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Positionspapier
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Fraktionsbeschluss 11.04.00
Die Ozonstrategie
- mit welchen Maßnahmen den
Sommersmog-Spitzen begegnen?
Hintergrund:
Während der Sommermonate entsteht in Schönwetterperioden
mit hoher UV-Einstrahlung aus den "Vorläufersubstanzen"
(v.a. Stickoxyde NOx und leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe
VOC) Ozon. Ozon ist der wesentlichste Bestandteil des
Phänomens "Sommersmog".
Diese Vorläufersubstanzen stammen nach Angaben des
Umwelt- und Prognose-
Instituts/Heidelberg (UPI) im wesentlichen aus dem
Verkehr (44 % der NOx-und 22 % der VOC-Emissionen, in
den Sommermonaten Mai bis August gar 52 %, bzw. 24 %)
und der Lösemittelverwendung (60 bis 61 % der anthropogenen
VOC-Emissionen). Die saisonbereinigte Größenordnungen
werden vom Umweltbundesamt und anderen Instituten bestätigt.
Aufgrund des abnehmenden Bestandes an Altfahrzeugen,
der zunehmenden Anforderungen an die Katalysatorleistung
und der steigenden Effektivität sparsamerer Motoren
sind VOC-Emissionen aus dem Verkehrsbereich langfristig
rückläufig.
Die humantoxische Wirkung von Ozon ist bekannt: Ozon
ist ein extrem kräftiges Oxidationsmittel. Es verursacht
Chromosomenbrüche (erbgutschädigend und krebserzeugend),
schädigt Bereiche des Atemtraktes und besitzt einen
signifikanten Einfluss auf die Sterblichkeitsrate.
Anlass:
Am 31.12.99 ist das Ozongesetz von 1995 ausgelaufen.
Inhalt dieser Regelung war im wesentlichen eine kurzfristige
Absenkung sommerlicher Ozon-Spitzenwerte durch großräumige
Fahrverbote für Nicht-Kat-Fahrzeuge.
Das zweistufige Verfahren sah ab einem Stundenmittelwert
von 180µg Ozon pro m³ Luft (Warnwert) einen Appell an
die Bevölkerung vor, kraftstoffbetriebene Motoren (Kfz,
Rasenmäher, motorbetriebene Zweiräder, Generatoren usw.)
möglichst nicht zu benutzen.
In einer zweiten Stufe trat ab einem Stundenmittelwert
von 240 µg/m³ am darauffolgenden Tag ein allgemeines
Fahrverbot für hoch emittierende Kraftfahrzeuge in Kraft.
Zahllose Ausnahmeregelungen, die Meßbedingungen (Messwertüberschreitung
an drei Meßstationen zwischen > 50 und a href="<.htm"
250 km Entfernung) und nicht zuletzt die viel zu hoch
angesetzten Schwellenwerte verhinderten eine effektive
Bekämpfung des Sommersmogs. So zeigen die bundesweiten
Meßdaten von 1990 bis 1995, daß aufgrund des später
geltenden Sommersmog-Gesetzes nur für einen Tag und
nur beschränkt auf Hessen und Baden-Württemberg Ozon-Alarm
ausgelöst worden wäre, obwohl in diesen sechs Jahren
der Grenzwert von 240 µg/m³ 496 mal überschritten wurde
und dabei Spitzenkonzentrationen bis zu 336 µg/m³ gemessen
wurden. Zum Vergleich, der „Gesundheitswert“ der
WHO zum Schutz der menschlichen Gesundheit beträgt 120
µg/m³.
Eine Nachfolgeregelung im Mobilitätsbereich ist nicht
geplant.
