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Kolumne Schwäbisches Tagblatt

Tübingen, 28.07.2006

"Deutschland einig Feierland"

Zuerst feierten wir die Siege bei der WM, jetzt feiern wir den Sommer: im Dorf, in der Stadt, im Verein, in der Schule, in der Nachbarschaft, im Theater, beim Bundespräsidenten und beim Schützenverein. Die wenigen Nichtfest-Veranstaltungen, die es noch gibt, bemühen sich, davor oder danach, die Gäste mit festlichem Sommer-Empfang zu belohnen, und sei es auch nur mit einem Glas Prosecco und etwas Fingerfood. Auch für die Kinder und Jugendlichen gibt’s reichlich Animation und Spielgelegenheiten. So werden sie rechtzeitig in die neue deutsche Fest(Leit-)kultur eingeführt. Spätestens seit der Fußball WM ist Deutschland im Dauerfest. Deutschland einig Feierland. Endlich genießen wir, ohne schlechtes Gewissen!

Vorbei sind die schlechten Sommer. Unsere jahrzehntelangen Bemühungen zum Klimawandel waren erfolgreich. Unsere Investitionen in Gartenmöbel, Terrassen und Balkone erweisen sich als weitsichtig. Wir haben endlich ein prima Klima in Deutschland. Auch in der Öffentlichkeit. Vorbei sind die Zeiten der Miesepetrigkeit und des Dauermäkelns über die Dauerarbeitslosigkeit, Schuldenberge, Milliardenlöcher in der Renten- oder bei der Krankenkasse. Kein Jammern über Steuer- und Beitragserhöhungen. Keine Aufregung über die (Reform-)Unfähigkeit der Regierenden. Wir haben ja ohnehin nichts erwartet. Auch die Industrie- und Arbeitgeberverbände, diese ewigen Nörgler und Kritiker, mahnen nur noch leise in eigener Sache Reformen an. Das wurmt die alten Haudegen Henkel und Co so sehr, dass sie gar mit Hilfe der größten Zeitung im Lande ihre „Unterwanderung“ durch die CDU stoppen. Die gnadenlos kritischen und mit Rotgrün stets unzufriedenen Leit-Medien sind deutlich gnädiger geworden. Man kann schließlich von dieser großen Koalition nicht die Lösung aller Probleme verlangen. Immerhin: Der Stimmungsumschwung ist da. Das ist mehr als man erwarten konnte. Die Große Koalition hat uns alle ent-sorgt. Irgendwie. Großartig.

Selbst die Oppositionsarbeit wurde durch die Große Koalition erleichtert. Immer wieder steht sie zu sich selbst in Opposition, wenngleich nur verbal und meist folgenlos. Die Nachfrage nach oppositionellem Sachverstand und Alternativkonzepten hält sich in Grenzen. Die neue deutsche Festgemeinde will erst mal abwarten und genießen. Und wer will schon die neue deutsche Sorglosigkeit stören. Wir haben verstanden. Und feiern morgen erst mal unser Sommerfest. Sie sind herzlich eingeladen, auch wenn Sie zu den ewig Unzufriedenen gehören, die meinen, ungelöste Probleme kehren wieder. Bei uns wird Ihnen geholfen.



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