Doping
„Ohne Gesetz machen wir uns lächerlich“
Politiker Hermann über den Anti-Doping-Kampf
Herr Hermann, Sie gehören zu den 70 Unterzeichnern
der „Heidelberger Anti-Doping-Erklärung“.
Sie fordert die Politik auf, ein Anti-Doping-Gesetz
zu schaffen. Also müssten Sie als Politiker jetzt
sofort an einem Gesetzentwurf basteln.
Ich wollte mich eigentlich nicht selber auffordern.
Wir warten auch erst, bis die Expertenkommission des
Deutschen Sportbundes (DSB) ihre Vorschläge erarbeitet
hat, wie Doping durch Gesetze besser bekämpft werden
kann. Aber fest steht, dass die bisherige Regelung mit
dem Arzneimittelgesetz nicht ausreicht. Die Designer-Dopingmittel
wie THG gelten eben nicht als Arzneimittel. Wer einen
Koffer voll mit THG-Ampullen besitzt, kann dafür
nicht bestraft werden.
Warum ist bisher nichts geschehen, obwohl die Schwächen
des Arzneimittelgesetzes schon seit Jahren feststehen?
Der Bundestag hat die Regierung zweimal aufgefordert,
die gesetzlichen Lücken zu schließen und
auch etwas für die Prävention zu tun. Aber
die Regierung hat bisher zu wenig unternommen, weil
der Bundesinnenminister und die Führung des DSB
von der Wirkung verschärfter Gesetze noch nicht
überzeugt sind.
Wie könnte eine neue gesetzliche Regelung
aussehen?
Man könnte etwa ein Artikelgesetz verabschieden,
also in schon bestehende Gesetze Artikel reinschreiben.
Zum Beispiel könnte man ein explizites Produktionsverbot
von Designer-Dopingmitteln in das Arzneimittelgesetz
aufnehmen. Zusätzlich könnte man ein neues
Gesetz machen, mit dem man den fairen Wettbewerb im
Sport zu schützen versucht.
Die Expertenkommission wollte schon im vergangenen
Herbst ihre Vorschläge vorlegen. Das ist noch nicht
passiert.
Die Kommission muss im Frühjahr dringend zu Ergebnissen
kommen. Sollte sie es nicht, womit ich eigentlich nicht
rechne, müssten wir selbst aktiv werden. Wir können
jedenfalls nicht warten, bis der letzte Funktionär
mit dem goldenen Vorschlag einverstanden ist. Ich sehe
nicht ein, dass der Sport, der vom Staat viel Geld auch
zur Dopingbekämpfung bekommt, sich hier auf seine
Autonomie beruft. Nur der saubere Sport kann staatliche
Förderung erwarten.
Warum soll der Staat überhaupt Doping bekämpfen
und dafür auch noch Geld bezahlen? Hat er nicht
wichtigere Aufgaben?
Der saubere und faire Sport ist doch ein hohes Kulturgut,
dass es auch im Interesse der Jugend zu schützen
gilt.
Der Widerstand des DSB-Präsidenten Manfred
von Richthofen gegen ein Anti-Doping-Gesetz scheint
zu schwinden, aber werden Sie auch Bundesinnenminister
Schily dafür gewinnen können?
Wenn er das Gesetz nicht Anti-Doping-Gesetz nennt,
sondern Gesetz zur Bekämpfung von Dopingmitteln,
soll es mir auch recht sein. Wir müssen etwas in
dieser Legislaturperiode schaffen, das ist das Ziel.
In der letzten haben wir es auf Anraten von Schily und
der damaligen Staatssekretärin Brigitte Zypries
aufgeschoben. Das geht nicht noch einmal. Sonst machen
wir uns lächerlich.
In diesem Jahr will sich der Sport der Prävention
widmen. Welche Unterstützung bekommt er dabei von
der Politik?
Zunächst einmal haben wir 400 000 Euro im Haushalt
für eine Präventionskampagne und Projekte
veranschlagt. Ich hoffe, dass sich auch die Wirtschaft
und die Länder an der Prävention beteiligen.
Wie kann Doping-Prävention aussehen?
Doping fängt im Breitensport an. Es wird im Nachwuchssport
gedopt, bei Volksläufen und im Seniorensport. Dabei
sind den Leuten die Risiken gar nicht bewusst. Hier
muss viel mehr aufgeklärt werden. Über Trainer
und Betreuer muss ein Bewusstsein geschaffen werden
und die Verantwortung der Sportler gestärkt werden.
Außerdem müssen Produktion und Verbreitung
der Dopingsubstanzen intensiver verfolgt werden durch
Staatsanwaltschaften und Zollbehörden. Die Strukturen
des Dopinghandels sind mittlerweile analog zu denen
des Drogenhandels. Also gilt: Wenn man mit der Bekämpfung
nicht an der Wurzel anfängt, in diesem Fall bei
der Herstellung im Labor, wird man nie erfolgreich sein.
Die Fragen stellte Friedhard Teuffel.
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