Der Trend:
1. Computerunterstützte Untersuchungen des prognos-Institutes/Basel
haben zum Ergebnis, daß aufgrund bereits beschlossener
und eingeleiteter Maßnahmen eine Reduktion der Ozonvorläufer-Substanzen
NOx und VOC bis 2005 um 37%, bzw. 42 Prozent (bezogen
auf 1990) erreichbar wäre. Aufgrund dieser dauerhaften
Minderungsmaßnahmen errechnet ihr Szenario auch ohne
weitere Maßnahmen eine weiträumige Absenkung der nachmittäglichen
Ozon-Spitzenkonzentration, allerdings nur um 15 bis
25 Prozent.
2. Das BMU geht in seinem Strategiepapier vom Februar
1999 davon aus, daß die Einhaltung des von der WHO empfohlenen
Schwellenwertes zum Schutz der menschlichen Gesundheit
(8-Stunden-Mittelwert: 120 µg/m³) nur dann sicher einzuhalten
ist, wenn die Emissionen der Vorläufersubstanzen gemessen
am Niveau der 80er Jahre um 70 bis 80 Prozent reduziert
werden.
3. Die VOC-Emissionen sind seit 1990 und die NOx-Emissionen
seit 1988 signifikant rückläufig. Neueste Berechnungen
des Umweltbundesamtes vom Dezember 1999 stellen fest,
dass von 1990 bis 1998 die VOC-Emissionen um 47 Prozent
und die NOx-Emissionen um 34 Prozent sanken.
4. Im Juni 1999 stellte das Umweltbundesamt fest, "dass
trotz des seit 1990 zu beobachtenden Rückgangs der Emissionen
[der Vorläufersubstanzen] um mehr als 30 Prozent eine
entsprechende Abnahme der Ozonbelastung erst sehr undeutlich
zu beobachten ist."
5. Andere Auskünfte besagen sogar, dass wir bis in
das nächste Jahrzehnt mit einer Zunahme der Hintergrundbelastung,
jedoch mit einer Abnahme der Anzahl und der Höhe der
Ozonspitzen zu rechnen haben, bis dann bereits getroffene
und noch zu treffende Maßnahmen zu einer allgemeinen
Reduktion der Ozonbelastung führen werden. So zeigt
die Auswertung empirischer Messdaten (ca. 9 Mio Datensätze)
der letzten zwei Jahrzehnte in einer Untersuchung des
Umwelt- und Prognose-Institutes/Heidelberg (UPI) einen
scheinbar deutlich zunehmenden Trend von ca. 27 µg/m³
(1977) über 38 µg/m³ (1987) auf ca. 50 µg/m³ (1997).
Dieser Verlauf könnte aber auch mit einer Umstellung
der Messmethodik Ende der 80er Jahre zusammenhängen,
die zu nominell höheren Messwerten führte.
Daraus folgt zusammenfassend, daß die in den letzten
Jahren beobachtete Abnahme der Vorläuferemissionen nur
zu einer geringen Abnahme der Ozon-Hintergrundkonzentra-tion
geführt hat. Gründe für die nur geringe Ozon-Reduzierung
können im nicht linearen Zusammenhang zwischen den Vorläufer-Emissionen
und der Ozonbildung - also dem höchst komplexen Reaktionsprozess
- liegen. Eine Reduzierung der Vorläufersubstanzen führt
nicht 1:1 zu einer Reduzierung der Ozonkonzentrationen.
Zudem sind noch nicht erfaßte Emissionen (z.B. auch
"importierte" Emissionen) und biogene VOC-Emissionen
durch die Vegetation (bundesweit ca. 20 %, regional
bis zu 50 %, z.B. durch bestimmte Baumarten) nicht vernachlässigbare
Einflußfaktoren. Nur eine ausreichend große und gleichzeitige
Reduktion beider Vorläufersubstanzen verspricht Aussicht
auf Erfolg.
Dabei muss also berücksichtigt werden, dass nicht alle
VOC-Emissionen (importierte, natürliche) einer Reduzierung
zugänglich sind und es auch keine Einzelmaßnahmen
mit großen Reduzierungspotentialen gibt, sondern nur
einen Instrumenten-Mix mit kleinen Teilbeiträgen.
Besteht Handlungsbedarf?
1. Ja, weil: Der nächste Sommersmog ist ein „rot-grüner“.
Nur aufgrund günstiger, meteorologischer Verhältnisse
war Ozon 1999 kein Thema. Ohne eine Novelle geraten
wir in der nächsten, ungünstig verlaufenden Schönwetterperiode
in den politisch-argumentativen Notstand.
