Doping
August 2005
Alles Doping - oder was? Dopingskandale
häufen sich, nicht nur im
Radsport. Tatsache ist: Bei der staatlichen Dopingbekämpfung
sind viele
Fortschritte erzielt worden. Trotzdem brauchen wir bessere
gesetzliche
Regelungen zur Dopingbekämpfung. Denn..
Vom 13.01.-15.01.05 fand an der Pädogogischen
Hochschule Heidelberg ein Internationales
Expertengespräch zur Dopingprävention
statt. Dabei hielt Winne Hermann eine Rede (finden Sie
hier...).
Außerdem verabschiedeten die anwesenden Referenten
und Experten am Ende der Tagung folgende Heidelberger
Erklärung.....deutsch.......
englisch
Die Dopingproblematik im Sport – Handlungsfelder
und Lösungen
Ob Olympische Spiele, Weltmeisterschaften, Bundesligen
oder der Breiten- und Fitnesssport – der Sport
begeistert Millionen Menschen bei passivem Zuschauen
und spannungsreichem Mitfiebern oder bei der eigenen
körperlichen Betätigung. Am nächsten
Tag werden die Sportseiten in den Tageszeitungen aufgeschlagen,
die Berichte und Kommentare gelesen und dabei wird der
schmerzende Muskel massiert. Als ausgebildeter Sportlehrer
kenne ich viele dieser alltäglichen Gesichter des
Sports. Als sportpolitischer Sprecher unserer Bundestagsfraktion
gilt es darüber hinaus, die Entwicklung des Sports
insgesamt zu verfolgen und zu hinterfragen. Sportpolitik
ist nicht nur eine Schönwetterveranstaltung, bei
der sich Politiker über herausragende Leistungen
und Medaillenspiegel freuen. Es gehört zur Verantwortung
dazu, sich auch mit den Fehlentwicklungen und Gefahren
auseinander zu setzen. Zunehmend ist dabei die ungelöste
Problematik des Doping in den sportpolitischen Vordergrund
gerückt. Der Skandal bei der Tour de France 1998,
der Fall Baumann oder die Erkenntnisse über die
Dopingverabreichung in der ehemaligen DDR haben auch
mich geschockt. Ich habe mich daher in verstärktem
Maße bei der Dopingbekämpfung engagiert,
denn allein die Diskussion reicht nicht mehr aus, sondern
wir müssen handeln und Lösungsansätze
für einen zukunftsfähigen Sport finden.
Im November 2001 hat der Deutsche Bundestag über
die Dopingproblematik debattiert und die bisherigen
Maßnahmen bilanziert. Ich habe in meinem Redebeitrag
verdeutlicht, dass wir wichtige Fortschritte beim Kampf
gegen Doping im Sport erzielt haben, aber auch in diesem
Jahr sowie in der nächsten Legislaturperiode noch
einiges vor uns liegt. Nicht alles konnte in diesem
schwierigen Themenfeld umgesetzt werden, vieles ist
aber auf den Weg gebracht. Im Kern bedeutet das: Die
Dopingbekämpfung in Deutschland benötigt eine
wirkungsvolle Gesamtstrategie, die auf drei Standbeine
gestellt werden sollte: Anti-Doping-Gesetz, Nationale
Anti-Dopingagentur, DDR-Dopingopfer-Fonds.
Wegmarken für ein Anti-Doping-Gesetz in Deutschland
gesetzt
Ich habe mich mehrfach für eine verbesserte gesetzliche
Grundlage für die Dopingbekämpfung in Deutschland
ausgesprochen. Der Sportausschuss des Deutschen Bundestages
hat im Juli 2001 auf Antrag von Rot-Grün beschlossen,
mit einem Maßnahmenpaket neue Wege im Kampf gegen
das Doping zu gehen. Darin enthalten ist die zentrale
Forderung nach einem Anti-Doping-Gesetz in Deutschland.
Wesentliche Ziele dieses Gesetzes sollen sein, zum Schutz
des fairen Wettbewerbs im Sport das Doping durch den
Sportler unter Strafe zu stellen, bestehende Gesetzeslücken
zu schließen, die Sanktionen zu verschärfen
und die Aufklärung über die Gefahren des Dopings
voranzutreiben. Die Koalition verdeutlicht damit ihre
Absicht, in gemeinsamer Verantwortung mit dem Sport
diese Gesamtstrategie für eine wirkungsvolle Dopingbekämpfung
umzusetzen. Andere europäische Staaten wie Italien
und Frankreich zeigen, dass dort mit noch weitergehenden
staatlichen Möglichkeiten Erfolge beim Kampf gegen
den Dopingbetrug im Sport erreicht werden. Diese Politik
kann nicht komplett auf Deutschland übertragen
werden, aber wir dürfen den Anschluss nicht verlieren
und müssen uns an dieser Entwicklung in Europa
orientieren. Nicht zuletzt ist die Bundesrepublik Deutschland
auch internationale Verpflichtungen für einen dopingfreien
Sport eingegangen. Daher führen die beabsichtigten
Maßnahmen der Regierungskoalition zu einer besseren
nationalen Umsetzung der Anti-Doping-Konvention des
Europarates aus dem Jahr 1989 und einer Folgeresolution
der europäischen Sportminister vom Mai 2000 in
Bratislava. Dort hat sich Deutschland verpflichtet,
für die effektive Dopingbekämpfung auch den
Besitz von Dopingwirkstoffen unter Strafe zu stellen.
