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Kolumne Schwäbisches Tagblatt

Tübingen, 02.06.2006

"Das Geld zu Last von Freunden"

WM 2006 – FIFA und Sponsoren sind übergriffig
Beinahe hätte es die FIFA geschafft, der Öffentlichkeit den Titel Fußball WM 2006 als TradeMark zu entwenden. Journalisten sollten gezwungen werden, nur noch „FIFA WM 2006“ mit dem Zeichen „TM“ zu verwenden. Es hätte kaum überrascht, wenn die Anwälte der internationalen Fußballorganisation dann gleich noch Gebühren für die Verwendung des Wortes „Fußball“ verlangt hätten.
Es geht aber um mehr als nur einen Streit um die rechtmäßige Begriffsverwendung. Die Verleger haben sich zu Recht gewehrt, und der Bundesgerichtshof hat klar gestellt, dass eine Fußball WM genau so wenig von der FIFA zur Marke bzw. zum Eigentum erklärt werden kann wie der Osterhase von der Schokoladenindustrie. Stuttgart und letztendlich auch Daimler-Chrysler hatten Glück, dass das Gottlieb-Daimler-Stadion nicht umbenannt werden musste wie viele andere WM-Arenen. Der Name konnte mit der Begründung, es handele sich dabei nicht um eine Marke, sondern um eine historische Persönlichkeit, beibehalten werden.

Anders ergeht es Daimlers Bussen: Die sind im WM-Einsatz alle vom FIFA-Sponsor Hyundai, obwohl diese Firma gar keine Busse herstellt. Auch der bekannte Mercedes-Stern auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof ist dem strengen Vertragsregeln der FIFA zum Opfer gefallen: Auf den offiziellen Prospekten ist er weg retouchiert. Jedes TV-Gerät, von wem auch immer hergestellt, wird mit dem Toshiba-Logo beklebt, wenn es im „Reich“ der FIFA zum Einsatz kommt.
Apropos reich: Die „internationalen Sponsoren“ und „nationalen Förderer“ zahlen der FIFA hunderte von Millionen und erwerben sich damit Werberechte. Die FIFA sichert im Gegenzug absolut exklusive und privilegierte Werbemöglichkeiten, notfalls auch zu Lasten anderer. Dabei nutzt die in der Schweiz angesiedelte Organisation kostenlos und steuerfrei den öffentlichen Raum und öffentliche Räumlichkeiten in Deutschland als wäre es ihr Eigentum. Und dieses ist ihr sogar garantiert: In den Pflichtenheften der Bewerbung Deutschlands und der WM-Städte musste ihr diese Garantie eingeräumt werden. Überdies mussten die Finanzminister der Länder und des Bundes noch während der WM-Bewerbung im Jahr 1999 zusagen, dass sämtliche Einnahmen der FIFA aus den WM-Rechten in Deutschland von der Steuer befreit werden. Übrigens geht das IOC bei den Bewerbungen zu Olympischen Spielen nicht anders vor.

Als Erklärung verweisen manche auf die Notwendigkeiten im modernen Profisport. Das aber würde ich so nicht akzeptieren. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass FIFA und ihre Sponsoren und Förderer versuchen, die WM und ihre Marken zu vermarkten. Wenn aber öffentlicher Raum zum FIFA-Rechtsraum wird - und das noch steuerfrei-, dann ist das übergriffig und geht eindeutig zu weit. Die hier genannten Beispiele belegen das anschaulich. Es kann nicht sein, dass das Gastgeberland zum Gelingen der WM Milliarden von Steuermitteln in Stadien und Infrastruktur steckt und die FIFA daraus einen exklusiven monetären Nutzen zieht. Das schöne Motto der WM: Die Welt zu Gast bei Freunden sollte nicht missverstanden werden als „Das Geld zu Last von Freunden“.

Winne Hermann, MdB und Freund des Fußballspiels


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