2. Ja, weil: Aufgrund der vernachlässigenden Wirksamkeit
des Sommersmog-Gesetzes von 1995 haben die beiden Parteien
in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben: „Die Sommersmogverordnung
wird novelliert“. Damit stehen wir im Wort.
3. Ja, weil: Der Trend der Ozonbelastung sowohl der
Hintergrundkonzentration, als auch der Ozonspitzen erfordern
weitergehende Maßnahmen. Bereits getroffene Maßnahmen
auf europäischer oder nationaler Ebene sind nicht
ausreichend. (s.u.)
4. Ja, weil: Die Europäische Kommission setzt sich
in den geplanten Richtlinien über nationale Emissionshöchstgrenzen
für bestimmte Luftschadstoffe sowie über den Ozongehalt
der Luft (Ozon-Tochterrichtlinie) ein Langfristziel:
Der höchste 8-Stunden-Mittelwert während eines Kalenderjahres
soll zum Schutz der menschlichen Gesundheit 120 µg/m³
nicht überschreiten. Bis dahin gilt folgender Zielwert,
der bis 2010 erreicht werden soll: Bezogen auf die höchsten
8-Stunden-Mittelwerte darf 120 µg/m³ nur an 60 Tagen
innerhalb dreier Jahre überschritten werden. Sollte
sich dieser Richtlinienentwurf durchsetzen, würde dies
eine gewaltige Anstrengung zur NOx- und VOC-Emissionsreduzierung
voraussetzen.
Bei der Strategieentwicklung stellt sich die Frage,
ob etwa nur noch durch dauerhafte Maßnahmen oder nur
noch der gewerbliche oder industrielle Bereich geregelt
werden soll, da Maßnahmen im Mobilitätsbereich (dauerhafte
Maßnahmen, aber auch temporäre Maßnahmen wie Tempolimit,
Fahrverbot, Appell an Lösemittelverzicht etc.) „nichts
bringen“. Wir sind der Ansicht, dass nur eine integrierte
Strategie mit einem Kombi-Mix an Maßnahmen Aussicht
auf Erfolg hat.
Strategieentwicklung:
Die bisher diskutierte Ausschließlichkeit von langfristigen
und kurzfristigen Maßnahmen ist politisch nicht statthaft.
Um Ozonkonzentrationen als Hintergrundbelastung spürbar
zu reduzieren, ist eine deutliche und dauerhafte Verringerung
der Emissionen beider Vorläufersubstanzen, NOx und VOC
erforderlich. Um darüber hinaus sommerliche Ozonspitzenkonzentrationen
zu senken, sind auch temporäre Maßnahmen erforderlich.
Das Umweltbundesamt (UBA) formulierte in einer Hintergrundinformation
vom Juni 1999 dazu:
„ Bei der Verringerung der sommerlichen Ozonkonzentrationen
sind zwei Strategien von Bedeutung: Zum einen muß langfristig
angestrebt werden, während des gesamten Jahres (also
nicht nur während der Smogperioden) die Emissionen der
Vorläufersubstanzen zu verringern. Die Reduktion muß
bei beiden Stoffgruppen etwa 70 bis 80 Prozent bezogen
auf die Emissionen Mitte der 80er Jahre betragen...
Da eine Reduktion in dieser Größenordnung nur langfristig
realisierbar sein wird, müssen zudem Maßnahmen ergriffen
werden, die nur während der eigentlichen Smogperioden
gelten. Diese kurzfristigen, zeitlich begrenzten Maßnahmen
haben das Ziel, die Spitzenwerte zu senken und damit
akute gesundheitliche Beeinträchtigungen zu verringern.“
Das Bundesumweltministerium präsentierte im Februar
1999 eine noch nicht abschließend beratene Ozonstrategie,
die auch temporäre Maßnahmen im Verkehrsbereich umfasste:
Unterteilung der Bundesrepublik in zwei große Maßnahmengebiete
(Nord- und Südcluster). Die maximale Ozonkonzentration
jeder Messstation eines Maßnahmengebiets wird als Stunden-Mittelwert
täglich registriert. Die Werte des "schlechtesten Viertels"
aller Messstationen werden gemittelt (also die obersten
25 Prozent aller maximalen Ozonkonzentrationen). Liegt
dieser Mittelwert über 180 µg/m³ (1-Stunden-Mittel)
und ist für den nächsten Tag mit gleichbleibend hohen
Werten zu rechnen, wird für diesen nächsten Tag Ozonalarm
ausgelöst.
