Tübingen, den 04.09.02
PRESSEMITTEILUNG
NR. 0502/2002
Johannesburg: Kleine Fortschritte
und verpasste Chancen
Zum Abschluss des UN-Gipfels in Johannesburg erklären
Reinhard Loske,
umweltpolitischer Sprecher, und Winfried Hermann, MdB:
Die Bilanz des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung
ist gemischt.
Johannesburg war ein "Rückschrittsverhinderungsgipfel":
Der Versuch
der Freihandelsideologen, die generelle Höherrangigkeit
von WTO-Regeln
gegenüber internationalen Umweltregeln und Sozialstandards
festzuschreiben, ist gescheitert. Auch die Angriffe
auf das
Vorsorgeprinzip in der Umweltpolitik konnten abgewehrt
werden. Positiv
ist das Bekenntnis der Versammlung zum Kioto-Protokoll,
das nun
hoffentlich bald in Kraft tritt. Die Verdrängung
der
Nachhaltigkeitsdebatte durch die Globalisierungsdebatte,
die es seit
dem Gipfel von Rio 1992 gegeben hat, ist vorbei.
Johannesburg war ein "Gipfel der kleinen Fortschritte":
Die neuen
Ziele in der Chemikalienpolitik ("Minimierung der
umwelt- und
gesundheitsschädlichen Chemikalien bis 2020), in
der Wasserpolitik
(Halbierung des Anteils der Menschen, die keinen Zugang
zu sauberem
Trinkwasser und sanitären Einrichtungen haben,
bis 2015) und in der
Fischereipolitik (Regeneration der Bestände bis
2015, allerdings mit
der Einschränkung "falls möglich")
gehen in die richtige Richtung und
müssen jetzt konkret umgesetzt werden.
Johannesburg war ein "Gipfel der verpassten Chancen":
Die Tatsache,
dass weder bei den erneuerbaren Energien noch beim Schutz
der
biologischen Vielfalt konkrete Ziele vereinbart wurden,
ist
enttäuschend. Jetzt gilt es, unterhalb der globalen
Ebene Bündnisse
von gleichgesinnten Staaten zu schmieden. Es ist ein
Hoffnungszeichen,
dass sich neben den EU-Staaten bislang schon 18 Staaten
dazu bekannt
haben, bei den erneuerbaren Energien mehr zu tun als
im
Aktionsprogramm vorgesehen. Deutschlands Vorreiterrolle
ist ein ganz
großes Glaubwürdigkeitskapital für zukünftige
Verhandlungen.
Johannesburg war ein "Gipfel der neuen Themen":
Fragen wie die
Einrichtung einer Weltumweltorganisation, Nutzungsentgelte
auf globale
Umweltgüter oder der Weltsolidaritätsfonds
wurden erstmals
andiskutiert - hinter den Kulissen wesentlich stärker
als im Plenum.
Bedauerlich ist, dass der Zusammenhang von Armut und
Umweltzerstörung
auf dem UN-Gipfel nicht ausreichend angesprochen wurde.
Dennoch sind
die Themen durch zahlreiche Debattenbeiträge ins
Bewusstsein der
Delegationen gedrungen und werden in Zukunft konkret
auf der
Tagesordnung sein. Das ist positiv.
---
Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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