Es kann nicht verschwiegen werden, dass das Ziel eines
dopingfreien Sports noch nicht erreicht ist. Mit der
Verabschiedung eines Anti-Doping-Gesetzes in der nächsten
Legislaturperiode würden wir einen weiteren wichtigen
Schritt für einen zukunftsfähigen und modernen
Sport machen, denn der Kampf gegen Doping braucht klare
gesetzliche Regeln.
Wieso reicht das Arzneimittelgesetz (AMG) für eine
wirkungsvolle Bekämpfung des Doping nicht aus?
Durch die Novelle des Gesetzes im Jahre 1998 wurde die
Dopingverabreichung durch das personelle Umfeld des
Sportlers (Trainer, Ärzte) unter Strafe gestellt,
die Einnahme und der Besitz der Dopingmittel durch den
Sportler blieb hingegen nicht strafwürdig. Ich
sehe daher für eine verbesserte gesetzliche Grundlage
für die Dopingbekämpfung zwei wesentliche
Ansatzpunkte: Erstens muss der Schutz des Rechtsgutes
Sport im Vordergrund stehen und nicht der Schutz des
Arzneimittelmarktes. Es geht somit primär darum,
den Dopingbetrug zukünftig als Verstoß gegen
das grundlegende Prinzip des fairen Wettbewerbs im Sport
zu bewerten und durch eine eigenständige gesetzliche
Regelung zu ahnden. Zweitens beinhaltet die bisherige
Regelung des AMG eine Lücke, denn der dopende Sportler
handelt im kommerzialisierten Sport von heute in selbständiger
Weise, indem er sich die Mittel beschafft und über
die leistungssteigernde Wirkung informiert ist. Er verschafft
sich bewusst einen Wettbewerbsvorteil gegenüber
seinen Konkurrenten. Dieses Verhalten sollte daher auch
vom Staat strafrechtlich sanktioniert werden. Trainer
oder Ärzte können nicht allein für das
Doping verantwortlich gemacht werden. Ich habe daher
mit großer Zustimmung aufgenommen, dass im Herbst
letzten Jahres auch die Aktivensprecher des Sports ein
Anti-Doping-Gesetz gefordert haben.
Es geht im Kern also nicht mehr darum, ob ein Anti-Doping-Gesetz
notwendig ist, sondern die grundsätzliche Frage
ist, wie es ausgestaltet sein sollte. Die Diskussion
darüber wird auch innerhalb des Sports sowie zwischen
Sport und Politik geführt. Wir haben die unterschiedlichen
Positionen in mehreren öffentlichen Anhörungen
vor dem Sportausschuss gehört und in die Sportpolitik
von Rot-Grün einfließen lassen. Dabei war
insbesondere die Stellungnahme von Prof. Dr. Ulrich
Haas, dem Leiter der gemeinsamen Anti-Doping-Kommission
von DSB und NOK, ein entscheidender Durchbruch. Am 14.3.2001
erklärte er vor dem Sportausschuss: „Das
Gesetz sollte sich der Problematik insgesamt annehmen
und zwar in einem Anti-Doping-Gesetz, das zum einen
die bereits vorhandenen Regelungen zusammenfaßt
und zum anderen ergänzende Bestimmungen enthält.“
Diesen Weg hat Rot-Grün in den letzten Jahren beschritten,
diesen Weg wird Rot-Grün in der nächsten Wahlperiode
fortsetzen.
Nationale Anti-Dopingagentur (NADA) wird finanziell
unterstützt
Im Bundeshaushalt 2002 stehen erstmals Mittel für
eine Nationale Anti-Dopingagentur bereit. Das für
den Sport zuständige Bundesinnenministerium stellt
dafür einen Sockelbetrag von 5,1 Millionen Euro
zur Verfügung und bringt zusätzlich in vollem
Umfang seine bisherigen jährlichen Aufwendungen
für die Dopingforschung und –analytik ein.