Das BMU sah Tempolimits auf Autobahnen (100 km/h für
Pkw/Motorräder und 60 km/h für Lkw/Busse/Gespanne) und
Landstraßen (80 km/h für Pkw, bzw. 50 km/h für Lkw)
vor. (Zur Erinnerung: für Lkw existiert bereits heute
ein Tempolimit auf Autobahnen - auch ohne Smogalarm.
Die Europäische Kommission führt aus, dass trotz
der bis zum Jahr 2010 zu erwartenden Verbesserungen
im Bereich Luftqualität und Umweltschutz die Gemeinschaft
auch weiterhin mit dem Ozonproblem konfrontiert sein
wird, wenn sie nicht rasch handelt: „Selbst mit der
Umsetzung sämtlicher derzeit verfügbarer technischer
Maßnahmen zur Emissionsminderung dürfte das Ziel, daß
EU-weit keine Überschreitung der kritischen Werte und
Belastungen erreicht werden, nicht erreichbar sein.“
Die Ozon-Tochterrichtlinie sieht daher auch die Möglichkeit
nationaler Kurzfristmaßnahmen ausdrücklich vor.
Dringend erforderlich ist eine integrierte Strategie,
die langfristige und temporäre Reduktionsmaßnahmen verfolgt.
Selbst, wenn die positivsten Prognosen von einer Reduktion
der Ozonspitzen aufgrund der getroffenen Maßnahmen bereits
im Zeitraum von 2005 bis 2010 ausgehen, ist
a. auch weiterhin mit einer häufigen Überschreitung
der 120, bzw. 180 µg/m³-Marke zu rechnen und
b. der politische Erklärungsnotstand gegenüber
der Bevölkerung bis dahin weiterhin evident.
Die Strategie:
Wirksame Erfolge hinsichtlich der Bekämpfung von Ozonbelastungen
durch Sommersmog sind nur durch eine integrierte Strategie
kurz- und langfristiger Maßnahmen zu erreichen. Dafür
gibt es sowohl empirische, als auch aus rechnergestützten
Modellszenarien stammende, signifikante Hinweise. Für
die Ozonstrategie sollten daher die nachfolgenden Maßnahmen
mit einem Zeit-Tableau und Evaluationsmechanismen versehen
werden. Aufgrund der möglicherweise zu erwartenden Ozonminderung
durch bereits getroffene oder beschlossene Maßnahmen
sollte auch das neue Sommersmoggesetz befristet und
nach spätestens 5 Jahren einer Neubewertung unterzogen
werden.
Verkehr:
- Kurzfristmaßnahmen: Unterrichtung der Bevölkerung
ab einem 8-Stunden-Mittelwert von 120 µg/m³. Überregionale
Fahrverbote für nicht-schadstoffarme Pkw und Krafträder
(später auch Lkw) sowie Tempolimit für Kat-Fahrzeuge
ab einem Prognosewert von 180 µg/m³ (Auslösestrategie
sonst analog der BMU-Strategie vom Frühjahr 1999: Tägliche
Registrierung der maximalen Ozonkonzentrationen aller
Messstationen eines großflächigen Maßnahmengebietes.
Ist zu erwarten, dass an 25 Prozent aller Messstationen
am nächsten Tag/in den nächsten zwei Tagen eines Maßnahmengebietes
der Wert von 180 µg/m³ (1-Stunden-Mittel) überschritten
wird, ist für die nächsten Tage mit einer andauernden
sommerlichen Wetterlage mit gleichbleibend hohen Ozonkonzentrationen
zu rechnen. Dann wird für diesen nächsten/übernächsten
Tag Ozonalarm ausgelöst. Der Prognosewert gibt Auskunft
über eine wahrscheinliche Überschreitung des Wertes
in den nächsten Tagen und kann heute durch die zur Verfügung
stehenden Berechnungsmodelle mit hinreichender Genauigkeit
vorab ermittelt werden.
