Kolumne Schwäbisches
Tagblatt
Tübingen, 26.03.2004
Prima Klima?
Von der Schwierigkeit den Emissionshandel einzuführen
Um die Einführung des Emissionshandels in Deutschland
tobt derzeit ein heftiger Streit. Dabei ist vielen BürgerInnen
unklar, worum es überhaupt geht. Kurz gesagt, ist
der Emissionshandel ein neues Instrument im weltweiten
Kampf gegen den Klimawandel.
Ziel des Emissionshandels, der europaweit realisiert
wird, ist eine möglichst kostengünstige Reduktion
der klimaschädlichen Treibhausgase. Dazu hat sich
Deutschland wie viele andere Staaten vor genau 10 Jahren
im Rahmen der Klimarahmen-Konvention verpflichtet. Deutschland
muss seine Treibhausgase bis 2012 um 21 Prozent reduzieren.
Knapp 19 Prozent sind bereits erreicht, dies ist v.
a. auf den Niedergang der ehemaligen DDR-Wirtschaft
zurückzuführen. Für eine weitere Reduzierung
brauchen wir einen weit gefächerten Instrumentenmix,
zu dem auch der Emissionshandel gehört.
Der europaweite Handel mit Emissionszertifikaten beginnt
am 1.1.2005. In Zukunft benötigen Industrieanlagen
ab einer bestimmten Größe und Kraftwerke,
zusammen rund 2500 Anlagen, die ca. die Hälfte
der nationalen Emissionen verantworten, nicht nur eine
Betriebsgenehmigung, sondern auch eine Genehmigung,
CO2 auszustoßen. Wie viel das ist, hängt
davon ab, was Ihnen in den zwei Handelsphasen zugeteilt
wird: die erste Phase bilden die Jahre 2005-2007 und
die zweite die Jahre 2008-2012. Nicht genutzte Emissionsrechte
können sie verkaufen, benötigte Mengen auf
dem europäischen Markt dazukaufen.
Kurzum: wer zu viel CO2 in die Luft pustet, zahlt drauf,
wer wenig ausstößt wird belohnt: der Emissionshandel
ist also ein marktwirtschaftliches Instrument in der
Umweltpolitik. Wer wie viel ausstoßen darf, wurde
übrigens bereits ermittelt: die betroffenen Anlagenbetreiber
haben dafür freiwillig ihre Emissionsdaten der
Jahre 2000-2002 zusammengestellt. Auf der Basis des
Durchschnitts dieser Daten wird der sog. Nationale Allokationsplan
erstellt und die Emissionsrechte für die erste
Phase kostenlos verteilt. Der Allokationsplan regelt
also die Ziele (Reduktionsmengen) des Emissionshandels.
Und darüber tobt interessenabhängig Streit.
Bei der Datenerhebung hat sich eines schon ganz klar
herauskristallisiert: der Kohlendioxid-Ausstoß
ist in den Jahren 2000-2002 angestiegen, d.h. die Deutsche
Wirtschaft hat den CO2- Ausstoß entgegen ihrer
Selbstverpflichtung nicht gesenkt, sondern gesteigert.
Die Wirtschaft will offenbar ihre Verpflichtungen nicht
einlösen, sondern stattdessen mehr Verschmutzungsrechte.
Es gäbe aber bei zu üppiger Ausstattung mit
Zertifikaten keine Knappheit und damit keinen Handel.
Eine weitere Folge: Bei der für den Klimaschutz
nötigen Abnahme der Emissionen im Gesamtvolumen
müssten dann Andere zusätzlich Reduktionen
erbringen: die privaten Haushalte oder der Verkehr.
Es geht also letztlich um harte ökonomische Interessen.
Für uns Grüne ist eines klar: Ein Emissionshandel,
der nicht zur Reduktion von CO2 führt, sondern
der Industrie ein mehr an CO2 erlaubt, wäre absurd.
Der Allokationsplan müsste übrigens bis kommenden
Mittwoch fertig sein, damit er der EU-Kommission fristgerecht
zugeleitet werden kann. Die Zeit drängt also. Unsachliche
und polemische Vorwürfe von welcher Seite auch
immer sind unnötig und unsinnig, denn der Klimaschutz
verträgt keinen Zeitaufschub mehr.
Wahlkreisbüro Winfried Hermann
Rümelinstraße 8
72070 Tübingen
Tel: 0 7071/ 252757
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