09.03.2007
Erklärung zum Abstimmungsverhalten nach § 31
GO BT
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Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung
des Deutschen Bundestages zu dem Antrag der Bundesregierung
zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an
dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe
in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage
der Resolutionen 1386 (2001), 1413 (2002), 1444 (2002), 1510
(2003), 1563 (2004), 1623 (2005) und 1707 (2006) des Sicherheitsrates
der Vereinten Nationen (Drucksachen 16/4298, 16/4571)
Nein zu deutschen Tornados in Afghanistan
Heute entscheidet der deutsche Bundestag über die Entsendung von Tornado-Aufklärungsflugzeugen
nach Afghanistan. Diese Flugzeuge können im gesamten ISAF-Bereich eingesetzt
werden, also auch in den umkämpften Regionen im Süden und Osten.
Sie sollen zu mehr Sicherheit beitragen. Doch zum Aufspüren von Selbstmordattentätern,
deren Anschläge die Sicherheit zunehmend bedrohen, sind Tornados weder
gedacht noch geeignet. Die hochmodernen Aufklärungsflugzeuge ersetzen
britische Aufklärungs- und Kampflieger, die sich ohne Aufklärungsarbeit
ganz auf den Kampf aus der Luft konzentrieren werden. Deutsche Tornados haben
v.a. die Aufgabe, genaue Bilder von „aufständischen (Taliban-)Kämpfern“ für
anschließende Bombardements zu liefern.
Die NATO-Partner erwarten, dass Deutschland sich endlich
am schwierigen und schmutzigen Kampf gegen den Widerstand
im Süden Afghanistans beteiligt. Tornados sind dazu
die elegante Lösung. Deutsche Soldaten müssen (noch)
nicht im direkten Kampf ihr Leben riskieren, dafür liefern
deutsche Flugzeuge die Infobilder zur blutigen Bekämpfung
und Zerstörung. Faktisch wird mit dem Tornadoeinsatz
die bisherige Linie des deutschen ISAF-Einsatzes verlassen,
der sehr darauf bedacht war, im Norden Afghanistans möglichst
zivilpolizeilich die Aufbauprojekte zu sichern. Ganz anders
als die NATO im Süden, die sich immer wieder als martialische
Besatzungsarmee aufspielt.
Das relativ gute Ansehen der Bundeswehr vor Ort, das wesentlich
mit dieser eher zivilen Strategie zusammenhängt, wird
bald blutbeschädigt sein. Und auch in Afghanistan wird
sich herumsprechen, dass deutsche Flugzeuge die Bombardements
der NATO vorbereitet haben. Der scheinbar harmlose Bundeswehreinsatz
mit sechs Aufklärungstornados könnte die Rolle
der Bundeswehr in Afghanistan entscheidend verändern:
Von der Aufbauschutztruppe zur gewaltsamen Besatzungsarmee.
Aber mit noch so viel militärischer Gewalt wird man ein Volk nicht „überzeugen“ und
auch keine „Herzen gewinnen“. Und mit noch so viel Waffengewalt
und Krieg kann auch Demokratie nicht durchgesetzt werden.
Die Tornados werden den Friedensprozess sicher nicht beschleunigen,
wohl aber eine neue militärische Eskalationsstrategie
einleiten. Wir befürchten eine Ausweitung und Brutalisierung
des Krieges wie die Mehrzahl der Menschen in Deutschland.
Afghanistan braucht keine militärische, wohl aber eine zivile „Frühjahrsoffensive“.
Der Einfluss der Taliban kann allenfalls mit zivilen Mitteln zurückgedrängt
werden. Sinnvoller wäre es die 35 Mio. € für den Tornadoeinsatz
in den zivilen Wiederaufbau einzusetzen. Deshalb und aufgrund weiterer grundsätzlicher
Bedenken sagen wir Nein zu deutschen Tornados in Afghanistan.
Berlin, den 9. März 2007
Winfried Hermann
Peter Hettlich
Dr. Anton Hofreiter
Dr. Harald Terpe |