29.09.2006
Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe
in Afghanistan (ISAF)
Persönliche Erklärung
gemäß § 31 GO-BT
zur Abstimmung des Deutschen Bundestages am 28. September
2006
über den Antrag der Bundesregierung „Fortsetzung
der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe
in Af-ghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage
der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001,
1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November
2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004)
vom 17. September 2004, 1623(2005) vom 13. September
2005 und 1707 (2006) vom 12. September 2006 des Sicherheitsrats
der Vereinten Nationen“ (Drucksache 16/2573)
Den Antrag der Bundesregierung lehnen wir ab.
Die Sicherheitslage in Afghanistan entwickelt sich
zunehmend katastrophal.
Die Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe
ISAF sollte den zivilen Wiederaufbau rund um Kabul schützen
und die Abhaltung von Wahlen ermöglichen. Der ISAF-Einsatz
wird auf immer weitere Landesteile ausgedehnt. Eine
Trennung zwischen der Schutzfunktion von ISAF und den
fortgesetzten und erheblich intensivierten Kampfeinsätzen
durch die Ope-ration Enduring Freedom (OEF) kann nicht
durchgehalten werden. Immer stärker werden ISAF-Einsätze
in Kampfhandlungen verwickelt, die Bevölkerung
erlebt den zivilen Aufbau als verzahnt mit Kampfeinsätzen
und deren Zielsetzungen. Besonders im Süden und
Osten des Landes wird auch von den beteiligten Staaten
eine Zusammenführung von ISAF und OEF gewünscht
und de facto praktiziert.
Die Konflikte in allen Landesteilen eskalieren dramatisch,
die Zahl der täglichen Opfer ist inzwischen vergleichbar
derjenigen im Irak. Statt eines Wiederaufbaues findet
ein Übergang der Konflikte in einen regelrechten
Krieg besonders im Süden des Landes statt. Die
Masse der Bauern ist weiterhin auf Mohnanbau als einzige
Einkommensquelle angewiesen. Der Krieg gegen den Drogenanbau
treibt die Bevölkerung Warlords und Taliban in
die Arme. Die Ein-heiten der Bundeswehr sind zunehmend
in die Eskalation einbezogen und werden nicht als Teil
eines Wiederaufbauprogramms, sondern als Teil einer
Kriegsführung wahrgenommen. Auch Soldaten von ISAF
werden mehr und mehr als Besatzungstruppen gesehen,
vor allem südlich von Kabul.
Eine Fortsetzung des bisherigen Einsatzes der Bundeswehr
in Afghanistan ist nicht verant-wortbar; eine - dringend
gebotene - Ausstiegsstrategie enthält der Antrag
nicht.
Den Antrag der Bundesregierung lehnen wir daher ab.
Winfried Hermann
Hans-Christian Ströbele
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