt der ausländischen Truppen auf die Vernichtung
der Taliban und des Widerstandes im Land. Die Ergebnisse dieser
Strategie sind verheerend. Die rücksichtslose Anti-Terrorbekämpfung
vor allem der US Truppen schürt und legitimiert Racheakte
und Anschläge, sie sind nicht nur unverantwortlich, sondern
auch kontraproduktiv. Dementsprechend hat sich die Sicherheitslage
seit 2004 nochmals deutlich verschlechtert, obwohl seit Beginn
des Krieges die Zahl der eingesetzten Nato-Soldaten auf ca.
65 000 deutlich angehoben wurde.
Ein Ende der Eskalation des Krieges ist nicht in Sicht, ganz
im Gegenteil. Gerade auch als Folge der Eskalation und Kriegführung
werden diejenigen, die bekämpft werden sollen, immer
stärker. Die zunehmende Gewalt des Krieges ist die Hauptursache
dafür, dass der Hass gegen die ausländischen Truppen
wächst und sich immer mehr am Krieg gegen diese beteiligen.
Politische und humanitäre Ziele werden unerreichbar.
Der britische Botschafter Cowper-Coles hat leider Recht, wenn
er sagt, die ausländischen Truppen in Afghanistan seien
„Teil des Problems, nicht der Lösung.“ Die
Gewaltspirale kann aber durch immer mehr Soldaten/innen und
militärische Mittel nicht durchbrochen werden. Gerade
asymmetrische Kriege können militärisch nicht gewonnen
werden.
Es ist aus unserer Sicht unklug und unverantwortlich, einfach
so weiterzumachen. Überfällig ist es, eine Alternative
zur Eskalation der Gewalt zu entwickeln. Notwendig ist ein
verantwortbarer militärischer Rückzug in kalkulierten
Schritten. Doch alle Forderungen nach einem Strategiewechsel
sind ohne Umsetzung geblieben, im Gegenteil, die Bundesregierung
will das deutsche Truppenkontingent nur erhöhen. Trotz
gegenteiliger Behauptungen bleiben die zivilen Anstrengungen
weit hinter den militärischen zurück. Während
nicht einmal die zugesagten 50 Polizeiausbilder nach Afghanistan
geschickt werden, wird die Zahl der Soldaten/innen von 3500
auf 4500 erhöht. Die Kosten alleine dieses Mandates für
14 Monate betragen 688 Millionen, während die Ausgaben
für den zivilen Aufbau gerade mal etwa ein Viertel davon
ausmachen.
Wir halten fest: Die bisherige Strategie ist gescheitert,
sie schadet und verschärft den Krieg. Ein Wechsel der
Strategie – weg vom Militärischen, hin zum Zivilen
- ist nicht in Sicht.
Deshalb lehnen wir den Antrag der Bundesregierung ab.
Winfried Hermann
Hans-Christian Ströbele
Sylvia Kotting-Uhl
Monika Lazar
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Wolfgang Strengmann-Kuhn
Hans-Christian Ströbele
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