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Kolumne Schwäbisches Tagblatt

Tübingen, 26.09.2003

Die Reformperspektive heißt: Bürgerversicherung

Heute wird im Bundestag die Gesundheitsreform 2003 verabschiedet. Wie Sie wissen, bin ich nicht mit allen ausgehandelten Punkten einverstanden. Zu viele grüne Ideen sind dem Zwangskompromiss mit der Union zum Opfer gefallen, die notwendigen Kürzungen und Belastungen sind sozial ungerecht. Ganz besonders ärgert mich, dass über das Krankengeld hinaus mit der Zusatzversicherung für Zahnersatz noch mehr Belastungen für die Versicherten draufgesattelt und die Ungerechtigkeit damit verdoppelt wurde. Außerdem ist jedem klar, dass die vereinbarten Maßnahmen eher eine Notoperation sind als eine dauerhafte Sanierung des Gesundheitsfinanzierungssystems. Immerhin aber hat die Diskussion um diese Reform eine urgrüne Idee wieder zum Leben erweckt: die Bürgerversicherung als Weiterentwicklung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GVK).

Die Idee: Die solidarische Finanzierung der GVK wird auf alle Erwerbstätigen, also auch auf Selbstständige, Freiberufler, Beamte und Politiker ausgeweitet. Zudem werden neben dem Arbeitseinkommen alle Einkünfte wie Miet-, Zins- und Kapitalerträge zur Beitragerhebung herangezogen. Die Versicherungspflichtgrenze wird aufgehoben. Dadurch können Beiträge gesenkt und mehr Beitragsgerechtigkeit hergestellt werden, ohne medizinische Leistungen aus der GVK herauszunehmen.

Das Ziel: Den Anstieg der Lohnnebenkosten als eine Ursache der Massenarbeitslosigkeit zu verhindern, denn die zentrale Frage angesichts der demografischen Entwicklung in unserer Gesellschaft ist die dauerhafte Stabilisierung der Lohnnebenkosten auch im Gesundheitssystem.
Die Vorteile: Die sozialen Sicherungssysteme müssen in Zukunft stärker auf die Veränderungen beruflicher und privater Lebensläufe reagieren. Häufiger Wechsel zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung, wie sie in der heutigen Gesellschaft üblich sind, ist leichter in einem einzigen System aufzufangen, das allen Erwerbstätigen offen steht.

Es ist gerechter, wenn die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht allein auf den Arbeitseinkommen lastet. Darüber hinaus ist keine Systemumstellung nötig und die Arbeitgeber bleiben in der Mitverantwortung. Es geht im Übrigen nicht darum, einfach mehr Geld ins System zu pumpen oder gar eine konkurrenzlose Einheitskrankenkasse zu schaffen. Im Gegenteil: Wir wollen den Druck für mehr Effizienz und Wettbewerb im System erhöhen. Gesetzliche und private Krankenkassen sollen zu identischen Wettbewerbsbedingungen angeboten werden. Es ist schon seltsam, dass ausgerechnet die Union sich so sehr gegen Wettbewerbsvorschläge sträubt. Vermutlich fürchtet sie den Abbau kartellartiger Strukturen bei Ärzten, Apotheken und Pharmaindustrie, den wir unbedingt im Auge behalten sollten.


Wir stehen erst am Anfang einer Diskussion über die Bürgerversicherung und trotzdem wird es von weiten Teilen der Union zerredet. Das ist nicht nur bedauerlich, sondern vor allem wenig hilfreich. Die Bürgerversicherung ist das sozial gerechtere Modell als eine sog. Kopfprämie (alle zahlen das Gleiche ein, egal ob reich oder arm), die von Teilen der Union und der FDP favorisiert wird. Das ist in Zeiten, in denen viel von Solidarität und (Eigen)Verantwortung geredet wird, eine Wohltat.


Wahlkreisbüro Winfried Hermann
Rümelinstraße 8
72070 Tübingen
Tel: 0 7071/ 252757
Fax: 0 7071/ 252559
Email: winfried.hermann@wk.bundestag.de


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