Sportpolitik
März 2007
Sport und Europa
Nicht zu glauben: Diese Bundesregierung nimmt bei
ihrer EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr
2007 den Sport nicht angemessen wahr. Denn im Arbeitsprogramm
des Bundesinnenministers zur EU-Ratspräsidentschaft
wird der Sport mit keiner Silbe erwähnt!
Das ist ein schweres Versäumnis, denn besonders
der Sport hätte von der Regelung in der EU-Verfassung
profitiert. Notwendige Initiativen für Zwischenlösungen
wurden erst gar nicht vorgelegt! Und auch bei dem informellen
Sportministertreffen im März in Stuttgart hat
die Bundesregierung keinen Vorschlag gemacht, wie zukünftig
auf europäischer Ebene das Verhältnis von
Breitensport und kommerziellem Sport geklärt werden
soll.
Es ist ebenfalls ein Fehler, dass EU-Sportminister
den Sport hauptsächlich unter Sicherheitsaspekten – also
beispielsweise Krawalle bei Fußballspielen – definieren.
Das ist wichtig, aber noch lange nicht vollständig.
Es fehlt ein Konzept, um Europa auch durch den Sport
zueinander zubringen. Leider lässt es die Bundesregierung
durch ihre Politik zu, dass der Sport in Europa überwiegend
durch den kommerziellen Sport, z.B. die Fußball-champions-league,
wahrgenommen wird. Die breite Palette des Sports wird
dabei nicht abgebildet; das gemeinsame Zusammenwachsen
und das gegenseitige Kennenlernen durch den Sport wird
erschwert.
Daher steht fest: In der Sportpolitik wird die Bundesregierung
den Erwartungen an die EU-Ratspräsidentschaft
nicht gerecht.
Dopingbekämpfung
Bei der Dopingbekämpfung bleibt die Bundesregierung
weit zurück hinter den Erfordernissen. Seit den
Vorkommnissen in Spanien im Mai 2006 wurde kein parlamentarisches
Gesetzgebungsverfahren für eine verbesserte Dopingbekämpfung
einzuleiten. Es wurde lediglich ein Referentenentwurf
vom Bundesinnenminister vorgelegt, der aber die Lücken
in der Dopingbekämpfung – und hier meine
ich die Verantwortung des Staates bei der Dopingbekämpfung – nicht
ausfüllt.
Diese Lücken sind:
• Der Ansatz der Bundesregierung in Richtung Besitzstrafbarkeit von Dopingmitteln
ist in der vorgelegten Form eine Mogelpackung. Was der vorliegende Gesetzentwurf
der Bundesregierung vorsieht, hat mit Besitzstrafbarkeit eher wenig zu tun, sondern
ist eine Präzisierung der Strafbarkeit beim Handel mit Dopingmitteln. Der
Handel mit Dopingmittel ist jedoch bereits heute schon strafbar.
•
Die große Koalition hat die Bundesmittel zur Dopingprävention im
laufenden Haushalt 2007 um 25 Prozent auf 300.000 Euro gekürzt. Von einer
wirkungsvollen Gesundheitsprävention kann keine Rede sein.
•
Die Bundesregierung hat bisher keine konkreten Schritte unternommen, um Wirtschaft,
Sport und Medien, aber auch die Bundesländer, zu einer Aufstockung des
Stiftungskapitals bei der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) zu bewegen.
Denn bisher wird das Stiftungskapital der NADA fast vollständig durch
den Steuerzahler aufgebracht.
Fußball und Gewalt
Fußball ist als Mannschaftsspiel und aufgrund
seiner gesellschaftlichen Verbreitung in besonderer
Weise betroffen und gefordert. Daher muss mehr getan
werden durch den Fußball selbst und auch im Umfeld
des Fußballs für Toleranz und gegen Gewalt
und Rassismus. Ereignisse und Ausschreitungen wie in
Leipzig, Dresden oder Berlin sind nicht akzeptabel.
Wir brauchen endlich eine Toleranzkultur im Sport.
Ich meine, dass es die Unterstützung aller Sportpolitiker
im Deutschen Budnestag finden würde, wenn der
DFB bei seiner Bewerbung um die Frauen-Weltmeisterschaft
2011 dieses Ziel besonders herausstellen würde.
Toleranz und Integration im Sport sind aber keine Selbstläufer.
Wir brauchen pädagogische Konzepte. Ich begrüsse
es, wenn DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger mehr
sog. „Bolzplätze an Schulen“ einrichten
möchte. Aber genauso notwendig ist es, für
eine bessere Aus- und Fortbildung bei Übungsleitern,
Trainern und auch Schiedsrichtern zu sorgen, das gilt
besonders im Jugendbereich. Da werden wir Grüne
den DFB auch weiter kritisch begleiten.
Außerdem ist daran zu erinnern, dass die große
Koalition die finanziellen Mittel für die Fußball-Fanprojekte
gekürzt hat. Im laufenden Bundeshaushalt 2007
stehen im Jugendetat des Familienministeriums nur noch
rund 150 Tsd. Euro zur Verfügung. Das ist eine
satte Kürzung um mehr als 30 %, alles nach dem
Motto: Die Fußball-WM im eigenen Land ist vorbei,
jetzt achtet niemand mehr auf Kürzungen im Jugendbereich.
Sportstättenbau/Klimaschutz/Goldener Plan Ost
Der Bund kann einiges bei der Sportstättensituation
tun, auch wenn er verfassungsmäßig gar nicht
dafür zuständig ist.
Fakt ist: Der Goldene Plan Ost für einen Sportstättenbau
in den neuen Bundesländern wurde von der großen
Koalition auf 2 Millionen Euro Bundesmittel in diesem
Jahr zurückgeführt. Auch wenn schon viel
in den neuen Ländern erreicht worden ist: Diese
Kürzung beim Goldenen Plan Ost ist das falsche
Signal! Zum Vergleich: Mit grüner Regierungsbeteiligung
gab es in der Spitze immerhin 15 Millionen Euro Bundesmittel
pro Jahr.
Die große Koalition hat es auch nicht geschafft,
eine alternative Lösung für den Sportstättenbau
und die Sportstättensanierung zu finden. Für
die Planungssicherheit in den Städten und Kommunen
wäre es aber eine wesentliche Hilfe, wenn ökologische
Sanierung durchgeführt werden würde, die
mittel- und langfristig die Betriebskosten, insbesondere
die Energiekosten, senkt.
Wer Klimaschutz Ernst nimmt, der muss aber auch für
einen ökologischen Sportstättenbau einen
Beitrag leisten. Da darf sich der Bund nicht hinter
Zuständigkeitsfragen verschanzen, sondern muss
klar sagen: Angesichts der Bedrohung durch den Klimawandel
ist es gerechtfertigt, wenn der Bund finanzielle Mittel
für einen ökologisch-modellhaften Sportstättenbau
und eine Sportstättensanierung unter ökoligischen
Aspekten zur Verfügung stellt. Bisher liegt da überhaupt
nichts vor von der großen Koalition.
Bewertung der Sportpolitik der großen Koalition
Die große Koalition ist es bisher schuldig geblieben,
bessere Rahmenbedingungen für Sport und Bewegung
in Deutschland zu erreichen. Die Möglichkeiten
der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wurden nicht
genutzt.
Bü 90/Die Grünen werden jedoch immer darauf
drängen, dass Sport und Bewegung einen wichtigen
Beitrag für die Zivilgesellschaft und das bürgerschaftliche
Engagement leisten sowie Integration und Gesundheitsprävention
in unserer Gesellschaft stärken.
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