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Fluglärmgesetz


12.12.2006

Fluglärm beeinträchtigt Gesundheit, Ruhebedürfnis und Lebensqualität vieler Menschen. Angesichts der deutlichen Zunahme der Verkehrsleistungen im Flugverkehr mit Wachstumsraten von jährlich 5% und mehr, sind wirksame Regelungen zum besseren Schutz der Anwohner in Flughafennähe dringend geboten. Die Novellierung des Fluglärmgesetzes von 1971 ist überfällig. Bereits seit November 2000 wurden in den beteiligten Ministerien unterschiedliche Gesetzentwürfe diskutiert. Erst im Mai 2005 lag ein Kabinettsentwurf vor, den die Große Koalition im Sommer 2006 eingebracht hat.

Der Entwurf zum „Gesetz zur Verbesserung de Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen“ (Drs. 16/508) enthält ausschließlich Vorgaben für den passiven Schallschutz, Entschädigungen und Baubeschränkungen. Er legt fest, dass die Betreiber der größeren zivilen und militärischen Flugplätze lärmbelasteten Anwohnern die erforderlichen baulichen Schallschutzmaßnahmen, vor allem den Einbau von Schallschutzfenstern, aber auch Entschädigungen für die Nutzungsbeeinträchtigung im Außenbereich finanzieren müssen. Wird ein Flugplatz neu gebaut oder wesentlich erweitert, soll der Schallschutz für die Wohnungen bereits bei niedrigeren Grenzwerten als bisher einsetzen. Damit sollen mehr Menschen in der Umgebung von Flughäfen Ansprüche auf Schallschutz erhalten. Mit dem Gesetz wird der Anwendungsbereich ausgedehnt: Es soll künftig auch für alle Verkehrsflughäfen mit Linien- und Pauschalreiseverkehr und für große Verkehrslandeplätze gelten. Für eine Vielzahl von Flugplätzen müssen nach Inkrafttreten Lärmschutzbereiche ausgewiesen werden. Neben den zivilen Verkehrsflugplätzen werden auch die militärischen Flugplätze erfasst.

Kern der Novellierung ist eine Absenkung der Grenzwerte für die Lärmschutzzonen. Der Gesetzentwurf sieht Grenzwerte für die Tag-Schutzzone 1 vor, die 10 dB(A) unter den Grenzwerten im geltenden Fluglärmgesetz liegen. Erstmals sollen für Flughäfen mit relevantem Nachtflugbetrieb auch Nacht-Schutzzonen festgelegt werden. Weiter sollen auch vorübergehende Belastungen der Anwohner beim Wechsel der Flugrichtungen (aufgrund von Sanierungs- und Baumaßnahmen oder Witterung) berücksichtigt werden. Der Gesetzentwurf enthält Vorgaben für Bau- und Siedlungsbeschränkungen, eine verbesserte Bürgerbeteiligung sowie Auskunfts- und Berichtspflichten der Flughafenbetreiber gegenüber den zuständigen Landesbehörden. Das Fluglärmgesetz wird in den nächsten 10 Jahren Investitionen in den Lärmschutz auslösen. Durch die Neuregelung soll die Luftverkehrswirtschaft die erforderliche Planungs- und Rechtssicherheit erhalten. Zugleich wird die Möglichkeit geschaffen, die Schallschutzkosten unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips an die Fluggesellschaften, Passagiere und Frachtversender weiterzugeben. Schätzungen gehen bei einer Verteilung auf 10 Jahre von Kosten in Höhe von rund 1 € pro Flugticket aus.

Die öffentliche Anhörung zum Fluglärmgesetz im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages im Mai 2006 formulierte erheblichen Nachbesserungsbedarf beim Fluglärmgesetz. Die geladenen Sachverständigen haben vor allem im Hinblick auf die Höhe der Grenzwerte, die Rechtssicherheit und Verbindlichkeit der Grenzwerte, die übermäßige zeitliche Streckung der Entschädigung, die Regelung bei wechselnder Betriebrichtung, die mittelfristige Anpassung der Grenzwerte und die zahlreichen Ausnahmen bei der Baubeschränkung Präzisierungen und Korrekturen vorgeschlagen.