- Verwendungsverbot benzingetriebener Geräte (Rasenmäher,
Motorsägen etc.) bei Prognosewerten von 180 µg/m³.
- Generell: Stärkere Überwachung der bestehenden Tempolimits
für Lkw
- Langfristmaßnahmen: Einführung moderner Abgastechnik
für Diesel-Lkw und Busse. Nach UBA sind entsprechende
Techniken zur deutlichen Verminderung von NOx- und VOC-Emissionen
in Pilotprojekten getestet und können in den nächsten
Jahren zur Serienreife entwickelt werden.
- Förderung sparsamerer und effektiverer Motorentechnik
abseits der Diesel-Technologie,
- Emissionsminderung beim Umfüllen und Lagern von Ottokraftstoffen,
höherer Wirkungsgrad der bisher absolut unzureichend
arbeitenden Gasrückführungssysteme an Zapfsäulen.
- Deklaration benzingetriebener Geräte ohne Abgasreinigung
als im "Einsatz verboten in Smogperioden". Kat-Pflicht
für bestimmte Kleingeräte nach angemessener Vorlaufzeit.
Industrie, Gewerbe, Produkte:
- Kurzfristmaßnahme: Einsatzverbot VOC-haltiger
Stoffe bei Prognosewerten von 180 µg/m³ in bestimmten,
nicht-genehmigungspflichtigen Anlagen. Ausnahmegenehmigung
unter Auflagen (z.B. Fristsetzung für Einhausung, Absaugung,
Aktivkohlereinigung).
- Langfristmaßnahmen: Produkt-Regelungen hinsichtlich
Inhalt und Labeling bei Farben, Lacken, Verdünnern,
Klebern, Reinigern, etc. (Angaben über Lösemittelart
und -gehalt)
- EU-weite Begrenzung des Lösemittelgehaltes in Produkten
bis hin zum Einsatzverbot von lösemittelhaltigen Produkten
für bestimmte Einsatzgebiete bei vorhandenen, ökonomisch
und anwendungstechnisch bestehenden Alternativen.
- Ausbildungsänderungen lösemittelverwendender Gewerbe
(Maler, Lackierer) zur Forcierung lösemittelarmer oder
wasserbasierender, lösemittelfreier Produkte. Etwa zwei
Drittel aller in Deutschland verarbeiteter Lacke und
Anstrichstoffe werden außerhalb - also umweltoffen -
geschlossener Anlagen verarbeitet (BMU/VCI)
- Verschärfung für nicht-genehmigungspflichtige (nicht
IVU-pflichtige) Anlagen durch einen jährlichen „Solvent
Management Plan“ mit Registrierungsanzeige und Planungsdaten
sowie regelmäßigen Emissionsmessungen durch Sachverständige.
UBA/VCI: „Bei Anlagen, die dem Geltungsbereich der
IVU-Richtlinie unterworfen sind, muß das integrierte
Genehmigungsverfahren erfolgen. Bei sonstigen Anlagen
kann eine Registrierung oder Genehmigung erfolgen.“
- Stärkung der bisherigen Eigeninitiativen wie beispielsweise
der Lack-, Druck- oder Klebstoffindustrien (z.B. Förderung
IPA-reduzierter Druckmaschinen als Austausch für Altanlagen
mit automatischer Reinigung durch emissionsreicher Reiniger)
sowie weiterer Reduzierungspläne.
Umsetzung und Effizienz
Der Vorschlag einer ökonomisch erzwungenen Reduzierung
von Altfahrzeugen z.B. durch eine drastische Erhöhung
der Kfz-Steuer sollte anhand des sozial schwachen Klientels
und der gerade auch durch die Politik geförderte „Allzeit-Mobilität“
nicht überstrapaziert werden.
Die Vorschläge der 53. Umweltministerkonferenz enthalten
darüber hinaus noch Maßnahmen wie die Neufestlegung
des Standes der Technik für NOx-emittierende Großfeuerungsanlagen
oder die Einführung einer emissionsabhängigen Kfz-Steuer
für motorisierte Zweiräder oder strengere Vorgaben für
die Abgasuntersuchung. Nach Einschätzung von BMU und
UBA erbringen sie nur eine geringe Reduzierung der Vorläufer-Substanzen.
