Aktuelles
29.09.2006
Beitrag für die Badische Zeitung
Winne Hermann zum Börsengang
der Bahn:
"Bahnpolitik ist öffentliche
Aufgabe"
Die zentralen Ziele der Bahnreform von 1993/94 wurden
bisher verfehlt: Der Verkehrsanteil der Schiene am Personen
(7%) wie am Güterverkehr (16%) ist insgesamt nicht
gewachsen, sondern weiter gesunken oder stagniert auf
niedrigem Niveau. Der Wettbewerb auf der Schiene kommt
nur mühsam in Gang.
Die große Mehrheit der ExpertInnen ist deshalb
für eine klare Trennung von Netz und Transport
im Schienenverkehr und damit für eine eindeutige
Rollenteilung von staatlicher Infrastrukturverantwortung
und privatwirtschaftlichem Transportbetrieb. Teile der
Bundesregierung und vor allem der Bahn-Konzern und die
Gewerkschaft Transnet wollen die Bahn mit Netz bis zu
49% an die Börse bringen. Damit geriete die DB
jedoch insgesamt unter Renditedruck, das renditeträchtige
globale Logistikgeschäft auf der Straße,
zu Wasser und in der Luft auszubauen, während gleichzeitig
viele unrentable Eisenbahnstrecken in ländlichen
Räumen – von 6000 km ist die Rede –
stillgelegt würden.
Wir schlagen stattdessen vor, die Eisenbahninfrastruktur
zu 100% in öffentlicher Hand zu halten und die
Nutzung und Entwicklung der Infrastruktur Schiene politisch
zu steuern im Sinne von fairem Wettbewerb und Wachstum
des Schienenverkehrsanteils.
Der Betrieb von Eisenbahnen ist hingegen keine staatliche
Aufgabe. Wenn es staatlichen Zuschussbedarf gibt, muss
dieser im Wettbewerb ausgeschrieben werden. Das beste
Angebot erhält dann den Zuschlag. Im Regionalverkehr
funktioniert dies bestens – und Gewinner sind
oft private Bahnen, die wesentlich mehr Verkehr für
weniger Geld auf die Schiene bringen.
Aus verkehrs-, umwelt- und wirtschaftspolitischen
Gründen brauchen wir mehr Bahn und mehr Schiene.
Das Problem des knapper und teurer werdenden Rohstoffs
Öl zwingt uns mehr den je dazu. Wer Mobilität
langfristig und nachhaltig sichern will, muss jetzt
die Weichen für mehr Schienenverkehr stellen.
|