Halbzeitbilanz Umweltpolitik
Erst vor kurzem haben die führenden Ökoverbände
ebenfalls Zwischenbilanz gezogen, was die Umweltpolitik
der Bundesregierung angeht. Die Noten waren dabei nicht
herausragend und der Applaus verhalten. Bei genauer
Lektüre der Kritik kann man feststellen, dass sie
vor allem dem Verkehrsminister und dem Wirtschaftsminister
gilt. Tatsächlich gibt es immer wieder Widerstand
in der eigenen Regierung gegen eine ambitionierte ökologische
Politik. Aber auch der CDU-dominierte Bundesrat macht
uns Umweltpolitikern das Leben schwer. Im Umweltbereich
geht fast nichts ohne den Bundesrat. Das zwingt zu Kompromissen.
Ich persönlich ziehe eine positive Halbzeitbilanz,
was unsere Umweltpolitik angeht und bin auf das Erreichte
auch stolz. Ich habe selten in meiner politischen Arbeit
größere Erfolge erzielt. Andererseits stimme
ich auch der Kritik seitens der Umweltverbände
zu, dass es noch vieler Anstrengungen bedarf, insbesondere
was die Einbindung der Ökologie in die Reformen
der Agenda 2010 angeht.
Was haben wir erreicht?
An erster Stelle muss das Erneuerbare-Energien-Gesetz
genannt werden. Damit haben wir einen regelrechten Boom
ausgelöst: Photovoltaikanlagen sind so nachgefragt,
dass sie lange Lieferfristen haben. Im Bereich der Erneuerbaren
Energien sind so viele Arbeitsplätze entstanden
wie wohl kaum in einer anderen Branche in den vergangenen
Jahren. Bislang wurden rund 130 000 neue Jobs geschaffen
und da ist noch mehr Potenzial drin.
Wir haben uns mit diesem Gesetz bei Produktion und
Investition in Windkraft, Solarenergie und Biomassenutzung
eine echte Vorreiterrolle in der Welt erarbeitet. Länder
wie China oder Brasilien klopfen an und wollen informiert
werden über die Möglichkeiten der Förderung
Erneuerbarer Energien durch Gesetze und Programme. Mineralölkonzerne
rund um den Globus steigen ein und investieren in Technik
und Forschung im Bereich Erneuerbare Energien.
Wir haben aber noch mehr geleistet auf dem Weg „Weg
vom Öl“: Bei aller Kritik und bei einigen
Kröten, die es zu schlucken gab, haben wir mit
dem Emissionshandelsgesetz einen weiteren Schritt zur
Bekämpfung des Treibhauseffekts geleistet.
Ein schöner Erfolg ist auch das vorsorgende Hochwasserschutz-Gesetz,
das die Chance hat, den Bundesrat zu passieren. Wir
haben aus den Überschwemmungen von vor 2 Jahren
gelernt und nun eine Regelung getroffen, die es verbietet
in Hochwasserschutzgebieten zu bauen, es sei denn auf
Stelzen oder mit Wannen.
Ich bin auch stolz darauf, das wir bewiesen haben, dass
wir uns gegen starke Lobbyinteressen durchsetzen können,
was das Beispiel Dieselrußfilter beweist: Am Ende
hat die Automobilindustrie eingelenkt und führt
den Partikelfilter bei allen Neufahrzeugen ein. Eine
steuerliche Förderung kommt ebenfalls nur noch
für Neufahrzeuge mit Dieselrußfilter. Die
Förderung startet am 1.1.2005 und damit zeitgleich
mit dem Inkrafttreten einer neuen EU-Richtlinie zur
Luftreinhaltung, die in zahlreichen Innenstädten
aufgrund hoher Partikelwerte derzeit nicht eingehalten
werden kann. Dies ist übrigens eines der Themen,
die uns noch lange beschäftigen werden.
Ähnlich hartnäckig und am Ende erfolgreich
waren wir bei der Abschaffung der Steuerbegünstigungen
für Geländewagen. Schließlich hat auch
hier das Verkehrsministerium seinen Widerstand aufgegeben
und der Abschaffung des Steuerprivilegs von Luxus-Jeeps
zugestimmt. Es war ja geradezu pervers, dass ausgerechnet
diejenigen Autos, die am meisten Dreck in die Luft pusten
und viel zu viel Sprit brauchen, auch noch steuerlich
bevorzugt fahren durften.
Im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans ist es uns darüber
hinaus gelungen, die ein oder andere sinnlose und umweltzerstörerische
Straßen zu verhindern oder Verkehrsprojekte durchzusetzen,
die der Bevölkerung echte Entlastung im Sinne von
Lärmschutz und Luftreinhaltung zu Gute kommen.
Als ganz besonders erfreulich empfinde ich persönlich
die Einsetzung des parlamentarischen Beirats für
Nachhaltigkeit, in dem ich Mitglied bin. Damit wird
dem Deutschen Bundestag im Nachhaltigkeitsprozess eine
wichtige Rolle eingeräumt.
Was liegt noch vor uns?
Auch wenn die Halbzeitbilanz umweltpolitisch aus meiner
Sicht durchaus positiv zu beurteilen ist, liegt noch
viel Arbeit vor uns. Die Umweltprobleme wie die globale
Klimaerwärmung verlangen dies von uns. Wir müssen
den Entwicklungspfad „Weg vom Öl“ weiterverfolgen
und angesichts anhaltender Umweltprobleme, unsere engagierte
Politik vorantreiben: Ob es nun beim Schutz der Bevölkerung
vor Lärm ist, bei der Durchsetzung strengerer Abgasnormen
im Verkehrsbereich, im Umweltrecht, beim Klimaschutzprogramm,
in der Abfallpolitik, beim Umgang mit Atommüll
oder beim Abbau umweltschädlicher Subventionen.
Dafür müssen auch die Kompetenzen des Bundes
gebündelt und gestärkt werden. Wir sollten
aber auch nicht vergessen, die umweltpolitischen und
ökologischen Themen im Rahmen des Agenda 2010-Prozesses
und einer modernen Reformpolitik im Allgemeinen besser
einzubinden.
Fazit
Wir haben einiges erreicht, wir haben vieles vor und
müssen den konsequenten Weg einer ökologischen
Modernisierung fortsetzen. Ökologische Modernisierung
ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, den Wohlstand
zu erhalten und das Energieproblem zu lösen.
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