Dies wäre zu prüfen.
Es bleibt daher, über die Einbeziehung des Verkehrssektors
eine politische Entscheidung zu treffen. Die
zu erwartenden Widerstände der übrigen Ressorts (insbesondere
des BMWi) dürfte bei Reglementierungs-Ansätzen im industriellen
oder gewerblichen Bereich nicht geringer sein, als bei
der Novellierung der "Sommersmogverordnung".
Effizienz temporärer Maßnahmen:
Im Falle temporärer Maßnahmen sieht das prognos-Institut
im Falle einer Kombination temporärer Maßnahmen (Tempolimits,
Fahrverbote nicht-schadstoffarmer Pkw und freiwillige
Reduktion bei stationären Quellen und beim Lösemittelverbrauch
aufgrund von Appellen) eine NOx-Reduktion von 32 % und
von 39 % bei VOC.
Anhang: |
|
NOx |
VOC |
Abnahme
der |
bis
|
bezogen
auf |
|
|
|
|
Ozonspitzen um: |
|
|
Trend
(prognos) |
|
-37% |
-42% |
15
- 25% |
2005 |
1990
|
Trend
(UBA) |
|
-34% |
-47% |
ca.
9,5% |
1998 |
1990
|
Soll |
|
-70% |
-80% |
(WHO-Einhaltung) |
|
1985
|
|
|
|
|
|
|
|
zusätzliche Maßnahmen (nach prognos) |
|
|
|
|
temporär: |
|
|
|
|
|
|
1.
Tempolimits |
|
-15% |
-1% |
|
|
|
2.
Fahrverbote "Alte Stinker" |
|
-29% |
-32% |
|
|
|
3.
Kombi 1+2 |
|
-32% |
-39% |
7
- 16% |
Sofort* |
1994
|
langfristig: |
|
-64% |
-72% |
30
- 40% |
2005 |
1990 |
Das prognos-Institut geht jedoch bei temporären nur
von regionalen Maßnahmen aus. Das Strategiepapier
des BMU vom Februar 1999 geht demgegenüber von zwei
flächendeckenden „Clustern“, vereinfachend Süd- und
Norddeutschland aus. Dadurch erhöht sich das Reduktionspotenzial
temporärer Maßnahmen. prognos selbst betont ausdrücklich,
dass
a. die räumliche Erweiterung des (regionalen) Maßnahmengebietes
durch Einbezug von angrenzenden Regionen (Bundesländern)
zu einer „deutlichen Effektivitätssteigerung“ führt
und
b. die Wirksamkeit von temporären Minderungsmaßnahmen
bei hohen Ozon-Konzentrationen deutlich höher einzuschätzen
ist, als bei geringeren Konzentrationen.
c. eine Vorverlegung der Einleitung von temporären
Maßnahmen zusätzliche Ozonminderungseffekte für den
ersten Tag des Auftretens bewirkt, für die folgenden
Tage die Zusatzeffekte geringer sind - entsprechend
der bereits in den vergangenen Legislaturperiode verfolgten
grünen Vorsorgestrategie.
Bei einer Kombination der temporären Maßnahmen sinken
die Ozon-Spitzenkonzentrationen nach prognos um bis
zu 16 %. Die hier vorgeschlagene Ozonstrategie läßt
jedoch höhere Reduktionen erwarten. Die Effektivität
steigt mit der Größe des Maßnahmengebietes und auch
deutlich durch frühzeitiges Ergreifen der Maßnahmen
(daher "Prognosewert" als Auslöser für Ozonalarm mit
24 bzw. 48 Stunden Vorlaufzeit).
