Kolumne Schwäbisches
Tagblatt
Tübingen, 08.10.2004
Grün erweitert Horizonte
Dieses Motto des Parteitages der Bündnisgrünen
war die Herausforderung, der wir uns am vergangenen
Wochenende gestellt haben. Entsprechend hatten die 2
Tage in Kiel auch ganz klar den Charakter eines Arbeitsparteitages.
Zentraler Schwerpunkt war die Gesundheitsreform und
unsere Reformantwort: Die Bürgerversicherung. Mit
diesem neuen Versicherungsmodell (“Eine für
alle“) wollen wir die Schwächen des bisherigen
Systems korrigieren und die Krankenversicherung zukunftsfähig
machen.
Zukünftig sollen auch Einkünfte, die nicht
aus Löhnen oder Einkommen resultieren, also Mieten,
Kapitalerträge, Erbschaften oder Zinsen, „verbeitragt“
werden. Außerdem sollen auch Beamte, Freiberufler
und Abgeordnete Beiträge zahlen und in die Solidargemeinschaft
einbezogen werden. Das Gesundheitswesen würde erstmals
vom Faktor Arbeit teilweise abgekoppelt und damit solidarisch
von allen Schultern gemeinsam getragen, wobei die breiten
Schultern größere Lasten zu tragen bekommen
als die schmalen Schultern.
Wir haben uns mit großer Mehrheit für eine
sozial ausgewogene und integrative Bürgerversicherung
entschieden. Mit ebenso deutlicher Mehrheit wurde ein
Antrag von Oswald Metzger u.a. abgelehnt, der als Gegenmodell
eine Kopfprämie bzw. Pauschale gefordert hatte.
Aber genau das wollen wir Grünen ja gerade nicht:
Denn so wie auch das Merkel-Modell einer Kopfpauschale
ist jede Art der Einheitsprämie ungerecht, denn
sie belastet Geringverdiener und Gutverdiener alle gleich.
Zum sozialen Ausgleich sollen dann über das Steuersystem
mehr als 30 Milliarden Euro umverteilt werden.
Über unser Modell der Bürgerversicherung
soll jedoch nicht nur mehr Geld ins System kommen, weil
sie alle Einkommen berücksichtigt und den Personenkreis
erweitert. Es sollen auch Wettbewerb, Transparenz und
Qualität der Gesundheitsversorgung verbessert werden.
Es wird keine Einheitsversicherung geben, sondern man
kann zwischen verschiedenen Bürgerversicherungen
wählen.
Daneben haben wir auf unserem Parteitag mit vielen
Beschlüssen deutlich gemacht, wie ernsthaft sich
die Grünen mit den dringendsten Fragen unserer
Zeit auseinandersetzen und dass wir Zeichen setzen für
die Modernisierung unserer Gesellschaft hin zur Bürgergesellschaft.
Wir haben Otto Schilys Plänen, in Nordafrika ein
Asyllager zu errichten, die rote Karte gezeigt, auch
wenn diese Pläne inzwischen schon wieder vom Tisch
zu sein scheinen. Gut so.
Wir haben klar herausgestellt, wie wichtig uns Grünen
die Bürgerechte sind und haben erneut betont, dass
das oberste Prinzip allen staatlichen Handelns die Unantastbarkeit
der Menschenwürde sein muss. Deshalb auch die scharfe
Kritik an Putins Tschetschenienpolitk.
Eine Mehrheit hat sich von der Exportgenehmigung der
Bundesregierung distanziert, 20 Fuchspanzer in den Irak
zu liefern und klar ausgedrückt, dass keine Rüstungsgüter
aus Deutschland in Krisen- und Kriegsgebiete geliefert
werden dürfen. Auch wenn wir einen Beschluss des
Bundessicherheitsrates nicht mehr kippen können,
so hat die grüne Basis nicht nur den Zeigefinger
erhoben, sondern auch verlangt, dass in Zukunft ähnliche
Entscheidungen anders fallen.
Wir haben ein Führungsduo gewählt, dass überzeugt
und Erfolg versprechend ist: Mit seiner Wiederwahl als
Parteivorsitzender wurde Reinhard Bütikofer für
seinen integrativen Kurs belohnt und mit der Rückkehr
von Claudia Roth an die Spitze der Partei wird auch
die Linke wieder gestärkt.
Unterm Strich bin ich guter Dinge, weil wir programmatisch
und konzeptionell vorangekommen sind und gut gewappnet
sind für die anstehenden Herausforderungen.
Wahlkreisbüro Winfried Hermann
Rümelinstraße 8
72070 Tübingen
Tel: 0 7071/ 252757
Fax: 0 7071/ 252559
Email: winfried.hermann@wk.bundestag.de
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