Die Berichterstatter der Großen Koalition haben aufgrund der Einwände Änderungsanträge zum Gesetzentwurf eingebracht, die zum Teil Verbesserungen der Vorlage bedeuten, aber auch Zugeständnisse an die Flugverkehrswirtschaft enthalten. Im Einzelnen zu folgenden Aspekten: die Definition „wesentlicher Ausbau“ wurde präzisiert; der Anwendungsbereich wurde eingeschränkt; die Baubeschränkung wurden deutlich verschärft; die lange zeitliche Streckung der Entschädigung/Rechtsfolgen wurde abgemildert, so dass die Rechtsfolgen z.B. bei hoher Belastung sofort wirksam werden; die Planungs- und Rechtssicherheit und die Regelung zum passiven Schallschutz bei wechselnder Betriebsrichtung wurden verbessert.

Bündnis 90/Die Grünen haben zuerst im Antrag „Den Schutz der Anwohner vor Fluglärm verbessern“ (Bundestagsdrucksache 16/551 vom 7. Februar 2006) den vorgelegten Gesetzentwurf als Kompromiss bewertet und zahlreiche Verbesserungen an dem Gesetzentwurf gefordert. Wir begrüßen es daher grundsätzlich, dass die Koalition Nachbesserungen des Gesetzentwurfs vorgenommen hat. Dessen ungeachtet halten wir den Gesetzentwurf noch immer nicht für einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Flugverkehrswirtschaft und denen der Anwohnerinnen und Anwohner an großen Verkehrsflughäfen. Deshalb haben wir in einem Entschließungsantrag zum Gesetzentwurf folgende Punkte gefordert:

Die strengeren Grenzwerte für den Neu- und Ausbau sollen mit Inkrafttreten des Gesetzes und nicht erst ab 2011 gelten. Die zeitliche Verschiebung der Einführung strengerer Lärmgrenzwerte für die Nachtschutzzone an neuen oder wesentlich baulich erweiterten Flugplätzen soll aufgehoben werden.
Die Lärmgrenzwerte für neue oder wesentlich baulich erweiterte Flugplätze sollen ab dem Jahr 2020 auch für bestehende Flugplätze gelten.
Für die Nachtschutzzonen an neuen oder wesentlich baulich erweiterten Flugplätzen soll mit 45 dB(A) sowie mit LAmax = 6 mal 53 dB(A) ein strengerer Grenzwert festgesetzt werden.
Die Anwohner von militärischen Flugplätzen sollen gegenüber denen von zivilen Flughäfen nicht schlechter gestellt werden. Auch hier sollen neben dem Einbau von Schallschutzfenstern auch die Kosten für Belüftungseinrichtungen erstattet werden.
Im Gesetz ist verbindlich festzulegen, dass die Grenzwerte in regelmäßigen Abständen von 5 Jahren überprüft und spätestens alle 10 Jahre den Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung und dem Stand der Luftfahrttechnik angepasst werden.

Zum Schutz von Anwohner, die nicht in der Hauptflugrichtung eines Flughafens wohnen, aber vorübergehenden Belastungen ausgesetzt sind, soll bei der Berechnung des Lärmschutzbereiches der lauteste Monat (Monat mit höchstem Betriebsrichtungsanteil) des Vorjahres berücksichtigt werden.

Für die Berechung der Lärmschutzzonen und die Festsetzung der Grenzwerte sollen die europaweit für die Lärmkartierung und Lärmaktionsplanung gemäß EU-Umgebungslärmrichtlinie gültigen Indizes Lden und Lnight verwendet werden.
Zur Lösung von Lärmkonflikten an besonders belasteten Standorten sollen konkrete Vorgaben für den aktiven Lärmschutz (etwa Flugbeschränkungen in der Nacht) im Luftverkehrsrecht verankert und die existierenden Rechtsinstrumente für aktive Lärmschutzmaßnahmen, etwa die Vorgaben zur Lärmminderungsplanung aus der Achten Verordnung zur Änderung der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung, konsequent angewendet werden.

Bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf und die Änderungsanträge im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages wurde der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit den Stimmen der Koalition abgelehnt. Daher haben wir dem Fluglärmgesetz nicht zustimmen können.