Nicht zu vernachlässigen sind dabei mobile, benzingetriebene
Maschinen und Geräte (Rasenmäher, Motorsägen, Dieselgeneratoren
etc.). Ihr Anteil an den NOx-Emissionen des Verkehrs
beträgt EU-weit immerhin 15%, bei den VOC-Emissionen
sind es etwa 9%. An einem heißen Sommertag in Deutschland
könnte nach Schätzungen des BMU allein ein Verbot benzingetriebener
Gartengeräte bei Ozonalarm die gesamten VOC-Emissionen
im Maßnahmengebiet um rund 8% senken.
Effizienz langfristiger Maßnahmen:
Die Emissionsminderungen aufgrund bereits beschlossener
Maßnahmen (im Wesentlichen der Umsetzung der europäischen
Richtlinien (VOC-RL etc.) in nationales Recht) resultieren
in Abnahmen der Ozonkonzentrationen um höchstens 15
bis 25 %. Bei nachmittäglichen Spitzenwerten von 240
µg/m³ bedeutet dies lediglich eine Reduktion knapp unter
200 µg/m³. Nur weitere, temporäre Maßnahmen drücken
den Wert zumindest kurzfristig unter 180 µg/m³ (den
bis heute bestehenden Informationswert für die Bevölkerung).
Deshalb ist eine weitere, dauerhafte Reduktion nach
dem prognos-Szenario „Reduktion 2005“ nur durch zusätzliche
Maßnahmen in den Bereichen Verkehrs-Industrie- und Lösemittelemissionen
erreichbar. Durch die wichtigsten - hier aufgeführten
- Langfristmaßnahmen sind Ozonreduktionen von insgesamt
30 bis 40 % des Basislaufs erreichbar. So rechnet z.
B. die Lackindustrie bis 2007 mit VOC-Reduktionspotenzialen
von 70 Prozent (gegenüber 1988), vorausgesetzt, neben
anlagenbezogenen Regulierungen komme es vor allem auch
zu produktbezogenen Regelungen für die handwerkliche
Verarbeitung und für die Verarbeitung außerhalb von
Anlagen.
Fazit:
Auch in den kommenden 5 bis 10 Jahren wird Sommersmog
ein Problem bleiben. Selbst wenn bis dahin alle Maßnahmen
umgesetzt werden, die auf europäischer oder nationaler
Ebene geplant oder bereits beschlossen sind, werden
Überschreitungen des WHO-Gesundheitswertes nicht zu
verhindern sein. Selbst in den optimistischsten Prognosen
wird erst nach 5 oder 10 Jahren eine spürbare, aber
noch nicht ausreichende Abnahme der Hintergrundkonzentration
zu beobachten sein. Eine weitere Reduktion der Vorläufersubstanzen
ist daher notwendig und erfordert neben einer langfristige
Herangehensweise auch kurzfristige, überregionale (temporäre)
Maßnahmen - auch im Verkehrssektor.
µg/m³: Messeinheit in Mikrogramm (10-9 Kilogramm) pro
Kubikmeter Luft
VOC (volatile organic compounds): Leichtflüchtige,
organische Kohlenwasserstoffe
NOx: Stickoxide, bestehend aus NO und NO2
IVU-Richtlinie: Richtlinie über die integrierte Vermeidung
und Verringerung der Umweltverschmutzung
Quellen:
UPI: Umwelt- und Prognose-Institut "Bodennahes Ozon
- Vorschläge zu einer Novellierung des Sommer- Smog-Gesetzes,
UPI-Bericht Nr. 48, Heidelberg Juni 1999
UBA: Umweltbundesamt "Hintergrundinformation: Sommersmog",
Berlin Juni 1999
prognos "Aktionsprogramm und Maßnahmenplan Ozon (Sommersmog),
Basel Dezember 1997
BMU: Strategiepapier "Bodennahes Ozon", Berlin Februar
1999
Kommission der Europäischen Gemeinschaften Richtlinienvorschlag
"über nationale Emissionshöchstgrenzen für bestimmte
Luftschadstoffe" und "über den Ozongehalt der Luft"
KOM(1999) 125 endg., Brüssel Juni 1999
"Gemeinsamer Abschlußbericht zum Dialog des BMU und
des VCI zu Umweltzielen am Beispiel VOC", Dezember 1997
"Lösemittel-Reduzierung im Maler- und Lackiererhandwerk",
Verband der Lackindustrie 1999
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