Bahn-Börsengang:
Bund
will sich zu Gunsten der Deutschen Bahn AG enteignen
Zum Entwurf des Bundeseisenbahnstrukturgesetzes (BESG) erklärt Winfried
Hermann, verkehrspolitischer Sprecher:
Der vorliegende Entwurf eines Artikelgesetzes zur Privatisierung
der Deutschen
Bahn AG aus dem Verkehrsministerium ist die Selbstenteignung des Bundes an
der Infrastruktur. Der Entwurf wird den eigenen Vorgaben der Koalition aus
dem
Entschließungsantrag in keiner Weise gerecht, sondern ist der Versuch,
das von
Verkehrsminister Tiefensee immer schon favorisierte "Eigentumssicherungsmodell"
durchzusetzen.
Eine rechtlich starke Position für den Bund als Eigentümer
der Infrastruktur wird vom Ministerium nicht gewollt. Eine
Entschädigung der Deutschen Bahn AG zum Verkehrswert
bei Entzug der Betreiberrechte und ein automatische Rückfall
des Infrastruktureigentums an die DB nach 15 Jahren sind
eingebaute Enteignungsinstrumente für den Bund.
Trotz formaler Zuständigkeit für die Infrastruktur werden die Eigentumsrechte
damit auf den Kopf gestellt. Die Gestaltung der Schienenpolitik soll dem Bund
und damit der Politik entzogen werden.
Die vorgesehenen weitgehenden Zugriffsrechte auf die Infrastruktur
einer teilprivatisierten DB AG nach einem Börsengang
werfen erhebliche verfassungsrechtliche Fragen auf. Wir haben
große Zweifel, ob das Privatisierungsvorhaben im Einklang
mit Wort und Geist des Artikels 87e Abs. 3 des Grundgesetzes
steht. Werden die Stimmrechte des Bundes an den
Infrastrukturunternehmen auf die privatisierte DB übertragen, entspricht
dies nicht dem Grundgesetzauftrag. Schon jetzt ist absehbar, dass das Bundesverfassungsgericht
das letzte Wort über das Gesetz haben dürfte. An Klägern wird
kein Mangel sein!
Mit der Ankündigung der EU-Kommission, die Netze der
Energieunternehmen von der
Erzeugung abzuspalten zu wollen, zeigt sich zudem sehr deutlich, wo der Regulierungsrahmen
in Europa hingeht. Eine Richtlinie für eine ordnungspolitisch klare Trennung
von Netz und Transport aus Brüssel auch im Eisenbahnwesen ist daher nur
eine Frage der Zeit. Daher sagen wir: Nur eine Trennung von Netz und Transport
schafft Rechtssicherheit.
Anstatt diesen Gesetzentwurf nach dem Murksmuster der Gesundheitsreform
in monatelangem Hickhack zu verschlimmbessern, sollten vernunftbegabte
Koalitionspolitiker den Börsengang der DB AG jetzt abblasen
und noch einmal von vorne beginnen.
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