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Große Koalition löst nicht mal kleine Probleme
Wichtige Verordnung zum Fluglärmgesetz hängt fest

Das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen war nach jahrelangen Verhandlungen am 7. Juni 2007 in Kraft getreten. Seit dem – immerhin mehr als eineinhalb Jahren wird noch immer an den entscheidenden Durchführungsverordnungen gearbeitet. Obwohl das Umweltministerium zuständig ist, hat der Verkehrsausschuss in der letzten Sitzungswoche dieses Jahres über die zentrale 2. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (2. FlugLSV – die so genannte Schallschutzverordnung) debattiert. Warum das, kann man fragen? Auf Antrag der Liberalen und letztlich mit dem Ziel, die vom BMU vorgelegte Verordnung zu kippen. Pikant dabei war, dass der versammelten Opposition der Entwurf nicht einmal vorlag.

Was soll die Schallschutzverordnung regeln?

Die SchallschutzVO soll die baulichen Kriterien für die Schallschutzmaßnahmen im Lärmschutzbereich, insbesondere die Schalldämmmaße, festlegen und die technischen Vorgaben regeln. Sie ersetzt die geltende alte Schallschutzverordnung von 1974. Sie soll entsprechend der Ermächtigung im Fluglärmgesetz Schallschutzanforderungen und Anforderungen an Belüftungseinrichtungen unter Beachtung des Standes der Schallschutztechnik im Hochbau festlegen. Das BMU hatte zur Klärung fachlicher Grundlagen eine Expertengruppe mit Vertretern der betroffenen Kreise eingerichtet. Trotz langer Beratungen blieben fast alle wichtigen fachlichen Aspekte des baulichen Schallschutzes strittig.

Im Rahmen der Verbändeanhörung wurden Stellungnahmen der Luftverkehrsseite (ADV, Dt. Verkehrsforum, BDF, BDI) eingebracht, die die Verordnung fast ausschließlich negativ beurteilen und betonen, dass die Vorgaben zu einer deutlichen Verschärfung der Grenzwerte im Fluglärmgesetz (im Besonderen die Bauschalldämmmaße) beitragen würde. Ganz anders beurteilen die Umwelt- und Fluglärmverbände die Schallschutzverordnung. So stellt etwa die Bundesvereinigung gegen Fluglärm fest, die Verordnung würde die Schutzaufträge des Fluglärmgesetzes überhaupt nicht erfüllen. Beide Seiten halten somit die Verordnung nicht für gesetzkonform.

Krach zwischen den Ministerien Umwelt und Verkehr

Umwelt- und Verkehrsministerium haben in der Ausschussdebatte einen Dissens eingeräumt. Faktisch bedeutet das, die Verordnung wird blockiert. Der Verkehrsausschuss, mehrheitlich die Koalitionäre und die FDP, verlangt vom BMU eine Anpassung der SchallschutzVO, einige Abgeordnete drohten offen mit dem Entzug der Verordnungsermächtigung im Fluglärmgesetz.

Was sind die Folgen?

Nach unserer Einschätzung hat das BMU keine ausreichende Unterstützung für das Vorhaben organisiert. Große Teile der Koalition treten ganz offen für die Interessen der Flugwirtschaft ein. Wir haben schon das Fluglärmgesetz als einen Kompromiss bewertet, der weitgehend den Interessen des Luftverkehrs folgte. Inzwischen sind jedoch die Lobbybemühungen der Flugverkehrswirtschaft auch im Hause Tiefensee auf fruchtbaren Boden gefallen. Der Streit zwischen den Ressorts zeigt, die Koalition ist nicht in der Lage widerstreitende Interessen zu moderieren. Die Große Koalition löst also nicht mal kleine Probleme. Und dies geht zu Lasten der Betroffenen, die noch lange auf Schallschutzmaßnahmen warten werden. Am Ende aber auch zu Lasten der Flughäfen, für die nach wie vor keine Rechtssicherheit besteht.

Wenn hier nicht rasch eine Einigung erzielt wird, könnte es bedeuten, dass das mühsam zustande gekommene Fluglärmgesetz wieder aufgemacht wird, mit unabsehbaren Folgen. Die Federführung für das Fluglärmgesetz und die Verordnungen liegt beim BMU, es wird jetzt darauf ankommen, wie sich der Umweltausschuss verhält, denn hier müsste die neue Novelle wieder beraten werden. Die Ermächtigungen im Fluglärmgesetz (§ 7) sehen vor, dass die Verordnungen von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden. Sie werden nicht mehr im Deutschen Bundestag beraten.

Was ist geregelt?

Zumindest die Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (1. FlugLSV) ist verabschiedet. Sie regelt die Einzelheiten der Datenerfassung und des Berechnungsverfahrens für die Festsetzung von Lärmschutzbereichen. Dazu gehören zwei technische Regelwerke: AzD (Anleitung zur Datenerfassung über den Flugbetrieb) AzB (Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen). Nach Einschätzung des BMU brauchen die Länder jetzt 3-6 Monate für die Neuberechnung resp. Festlegung der Lärmschutzbereiche. Laut FLG müssen die Länder 2009 die Lärmschutzbereiche ausgewiesen haben

Was steht noch aus?

Die Dritte Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (3. FlugLSV) soll die Außenwohnbereichsentschädigung beim Neu- oder Ausbau von Flughäfen im Einzelnen regeln. Die fachlichen Arbeiten für diese Verordnung sollen Mitte 2009 abgeschlossen sein. Dabei werden ebenfalls die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zu den Kostenfolgen der Novelle des Fluglärmgesetzes und andere Regelwerke im Verkehrssektor zur Außenwohnbereichsentschädigung berücksichtigt.

Fazit

Im Hintergrund und undurchsichtig für die Öffentlichkeit geht der endlose Streit um das Fluglärmgesetz über die Ausgestaltung der Verordnungen weiter. Auf der einen Seite die Flugverkehrswirtschaft unterstützt von den Verkehrspolitikern der Koalition, auf der anderen Seite das BMU, das möglichst auch noch die Anwohnerinteressen berücksichtigen will, Tausende sind betroffen. Es geht auch um Millionenkosten für den Lärmschutz, die die Flugverkehrswirtschaft möglichst klein halten will. Die Bundesregierung muss endlich akzeptable Kompromisse vorlegen.


 

 

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