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Kolumne Schwäbisches Tagblatt

Tübingen, 14.01.2005

Zeit für einen (Öl)Wechsel

Wir verbrauchen täglich Öl, als ob uns der Saft nie ausgehen würde: Wir heizen mit Öl, wir treiben unsere Autos mit Öl an und wir produzieren unzählige Kunststoffprodukte des täglichen Lebens mit Erdöl. Läuft alles weiter wie geschmiert? Ganz im Gegenteil! Aus ökologischen, wirtschaftspolitischen und sicherheitspolitischen Gründen ist es höchste Zeit für einen Ölwechsel hin zu nachwachsenden Rohstoffen.

Jedes Kind weiß inzwischen, dass die ökologischen Schäden durch die Förderung, die Verbrennung und den Transport von Erdöl, immer mehr zunehmen. Vor allem die Verbrennung des Öls trägt massiv zum fortschreitenden Klimawandel bei: Die Hälfte aller CO2 Emissionen aus OECD-Ländern in den 90er Jahren stammen aus dem Verbrennung von Mineralölprodukten.

Zu den offenkundigen ökologischen kommen eine Reihe handfester ökonomischer Gründe, die für einen Wechsel sprechen. Die weltweite Nachfrage nach Erdöl steigt, während die verfügbaren Ressourcen sich dem Ende zuneigen: Die Zeiten des (billigen) Öls sind vorbei. Gleichzeitig hängen wir wie Junkies am Öltropf und haben uns eine teure besorgniserregende Abhängigkeit geschaffen. Vermehrte Kernkraftnutzung oder neue Kohlekraftwerke als Alternative sind dabei aus ökologischen Gründen völlig indiskutabel. Aber auch rein technisch gesehen können Atomstrom und Kohle kein Öl ersetzen. Zum sicherheitspolitischen Aspekt sei hier nur kurz erinnert an den US-Krieg ums Öl im Irak. Die Welt könnte ein Stück sicherer und friedlicher werden, wenn wir uns nicht mehr die Köpfe einschlagen um knappe Rohstoffe, die nicht nachwachsen, aber jeder haben will.

Die Alternative: Wir machen uns zunehmend unabhängig vom Öl mit Hilfe der drei E´s: Einsparung, Effizienzsteigerung und Erneuerbare Energien. Noch immer wird zuviel Energie verschwendet oder ineffektiv eingesetzt. Wir sollten mehr Wert auf energetische Sanierung von Altbauten legen, d.h. Energiesparen durch Wärmedämmung; neue Häuser müssen wir als Energiesparhäuser oder gar mit Hilfe der Sonne als Nullenergieverbauchshäuser bauen. Wenn wir schon Energie (ver)brauchen, dann sollte dies wenigstens effizient sein, z.B. durch Kraft-Wärme-Kopplung. Auch Autos müssen energiesparsamer werden. Technische Innovationen sind hier gefragt von der ach so wenig innovativen Branche. Wo bleiben die notwendigen Effizienzsteigerungen in der Motorentechnik, bei den Hybridantrieben und der Brennstoffzelle? Auch die Kfz-Steuer sollte nach ökologischen Gesichtspunkten neu geregelt werden, d.h. am CO2-Verbrauch statt am Hubraum orientiert sein. Carpools, Carsharing und der Ausbau des ÖPNV sind weitere Stichworte in diesem Zusammenhang. Gleichzeitig müssen wir die Bahn attraktiver machen. Dazu zählt auch die Aufhebung der Wettbewerbsverzerrung zwischen Schienen- und Luftverkehr.

Trotz alledem brauchen wir natürlich noch den Stoff, aus dem die nutzbare Energie wird. Und da kommen mittel- und langfristig einzig und allein nachwachsende Rohstoffe als Ersatz für die stoffliche Nutzung, für Kraftstoffe und für die Strom- und Wärmerzeugung in Frage. Sonnenenergie, Biodiesel oder Windenergie sind weitgehend bekannt. Aber in nachwachsende Rohstoffe steckt viel mehr. Sie sind mehr als Ölpflanzen wie Raps. Man kann nicht nur alle Teile einer Pflanze als Energiespender verwerten, sondern die Ganzpflanze z.B. zur Herstellung von Biokraftstoff („Biomass to Liquid“) nutzen. Viele Bauern nutzen diese Chancen bereits - sie haben entdeckt, dass sich für sie neue Produktions- und Einkommensperspektiven bieten. Fast überall dort, wo heute Erdöl als Rohstoff für Textilien, Medikamente oder Kunststoffprodukte eingesetzt wird, können auch nachwachsende Rohstoffe zum Einsatz kommen: Nachwachsende Rohstoffe können als Baumaterial verwendet werden, liefern Grundstoffe für Wasch- und Reinigungsmittel, für Lacke und Textilien. Außerdem gibt es bereits viel versprechende Entwicklungen wie etwa Flüssigholz, aus dem sich fast alles produzieren lässt. Und der Clou: Die Quelle der nachwachsender Rohstoffe sprudelt immer - auch in Deutschland. Das Potential ist derart groß, dass mit ihm die chemische, pharmazeutische und kunststoffproduzierende Industrie langfristig vom Erdöl unabhängig wird.

Hört sich an, wie Grimms Märchen? Nein, wir brauchen vielleicht nur etwas mehr Mut und das am besten schnell. Die Klimakatastrophe wartet nicht. Da halt ich’s gerne mit dem alten Slogan eines Mineralölmultis: Packen wir es an.


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