Bundesregierung beim Klimaschutz auf der Gegenspur


Zur Diskussion über die gesetzliche Begrenzung des durchschnittlichen Kohlendioxid-Ausstoßes bei Neuwagen erklären Fritz Kuhn, Fraktionsvorsitzender, und Winfried Hermann, verkehrspolitischer Sprecher:

Die europäischen Autohersteller haben ihre Mitverantwortung für den Klimawandel jahrelang ignoriert und eine überhebliche Modellpolitik betrieben. Das missmutige Getöse der deutschen Automobilindustrie zeigt erneut: die deutsche Autolobby bekämpft nach wie vor jede politische Strategie für mehr Klimaschutz.
Der gute Ruf deutscher Automobilhersteller, die besten, innovativsten und umweltfreundlichsten Fahrzeuge zu bauen, wird dadurch fahrlässig beschädigt.

Freilich ist auch richtig: Die EU-Kommission hat einen in Teilen widersinnigen Vorschlag präsentiert. Auf Druck der deutschen Bundesregierung legt der Kommissionsvorschlag das Gewicht eines Neufahrzeugs als entscheidenden Parameter für den CO2-Ausstoß fest. Dadurch dürfen schwere Autos relativ mehr Kohlendioxid ausstoßen als leichtere Fahrzeuge. Allerdings sind auch die Minderungsverpflichtungen für die Hersteller von Klein- und Mittelklassewagen zu gering.

Die deutsche Bundesregierung offenbart ein weiteres Mal Doppelzüngigkeit:
Zunächst hatte sie im Januar durchgesetzt, dass die Hersteller nur 130 Gramm im Durchschnitt erreichen müssen statt 120 Gramm, wie es seit Jahren von allen EU-Gremien beschlossen war. Jetzt läuft die Bundesregierung Sturm, weil sie die heimische Autoindustrie in Gefahr sieht. Daran zeigt sich: laute Klimarhetorik auf internationalem Parkett, schmallippig bei konkreten klimapolitischen Maßnahmen. Statt wie Umweltminister Gabriel von einem "Wettbewerbskrieg gegen deutsche Hersteller" zu schwadronieren, täte sie besser daran, beim Klimaschutz im Verkehrsbereich auf die Überholspur zu kommen. Rund 20 Prozent der CO2-Emissionen der EU gehen auf den Straßenverkehr zurück.

Für effektiven Klimaschutz fordern wir eine Richtlinie, die für 2012 einen CO2-Grenzwert von 120 Gramm pro Kilometer auf Basis der Fahrzeugfläche festlegt und schon jetzt eine weitere Absenkung auf 80 Gramm für das Jahr 2020 vorschreibt. Diese Form der dynamisch verschärften Grenzwerte hat sich bei den Euro-Normen zur Luftreinhaltung mehr als bewährt. Nur mit einer solchen langfristigen Klimastrategie wird im Automobilmarkt ein nachhaltiger Innovationsanreiz geschaffen, der Verbesserungen in allen Fahrzeugklassen erforderlich macht. Premium müssen künftig Fahrzeuge sein, die ökologisch Spitze sind. Ambitionierte Grenzwerte wirken wie ein Innovationsprogramm, dass die Zukunftsfähigkeit europäischer Hersteller maßgeblich bestimmt. Wäre es nach der deutschen Autoindustrie gegangen, gäbe es heute noch keinen 3-Wege-Kat oder Rußpartikelfilter. Der Automobilverkehr benötigt dringend neue ökologische Leitplanken. Die Bundesregierung bleibt aufgefordert, durch generelle Tempolimits und eine progressiv ausgerichtete Reform der Kfz-Steuer die Ökologisierung des Autoverkehrs voranzubringen.



zurück...

..

 

 



zurück...