Es muss deutlich gesagt werden, dass die finanziellen
Beiträge der Bundesländer und der Wirtschaft
sich bisher leider in Grenzen halten, um so mehr werte
ich es als besonderen Erfolg dieser Regierungskoalition,
dass es gelungen ist, diesen finanziellen Kraftakt durch
den Bund zu leisten Die NADA wird im Frühjahr 2002
ihre Arbeit aufnehmen und damit den operativen Bereich
der Dopingbekämpfung von Sport und Politik übernehmen.
Unter einem gemeinsamen Dach sind dann die Dopingforschung-
und analytik sowie die Präventions- und Aufklärungsarbeit
vereint. Die NADA wird die Zusammenarbeit mit der Welt-Antidopingagentur
(WADA) verbessern, denn die Kontrollen müssen weltweit,
ob bei Wettkampf oder Training, verstärkt werden.
DDR-Dopingopferfonds wird eingerichtet
Der Begriff der „Sportnation DDR“ hat sich
in vielen Köpfen festgesetzt. Staatlich festgelegte
und durch die Stasi kontrollierte Erfolgspläne
sollten Medaillen erbringen und die Leistungsfähigkeit
des politischen Systems im Vergleich mit anderen Staaten
unter Beweis stellen. Seit der Wende beschäftigen
sich Historiker, Mediziner, Sportjournalisten sowie
ehemalige Sportlerinnen und Sportler mit der Funktionsweise
dieses Systems. Der wiedervereinigte deutsche Sport
hat seine „Erkenntnisbücher“ schon
Anfang der 90er Jahre geschlossen, um sie heute, wenn
es um die umstrittene Tätigkeit von ehemaligen
DDR-Trainern im gesamtdeutschen Sport geht, in arbeitsrechtlichen
Fragen wieder zu öffnen. Heute ist bekannt: Das
Doping in der DDR war flächendeckend und umfasste
fast alle Sportarten im Leistungssportbereich. Dopingmittel
wurden in konspirativer Weise vielen Sportlerinnen und
Sportlern im Kindes- und Jugendalter ohne deren Wissen
verabreicht. Insgesamt gehen Experten von bis zu 10
000 gedopten Personen aus, von denen heute 500 bis 1
000 heute gesundheitliche Schäden beklagen. Einige
Verantwortliche für die Dopingverabreichung wurden
gefunden. Die Strafverfahren gegen die obersten DDR-Sportfunktionäre
Manfred Ewald und Manfred Höppner endeten im Juli
2000 mit Bewährungsstrafen, andere ehemalige Trainer
wurden zu Geldbußen verurteilt.
Im Mai 2001 haben sich ehemalige Sportlerinnen und Sportler
der DDR in einer Petition an den Deutschen Bundestag
gewandt, um Hilfe und Unterstützung von der Politik
zu fordern. Ich habe seitdem großen Wert darauf
gelegt, dieses Anliegen nicht durch parteipolitisch
geprägten Streit zu blockieren, sondern unbürokratische
Lösungswege zu finden. Daher habe ich auch die
politische Initiative ergriffen und in einem „Offenen
Brief an die DDR-Dopingopfer“ meine Bereitschaft
bekundet, für die berechtigten Forderungen auch
parlamentarisch einzutreten.
Die Rahmenbedingungen erweisen sich hierfür als
schwierig, da die Bundesrepublik Deutschland nicht für
die Auswüchse und Rechtsverletzungen des DDR-Sports
in Haftung genommen werden kann. Es kann daher nur eine
Fondslösung mit Beteiligung des Staates in Betracht
kommen, die den Opfern finanzielle Unterstützung
und medizinische Hilfen zukommen lässt, aber gleichzeitig
kein Schuldanerkenntnis des Staates formuliert. Notwendig
ist es auch, Sport und Wirtschaft mit ins finanzielle
Boot dieses Fonds zu bekommen. Im Sportausschuss konnte
darüber in den wesentlichen Punkten Einvernehmen
erzielt werden. Einvernehmen zwischen den großen
Parteien reicht jedoch oftmals nicht aus, um die erforderlichen
parlamentarischen Beschlüsse zu verabschieden,
insbesondere wenn es zugleich um Finanzierungsfragen
geht. In Zusammenarbeit mit den grünen Abgeordneten
im Haushaltsausschuss ist es mir in letzter haushaltsrechtlicher
Sekunde gelungen, im Bundeshaushalt 2002 einen Ansatz
in Höhe von 2 Millionen Euro zu verankern. Die
notwendigen Mittel stehen damit zur Verfügung.
Es liegt jetzt am Bundesinnenministerium, Regelungen
und Kriterien zu finden, um diesen Fonds einzurichten
und mit Hilfsleistungen zu beginnen.
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